20. November: Wuppertal, Düsseldorf

Wuppertal: Schwimmoper, Stadthalle, Briller Viertel. Düsseldorf: Fotografie und Beuys

Wir lesen in der gleichen Broschüre, die uns gestern schon einen schönen Rundgang beschert hat, von einem Rundgang durch das Briller Viertel mit einer großen Ansammlung von Gründerzeitvillen, die den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden haben. Vorbei an der historischen Stadthalle und der Schwimmoper geht es stetig schnurgerade bergauf – Wuppertal wird das deutsche San Francisco genannt. Im Viertel ist entweder Gartenarbeit oder Einkaufen angesagt, die Sonne zeigt sich. Von 1880 bis 1925 haben hier Unternehmer, besonders die Textilindustriellen, ihre Villen gebaut. Die Stile gehen von Neugotik über Neurenaissance und Neubarock zu Jugendstil und bergischem Heimatstil. Jetzt residieren hier viele Rechtsanwälte, Steuerberater und Stiftungen. Ähnlich wie gestern stellen wir fest, dass wir von Wuppertal bisher nicht den blassesten Schimmer hatten. Es hat sich für uns als Geheimtipp entpuppt, mit einem ganz speziellen Charme: unaufgeregt und architektonisch wie landschaftlich hoch reizvoll und abwechslungsreich. Am Ende des Rundgangs auf dem Weg zur Schwebebahn, die uns nach Düsseldorf bringen soll, wählen wir den Weg durch das Luisenviertel entlang der Friedrich-Ebert-Straße, einer Kiezeinkaufsstraße mit kleinen Geschäften und vielen Buchhandlungen. Rechtzeitig, bevor die Energie nachlässt, tanken wir mit Sitzen in einem Café auf. Am Ende der Straße sehen wir die doppeltürmige Laurentiuskirche, die erste katholische Kirche von Elberfeld von 1835. Mit der Schwebebahn fahren wir bis zum Ende in Vohwinkel, das letzte Stück über einer Straße mit direktem Blick in die Wuppertaler Wohnungen im 2. Stock. Wir erwischen gleich die S-Bahn nach Düsseldorf und die U-Bahn zur Königsallee. Der Weg ins Museum zur Fotoausstellung “Der Rote Bulli. Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie”, also der Bechers und ihrer Schüler, erweist sich als sehr schwierig. Es gilt, die volle Düsseldorfer Altstadt zu überwinden, samt dem ersten Weihnachtsmarkt mit Glühwein, der seinem Ruf alle Ehre macht und in der Pfalz bestimmt unverkäuflich wäre. Es gibt aber auch einige originelle Stände. Einer davon verkauft Taschen komplett aus Reißverschlüssen, die man am besten geöffnet als meterlanges Band zur Verwirrung der Beschenkten überreicht. Die Taschen sind eine Düsseldorfer Entwicklung von Tanja Arceri. Im Weg steht ausgerechnet auch noch der Altstadt-Ausschank unserer Spezial-Alt-Brauerei Schumacher, ein Alt ist also unvermeidlich. Wir haben dann grade noch zwei Stunden für die großartige Fotoausstellung, die voll das Thema der Fotografie in unserem Reisejahr trifft. Aber wir können ja morgen nochmal reinschauen, wir haben ein Quadriennale-Ticket für 2 Tage und etliche Ausstellungen. So beenden wir den Ausstellungsmarathon noch mit der Beuys-Retrospektive, die bis 22 Uhr offen hat. Schon der Hunger treibt uns noch in den Altstadt-Schumacher. Meine Grünkohl-Reste bekommt Joachim. Punkt 24 Uhr erreichen wir Wuppertal Hbf. Der Beitrag entsteht schon in der S-Bahn.

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19. November: Wuppertal

nach Wuppertal: Schwebebahn, Überraschungen in Barmen, weitere Entdeckungen.

Erster Tag Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen, 10 Grad, bewölkt. Durch die Buden geht es auf Gleis 3 in LU-Mitte. Wir warten fünf Minuten auf den Zug, ganz so wie ich es entspannend finde und Joachim es gar nicht mag. Heute bin ich mal dran!
Auf unserer bisherigen Reise haben wir den Verlauf des Herbstes genau beobachten können, gerade fährt der Zug an den Kühltürmen von Biblis vorbei und mir fällt auf, dass gar keine Blätter mehr an den Bäumen hängen, die dunkle Jahreszeit ist mit der Zeitumstellung angebrochen, das müssen wir auch bei unserer Tagesplanung berücksichtigen. An unserer Vierer-Tischgruppe sind wir nur Bahncard 100-Inhaber. Unser Mitfahrer legt einfach die Karte auf den Tisch, um vom Schaffner ungestört schnarchen zu können. Am Freitagnachmittag ist der Zug sehr gut gefüllt, zu 90 % durch junge, schlafende Menschen mit vielen Bundeswehrheimfahrern. Noch im Zug wollen wir uns auf Wuppertal vorbereiten mit Reiseführern aus dem Ruhrgbiet, die Joachim aus der Bibliothek geholt hat, lernen aber gleich, dass diese Stadt im Bergischen Land liegt und nicht mehr im Ruhrgebiet. Also müssen wir uns auf das ausliegende Prospektmaterial im Hotel verlassen. Eigentlich ist unserer Ziel Wuppertal nur zufällig entstanden, denn wir wollten nach Essen, da bin ich meine eigene Ideengeberin, ich will sehen, wo Joachim als Kind gespielt hat. Da in Essen aber gerade Messe ist und nur noch wenige Hotelbetten zu Messepreisen zu ergattern sind, haben wir uns kurzerhand für Wuppertal entschieden, diese Stadt kennen wir beide noch nicht. Das muss ich zu meiner Schande gestehen, obwohl ich im nur 45 km entfernten Dortmund aufgewachsen bin. Mein Vater hat in meinen Kindertagen in den 50er Jahren verkündet, dass im Ruhrgebiet alle Städte gleich aussehen und deshalb der Besuch der anderen Städte nicht lohnend sei. Da bin ich inzwischen ganz anderer Meinung und hole endlich, fast 50 Jahre später dank der Bahncard 100 diese Entdeckungen nach.
In Wuppertal empfängt uns ein noch geschlossener Weihnachtsmarkt und die Schwebebahn. Endgültig hat die Deko überall von Kürbis auf Krippe umgerüstet. Wir beeilen uns, das Gepäck im Hotel nahe Hbf., also in Elberfeld loszuwerden, um noch halbwegs was bei Tageslicht von der Stadt zu sehen und natürlich Schwebebahn zu fahren, im Bahncard-Ticket enthalten. Nicht weit vom Hotel, vorbei an einem großen Sparkassen-Hochhaus, ist die Haltestelle. Beim Betreten schwankt die Bahn, eigentlich logisch, sie steht ja nicht auf Füßen, sondern schwebt, in der Bahn steht an den Ausgangstüren “pendelt”. Aus der Bahn fällt der Blick auf erleuchtete Wohnungen auf Augenhöhe und nach unten auf die Wupper. Wir haben im Hotel eine Broschüre “wegweisend – keiner wie wir” entdeckt und folgen dem beschriebenen Stadtrundgang durch Barmen. In Wikipedia stehen ausführliche Erklärungen zu Geschichte und Industrieentwicklung im Tal der Wupper, das hilft beim Verständnis und macht klar, warum Wuppertal in mehrfacher Hinsicht was Einmaliges und daher gut zum Entdecken ist. Für Touristen gibts auf jeden Fall die Schwebebahn. Wir gehen vorbei an den Bürgerhäusern der Familie Engels von 1775 und 1795 – Friedrich Engels stammt von hier, vorbei am renovierten 50er Jahre Bau des Opernhauses, hier tritt das weltberühmte Tanztheater Wuppertal Pina Bausch auf. Beinahe hätten wir noch Karten bekommen. Diskussionen zur Haushaltsdeckung stehen auch auf dem Programm. Ein Abstecher führt uns zum Bahnhof Barmen, die Buchstaben von “Wuppertal Barmen” sind so über das Zifferblatt verteilt, dass damit die zwölf Stunden gekennzeichnet sind. An der Gemarker Kirche erfahren wir von der Barmer Erklärung der bekennenden Kirche, die hier 1934 zum Nationalsozialismus verfasst wurde. Über den Johannes-Rau-Platz, der hier geboren und auch Oberbürgermeister war, gelangen wir ins schlossartige Rathaus von 1908. Es ist schon 18:30, aber wir haben ja gelernt, nicht schüchtern zu sein, was öffentliche Gebäude anbelangt, also betreten wir das Rathaus durch eine noch offene Tür. Eine freundliche weibliche Stimme fragt nach unseren Wünschen und läßt uns eintreten, macht extra Licht und öffnet uns das Treppenhaus und eine Fotoausstellung der Partnerstadt St.-Etienne. Wir entdecken einen Paternoster, eine heute nicht mehr erlaubte dauernd umlaufende Kette von offenen Kabinen, und sind völlig begeistert, dass es solch einen Aufzug heute noch gibt. Ich kenne so ein Exemplar aus Kindertagen im Dortmunder Rathaus und hatte immer Angst, damit zu fahren, denn was ist, wenn ich oben angelangt bin, stehe ich dann auf dem Kopf? Wir wollen schon das Rathaus verlassen, da fragt uns die Pförtnerin, Erika Venuti, ein echtes “Barmer Mädel”, ob wir Paternoster fahren wollen, sie hat uns den Wunsch von den Augen abgelesen. Zur Sicherheit interviewe ich sie vorher, vielleicht geht da ja hinterher nicht mehr! Sie schaltet ihn ein, und mutig besteigen wir die Kabine, die uns ohne auf dem Kopf zu stehen einmal im Kreis rauf und wieder runter und durch den Keller zurück zum Ausgangspunkt bringt. Vor lauter Aufregung werden die Fotos alle nichts. Mit so viel Freundlichkeit hatten wir in keiner Weise gerechnet und verlassen beschwingt das Rathaus. In der langweiligen “alle Städte sind gleich”-Fußgängerzone, die wir schon Richtung Brauhaus, von Hunger und Durst getrieben, verlassen wollen, begegnen uns drei junge Menschen, die uns einfach was gutes tun und uns mit Kaffee, Tee und Plätzchen verwöhnen wollen. Sie sind von der Freien evangelischen Gemeinde und üben den Umgang mit Ausgegrenzten, hier praktisch aber erstmal das Ansprechen an sich, das ist ihnen bei uns sehr gut gelungen. Interview mit den Jugendlichen Danach gehts ins Wuppertaler Brauhaus, seit 1997 im ehemaligen Volksbad von 1882, wir sitzen also im ehemaligen Schwimmbecken, diese Vorstellung gefällt mir gut. Das Bier ist so flüssig wie das Wasser zum Schwimmen damals, leider lassen die Speisen beim Anblick der Nachbildung der Wuppertaler Schwebebahn über dem Tresen reichlich auf sich warten. So kommen wir erst etwas später wieder mit der Schwebebahn zurück zum Hotel.

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14. November: zurück nach Ludwigshafen

Abschiedsspaziergang in Bad Suderode, im Kleinbus nach Quedlinburg ins Weltkulturerbe, Rückfahrt nach LU

Nach einem gemeinsamen Frühstück im proppenvollen Speisesaal der Klinik, wo das Frühstück für die Patienten und deren Angehörige auch an einem Sonntag nur bis 9 Uhr serviert wird, machen wir mit Onkel Klaus einen kleinen Spaziergang. In der Halle treffen wir zufällig auf Schwester Marlies, die für einen Urlaub im “Christlichen Freizeit- und Erholungshaus Tanne” in Elbingerode/Harz wirbt.
Um 13 Uhr verabschieden wir uns und rollen mit Gepäck bergab in den Ort Bad Suderode. Passend zum Sonntag scheint die Sonne, die Temperaturen sind frühlingshaft. Ein öffentlicher Kleinbus, der nur Platz für acht Personen hat – es sind gerade noch die zwei Plätze für uns frei – bringt uns nach Quedlinburg. Wir hatten schon von mehreren Seiten auf dieser Reisetappe den Hinweis erhalten, hier unbedingt Station zu machen, was wir jetzt auch in die Tat umsetzen und deshalb die Rückkehr nach Ludwigshafen um eine Stunde nach hinten verschieben. Es gibt weder Toiletten noch Gepäckaufbewahrungsfächer im Bahnhof, aber im nahegelegenen Hotel ist man so freundlich und nimmt das Gepäck entgegen.
Die Altstadt von Quedlinburg ist seit 1994 Unesco-Weltkulturerbe, ein Flächendenkmal.
Über 50% der ca. 1200 Fachwerkhäuser – aus mehreren Jahrhunderten, das älteste vor 1300 -, die auf dem Markt, um das Schloss und den umgebenden Gassen ein sehr malerisches Bild abgeben, sind mittlerweile restauriert, viele andere dazwischen warten noch darauf. Mittendrin steht ein Renaissance-Rathaus. So ergibt sich eine Mischung zwischen Romantik und Verfall, Moderne und Vergangenheit. Bei dem Wetter sind viele Ausflügler in der Innenstadt unterwegs, alle Straßencafés sind – Mitte November! – voll besetzt.
Mit dem Gefühl, eine sehr schöne Stadt nicht verpasst zu haben, machen wir uns auf die Rückfahrt. Über Halberstadt und Hannover geht die Reise nach Mannheim und LU-Mitte. Der ICE ab Hannover ist so voll, dass ich bis Göttingen und Joachim bis Kassel stehen muß. Der Zugbegleiter meint, es seien noch Fahrgäste aus einem ausgefallenen ICE im Zug. Das sind verzichtbare Abenteuer, die aber auch dazu gehören, dafür erreichen wir aber pünktlich nach einer sehr dichten, schönen und recht komplikationslosen, Reise mit vielen interessanten Erlebnissen unseren Zielbahnhof.

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13. November: Hankensbüttel, nach Bad Suderode

Hankensbüttel: Entdeckungen auf dem Weg von der Wassermühle, Besuch des Otterzentrums (Ziel: Yvette), Fahrt zu Onkel Klaus nach Bad Suderode

Anmerkung: Alle Tierbilder entstanden im “OTTERZENTRUM Hankensbüttel”.
Vor dem Frühstück noch interviewe ich die “Mühlenwirtin” Helga Schulze: vor der Wende waren sie Zonenrandgebiet, jetzt liegt Hankensbüttel mitten in Deutschland, wahrlich eine große Umstellung. Der Ort liegt am Rande der Lüneburger Heide, die noch vor Jahrzehnten von den dort beheimaten Schafherden samt Schäfern beweidet wurde. Das lohnt heute nicht mehr, weil der Absatz von Fleisch und besonders von Wolle nur noch wenige Abnehmer findet. Dadurch wird die Heide als vom Menschen durch Raubbau geschaffene Kulturlandschaft nicht mehr durch die Schafe beweidet, und die Natur, sprich die Wälder, kommen zurück.
Nach dem vorzüglichen Frühstück besichtigen wir die Rentelmannsche Wassermühle, die wieder voll funktionsfähig ist, ein 4,40 m großes Mühlrad hat und auch offiziell besichtigt werden kann samt Vorführung des Mühlenbetriebs.
Heute sind wir auf Erinnerungstour von Yvette und ihrer Familie, die Ostern 1989 gemeinsam das Otter-Zentrum in Hankensbüttel – seit Mai 1988 geöffnet – besucht haben. Wir sollen nachschauen, ob es heute noch genauso spannend ist wie damals, als viel für die ganze Familie geboten wurde.
Auf dem Fußweg dorthin mit unseren Koffern, die wir über Herbstlaub ziehen, sehen wir viele alte Klinker- und Fachwerkbauten, die uns sehr gefallen. Am Samstag Morgen ist Gartenarbeit angesagt, an mehreren Stellen werden große Stapel Äste verbrannt, es sieht aus wie Osterfeuer. Wir passieren das Kloster Isenhagen, die alte Kirche dahinter und einen 1436 errichteten Backsteinspeicher samt “Fachschule für Augenoptik Niedersachsen”. Leider haben wir unseren Terminplan so eng gestrickt, dass für die Besichtigungen keine Zeit ist, da müssen wir noch lockerer werden.
Jetzt habe ich mit meiner Kamera die Krise: alle Fotos, die ich seit heute morgen mache, haben einen ungewollten Weichzeichnereffekt, sind also leicht verschwommen. Da stimmt was nicht. Dank Joachims Kameraerforschung und -reinigung stellt sich heraus, dass auf der Frontlinse eine Salzbeschichtung von Regen und Wind war, die wir von Spiekeroog nach Hankensbüttel importiert haben.
Nach einstündiger Wanderung sind wir im Otter-Zentrum angelangt und froh und glücklich mit den unerwarteten Entdeckungen, die wir schon auf diesem kurzen Anmarsch gemacht haben. Ich stehe eigentlich nicht so auf Besichtigungen von Zoos, obwohl ich Tiere mag, und hatte schon im Vorfeld eher einen Widerwillen gegen diese Entdeckungstour und alle Vorurteile parat. Was für ein Glück, dass Ideengeberin Yvette uns hier her geschickt hat, denn ohne diesen Auftrag wäre ich niemals hier gelandet, und jetzt bin ich begeistert. Selbst bei leicht regnerischem Wetter ist das Otter-Zentrum eine Fundgrube für neue Erfahrungen. Ein äußerst engagierter Zivildienstleistender, René Kammann, 21 Jahre alt, macht die Fütterungen der kleinen Landraubtiere der Reihe nach durch. Wir nehmen viel mit dem Sprachaufzeichnungsgerät auf, das kann ich gar nicht alles durch Schreiben wiedergeben, so spannend sind seine Vorträge im Original – wir arbeiten daran, das auf dieser Seite hörbar zu machen. Wir erfahren viel zum Thema Marder und Auto, mit dem wir sogar persönlich als Stadtmenschen bei einem Landausflug vor einigen Monaten konfrontiert waren.
Nach einem Mittagessen im Wintergarten des Otterzentrums verlassen wir, ausgestattet mit vielen neuen Tiererlebnissen, diesen besonderen Ort und bewegen uns zur Bushaltestelle “Schulzentrum” in Hankensbüttel. Selbst ohne Schule am Samstag kommt der Kleinbus pünktlich und bringt uns als einzige Fahrgäste samt vieler lokaler Informationen zum Bahnhof Wittingen.
Von hier aus reisen wir am Nachmittag nach Bad Suderode im Harz, fast fünf Stunden lang über Braunschweig, Vienenburg, Halberstadt und Quedlinburg, am Ende mit der Selketal-Schmalspurbahn zum Zielort.
Die Mitreisenden im Zug sind am Samstag keine Berufspendler, sondern fast ausnahmslos junge Menschen, die mit dicken Einkaufstüten von C&A, New Yorker und Co aus Braunschweig kommen. Der Halt im Bahnhof Vienenburg, dem ältesten, noch erhaltenen Bahnhof in Deutschland von 1840 liegt leider im Dunkeln, so dass wir die jetzige Nutzung des Geländes mit Eisenbahn-Museum, Bücherei und dem 1869 angebauten Kaisersaal für Wilhelm I. und den auf den Nebengleisen stehenden Museumszügen nur im Licht der Taschenlampe erspähen können. Die 7 km Schmalspurstrecke ab Quedlinburg fährt leider nur ein kleiner Diesel-Triebwagen. Die Dampfzüge fahren erst ab 10. Dezember wieder.
Wir treffen in Bad Suderode meinen Onkel Klaus, der Ziel unseres Abstechers in den Harz und hier in einer Reha-Klinik ist. Er hat in der Klinik Schwester Marlies Behrens wiedergetroffen, die er aus Kindertagen seines Sohnes in Stendal kennt, die Diakonisse ist und mich von früher bei den Besuchen der Oma Johanna Arendt kennt. Sie macht den Zubringerdienst zur Kurklinik, Klaus ist wie immer sehr lustig mit seinem Spruch aus tiefer Vergangenheit über einen Artikel in einem DDR-Magazin, noch zu Zeiten lange vor dem Mauerbau, den er sich aber über mehr als fünf Jahrzehnte gemerkt hat: ein Ost-Journalist berichtete von seinen West-Besuchen über “die penetrante Pünktlichkeit der Bahn”.

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12. November: Nach Hankensbüttel

Spiekeroog-Abfahrt verspätet, dadurch Fahrt nach Hankensbüttel mit Autoeinlagen

Wir sind jetzt schon länger als eine Woche unterwegs, ich kann es nicht glauben, es kommt mir viel kürzer vor, aber wenn ich an all die Erlebnisse und Begegnungen mit den Menschen in dieser Zeit denke, merke ich, dass wir nicht erst seit gestern unterwegs sind.
Weil eine Frau mit Koffer am Fenster vorbeizieht, googlet beim Frühstück Joachim „Spiekeroog Fähre Fahrplan“ und landet auf der Homepage von Spiekeroog, und da liest er, dass die Abfahrt der Fähre von 11:30 Uhr auf 10:15 Uhr verschoben wurde, gar nicht mal wegen des “Sturmtiefs”, das gar nicht so stürmisch ist, sondern weil es die Frachtfähre ist, die Personen eher nebenbei mitnimmt.
Selbst das Hotel hat keine Information bekommen. Damit ist unser ohnehin schon schwierige Fahrpan mit sieben Mal umsteigen zu unserem nächsten Erinnerungsort von Yvette, Hankensbüttel, von Anfang an hinfällig, wir werden das Beste draus machen. Und das beginnt schon gleich danach, als ich die Hausdame unseres Hotels „Zur Linde“ Heike Feisthauer interviewe. Es gesellt sich Guido Panke dazu, den ich gleich mit interviewe, denn er hat, ganz passend, auch eine Erinnerungstour gemacht, er war hier vor über 30 Jahren oft mit seinen Eltern in Urlaub. Er will dasselbe Schiff wie wir nehmen und war auch schon auf der Herfahrt mit an Bord. Er ist so freundlich, uns in seinem Auto bis Oldenburg mitzunehmen, er will nach Hamburg. Die Hausdame weiß, dass die Linde schon mehr als 200 Jahre alt und das Haus vor 154 Jahren drumherum gebaut worden ist. Die Hotelgäste mußten in den Jahren vor der Währungsreform 1948 zusätzlich noch Naturalien mitbringen, z. B. Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Wein, Brikett. Sie sieht die touristische Entwicklung Spiekeroogs sehr positiv, aber es soll “diese urige Ruhe bleiben und nicht syltähnlich werden”.
Der Weg zur Fähre ist auf dem Deich sehr stürmisch und regnerisch, aber wir schaffen das gut trotz des Gepäcks. An Bord ist es feucht und ziemlich voll. Zwischendrin schwankt das Schiff, Seemannsgang beim Rumlaufen ist angesagt.
Die Fahrt nach Oldenburg in Guido Pankes Auto vergeht wie im Flug bei spannender Unterhaltung. Weiter geht es nach Bremen, wo wir, egal wie wir die Auskunft im Internet auch quälen, eine Stunde Aufenthalt haben und die, statt in der wegen Wasserrohrbruch pünktlich zu unserer Ankunft geschlossenen Lounge , bei Kaffee und Kuchen im Bahnhof verbringen. Bremen ist ein Bahnknotenpunkt, wir sind in der letzten Woche schon mehrmals hier umgestiegen. Weiter geht es nach Uelzen über Soltau (geplant war Hannover), quer durch die Lüneburger Heide, die wir aber wegen Dunkelheit nicht sehen, genau zwei Stunden lang mit einem alten Dieseltriebwagen, endlich mal Zeit zum Lesen und Schlafen nach all den Überraschungen. Uelzen begrüßt seine Fahrgäste und uns mit einem von Hundertwasser gestalteten Bahnhof und jeder Menge Jugendgruppen, die wohl in die gemeinsame Wochenendfreizeit fahren. Die einen sind Pfadfinder, erkennbar an ihrem dunkelgelb-blau gerollten Halstuch, die anderen schleppen verpackte Musikinstumente. Allen gemeinsam sind dicke Rucksäcke mit herausragenden Schlafutensilien und ein munteres, fröhliches Geplapper. Sie singen sogar gemeinsam, diese Tonaufnahme misslingt leider wegen der vielen Nebengeräusche im Zug.
Um 19:47 Uhr erreichen wir Wittingen. Helga Schulze, Inhaberin der “Rentelmannschen Mühle”, wo wir übernachten, ist so freundlich, uns von Bahnhof abzuholen. Das erspart uns ca. eine Stunde Fahrzeit, die wir noch wartend, per Bus und zu Fuß hätten zurücklegen müssen; ursprünglich war das nahtlos vorgesehen. Nach unserem Fahrplanchaos nehmen wir heute ihre Hilfe gerne an. Obwohl ihr “Mühlenstübchen” eigentlich schon geschlossen hat, bereitet sie uns trotzdem noch eine schöne warme Mahlzeit zu.

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11. November: Spiekeroog

Spiekeroog: Strandwanderung gegen den Wind, Regen, Teestube

Wir beeilen uns, vor die Tür zu kommen, denn ab nachmittags soll “Schluß mit lustig” sein: Regen und sich stetig steigernder Wind, ab morgen nennt es sich laut Wetterbericht Sturmtief. Wir freuen uns, denn so erleben wir den Norden so richtig mit seinen Elementen.
Als wir das Hotel verlassen, sehen wir, warum es “Zur Linde” heißt, denn unmittelbar vor der Haustür steht eine dicke alte Linde. Das alte Haus muß drumherum gebaut worden sein, und am Eingang müssen sich manche bücken.
Über die befestigten Dünenwege vorbei an der Kurverwaltung gelangen wir zum Strand, der trotz auflaufenden Wassers breit ist. Wir sehen einige Vögel wie Fasan und viele schwarzweiße größere Vögel. Wir sind nicht so bewandert in Ornithologie, so dass wir uns nicht sicher sind, ob es sich um Elstern handelt.
Es sind einige dickverpackte Urlauber unterwegs, wird sind durchaus nicht alleine. Wir gehen in Richtung Wind, der uns mit Windstärke 5 kräftig entgegenbläst. Joachim muß mir sein Stirnband überlassen, trotz Mütze ist es mir zu kalt. Es macht richtig Spaß, sich rückwärts in den Wind zu stellen, den feinen Sand im Wind fliegen zu sehen, um gleich danach wieder vorwärts gegen den Wind anzukämpfen. Leider begegnen wir einem toten Seehundbaby, dem andere ein symbolisches Kreuz gebastelt haben. Wir erwandern uns ein Panorama-Foto von Dünenschutzreisig mit Düne dahinter, dass Joachim “nur” noch zu Hause zusammenbauen muß; der erste Teil davon hier. Wir gehen bis zur Spundwand an der Westseite, die bereits 1936 errichtet wurde. Gerne wären wir trotz kalter Finger vom Fotografieren noch weiter gegangen, so begeistert sind wir von Wind, Wasser und gefühltem Winter, aber jetzt beginnt es wirklich zu regnen – mit den Fotografiermöglichkeiten schwindet auch die Wanderlust.
Vorbei an den Gleisen und der “Endstation” der ehemaligen und jetzt wiederbelebten 1-PS-Inselbahn gelangen wir wieder regendurchnässt in den Ort. Am Rathaus liegt auch die “Teetied”, die gerammelt voll ist, alle flüchten vor dem Regen. Wir finden gerade noch Platz an einem Tisch mit Sofa und Stühlen, an dem eine Ehepaar aus Siegburg sitzt. Durch ein Interview erfahre ich, dass sich zum Glück seit ihrem letzten Besuch vor ca. 35 Jahren nicht viel auf der Insel verändert hat, dass sie hier die Ruhe genießen, “nur der Hafen ist nicht mehr an der gleichen Stelle”. Beim Bezahlen bewundert der junge Kellner, dass ich in meinem Alter noch ein Iphone habe. Ich lobe die spielerische Bedienung, das hat er ja noch nie gehört… jeden Alter das seine!
Wir wagen uns wieder raus in den stürmischen Regen, wir wollen noch was vom Ort sehen, der laut eigener Homepage 27 Straßen und ca. 350 Wohnhäuser hat. Unsere Ideengeber Ingrid und Heinz, die uns hierher geschickt haben, beschreiben schließlich die Insel als Geheimtipp – sie waren aber nicht im Herbst hier. Die kleine alte Inselkirche mit wenigen Grabsteinen drumherum, zwei davon mit Schiffen drauf, gefällt uns, ist aber leider zu. Wir durchstreifen noch ein paar Gassen, dann wird es zu nass und windig.
Abends gehen wir zum Essen ins hauseigene Restaurant, das eine vorzügliche Küche hat. Joachim bestellt eine große Portion Muscheln, ich will heute nur wenig, aber die Ofenkartoffel sprengt den Teller. Das Lokal hat eine Auszeichnung für den vegetarischen Teil seiner Küche erhalten, das kann ich gut nachvollziehen, Joachim ist vom Gemüse in beiden Gerichten begeistert. Leider fahren wir morgen wieder, mal sehen, wie sich der Wind bei der Überfahrt anfühlt.

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10. November: Nach Spiekeroog

mit vielen Zügen, Bus und Schiff nach Spiekeroog, Nachtwanderung
(Ziel: Heinz & Ingrid)

Wir sind inzwischen so geübt in unserer Logistik mit Aufstehen, Packen, Frühstücken, dass wir schon zehn Minuten vor der eigentlichen Abmarschzeit fertig sind.
Unsere Unternehmungslust kriegt so richtig Futter durch die heutige Fahrt von Bremerhaven zur Insel Spiekeroog: fünfmal umsteigen von RE zu zweimal RB Nordwestbahn, dann zum Bus und zur Fähre, die uns zur Insel bringt… andere brauchen die Welt, uns reicht Deutschland! Das ist wahrlich im HB-Männchens Sinne “Reisewahn mit der Eisenbahn”, darauf stehen wir!!
Von Bremerhaven geht die Fahrt über Bremen nach Oldenburg (in Oldenburg an der Hunte), vorbei an Bookholzberg, Hude, unbekannte Orte im Novemberregen. Durch einen RE 5 Min früher ab Bremerhaven können wir in Bremen direkt mit einem RE weiterfahren und haben in Oldenburg Umsteigezeit, die uns Zeit zum Betrachten des Bahnhofs lässt. Es hätte aber auch mit den geplanten Zügen gereicht, sie waren pünktlich. Der gut erhaltene und renovierte Jugendstilbahnhof von 1915 wartet sogar noch mit einem heute anders genutzten Wartesaal der 3. und 4. Klasse auf, wie spannend wäre ein Ausflug in die Vergangenheit!
Weiter geht die Reise mit der NWB in modernen Dieseltriebwagen nach Sande vor den Toren von Wilhelmshaven. Am nächsten Zug steht Esens/Ostfriesland als Ziel. In der Toilette läßt ein Foto auf Badefreuden am Meer hoffen. Über Schortens-Heidmühle fahren wir nach Esens, wo drei Busse bereitstehen. Wir steigen in den nach Neuharlingersiel, außer uns gibt es noch zwei weitere Fahrgäste. Das sei im Sommer ganz anders, sagt uns der freundliche und auskunftsfreudige Busfahrer, da seien 40 Fahrgäste ganz normal. Und viele Reisende würden mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, selbst Familien, da auf Spiekeroog Autos nicht erlaubt und selbst Fahrräder nicht erwünscht sind. Er klärt uns auf über die Orte, durch die wir fahren, ihre Veränderung in den letzten Jahren, und über “Enercon”, die Windkraftfirma mit Geldsegen für Aurich, mit ihren überall stehenden Windrädern.
Bevor wir in See stechen, esse ich noch eine Ossi-Torte, soll heißen Neuharlingersieler Ostfriesentorte (Weinbrandsahne mit Rosinen), deren Name zum Dialog anregen soll mit der verkaufstüchtigen Bäckereiverkäuferin, die jedem Besucher den Wunsch von den Augen abliest und gern durch Angebote erweitert.
Hier endet die Bahncard100. Die Überfahrt kostet uns für zwei Personen hin und rück € 52 incl. der günstigeren Kurtaxe im Winter, allerdings reicht hier der Sommer bis zum 4. November.
Auf diese Insel schickt uns das Ideengeberpaar Ingrid und Heinz aus Hessen, die hier vor vielleicht 25 Jahren zum ersten Mal gemeinsam in Urlaub waren. Sie haben ihren Text auf die Rückseite eines Blechdosendeckels aufgeklebt, deren Vorderseite ich abfotografiere, weil sie von “grenzenloser Freiheit” zeugt.
Die Fahrten hierhin waren durch das viele Umsteigen im Stundentakt so kurzweilig, dass außer der vorbeirauschenden norddeutschen Landschaft kaum ein Lesen möglich war. Joachim hat aber tatsächlich den Blog von gestern in der typischen Bahnfahrerhaltung “auf den Knien” geschrieben.
Ankunft Spiekeroog pünktlich um 16:30 Uhr. Gleich geht der Weg zum Hotel “Zur Linde”, in dem wahrschlich auch Ingrid und Heinz übernachtet haben. Die Wolken begrüßen uns schon während der Überfahrt vor Sonnenuntergang mit tollen Schauspielen. Beim ersten Gang zum Deich prasselt gleich einen ergiebiger Regenschauer nieder. Wir flüchten in Spiekeroogs einzigen Supermarkt.
Mein erster Eindruck: hier ist es als geräuschbelästigter Großstadtbewohner im wahrsten Sinne des Wortes so still, als würde frisch gefallener Schnee den Schall dämpfen. Die kleinen Backsteinhäuschen mit grün-weiß-gestrichenem Holz zwischen viel Grün tuen zur Entspannung vom Alltag ihr Übriges. Heute abend gibts wieder Grünkohl – den bisher besten. Und unser Blog ist endlich Up-to-Date!

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Bericht in der Nordsee-Zeitung

Während unseres Besuchs in Bad Bederkesa am 8. November interviewte uns die Nordsee-Zeitung. Am 10. November erschien der Bericht auf der Bederkesa-Seite:

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9. November: Bremerhaven

Bremerhaven: Standorte des Alfred-Wegener-Instituts (Ziel: Rolf Krueger), Sail-City, Offshore-Windanlagen-Bau

Um 11 Uhr starten wir weiter zu Rolfs Sehnsuchtsorten durch Bremerhaven.
Auf dem Weg zum neuen Hauptgebäude des Alfred-Wegener-Instituts treffen wir am Handelshafen auf das alte Hauptzollamt und die Nordsee-Zentrale, die Erinnerungen an frühere Kunden-Aufgaben weckt. Die Doppelschleuse zu den Fischereihäfen, an denen jetzt auch die Offshore-Windkraftfirmen liegen, mit je einer Schub-/Klappbrücke an jedem Ende ist schon sehr auffällig, viel mehr als der kleine Haupteingang des AWI mit Codeschloss und Klingel. Bevor wir uns durchgerungen haben, beim Pförtner zu klingeln, öffnet er uns persönlich die Tür, wir dürfen uns gerne umsehen, Infobroschüren sammeln und auch aus der Cafeteria im oberen Stockwerk auf die Hafengebiete mit Schleuse, Fischereihäfen im Süden, die neuen Museen im Norden mit dem Atlantic Hotel Sail City, Geeste- und Wesermündung mit Nordenham gegenüber schauen und fotografieren. Es riecht intensiv nach Sauerkraut, gleich beginnt die Mittagszeit. Marlis macht trotzdem viele Fotos von der Schleuse, von der eine gerade wegen Reparatur gesperrt ist, und der neuen Wesersilhouette nach Norden. Aus bestimmtem Blickwinkel sieht das Atlantic Hotel aus wie die Schiffsbrücke mit Mast und das Klimahaus wie der Schiffsrumpf dazu.
Auf dem Weg zum alten Hauptgebäude, dem Ungers-Bau gegenüber dem Schiffahrtsmuseum, finden wir die Kneipe fürs Abendessen, die “Schifferklause Lehrke” an der Geestemündung mit allen Hochwassermarken.
Im alten AWI müssen wir wieder klingeln, es gibt zwei Ausstellungsräume mit den Antarktisstationen, Ausrüstung, Karten und Polartieren und noch mehr Info-Material.
Durch das Schifffahrtsmuseum und über die Hafenpromenade gelangen wir zur SailCity-Aussichtsplattform in 86m Höhe über dem Hotel und haben bei Windstille, allerdings grauem Himmel eine grandiose Rundumsicht von der komplett offenen, frei schwebenden Plattform (ein Geländer hat sie natürlich!).
Auf einer Windkrafttagung des Windkraft-Netzwerkes, die gerade heute im t.i.m.e.Port II stattfindet, sammeln wir nochmal kräftig Material. Nach einem Imbiss im Auswandererhaus – zu mehr langt die Zeit nicht, kommt unbedingt beim nächsten Besuch dran – folgt eine 30-minütige Busfahrt zum Offshore-Windkraft-Hersteller Areva Multibrid. Im Lofotenhafen liegen dicke Seeschiffe, stehen riesige Ladehilfen für 280t, und es siedeln sich auf den ausgedehnten Gewerbeflächen neue Firmen an, die die direkte Meeresanbindung nutzen. Auf den Geländen lagern riesige Generatorenköpfe, Tripod-Gründungsfüße, Rotornaben und Turmteile für die 5 MW-Offshore-Windenergieanlagen. Nur Flügel sehen wir leider keine. Dafür baut WeserWind nebenan eine gewaltige Montagehalle, in die die notwendigen 60m-Flügel und die Gründungsfüße locker reinpassen. Wahrscheinlich kommen die Flügel erst dran, wenn Füße und Türme fertig sind.
Für Rolf haben wir so viele Informationen eingesammelt, dass wir noch Umschläge kaufen und ihm zwei dicke Briefe per Post schicken müssen. Fürs Gepäck ist das zuviel.
Das Abendessen nehmen wir im Restaurant “Schifferklause” ein, das zum Glück wenig von Touristen besucht wird, es ist für unsere Begriffe sehr einheimisch geblieben, samt der Gefahr durch Hochwasser vor dem Deich. Im großen Lokal sind an einem ganz gewöhnlichen Dienstag alle Tische durch Stammgäste aus der Umgebung belegt: Stammtische, Skatrunden, Genießer. Uns bleiben nur die beiden Tische gegenüber der Theke zur Auswahl, die Beobachtung der beiden bewirtenden Damen mit ihren eingespielten Ritualen ist allerdings ein zusätzlicher Genuss. Sogar das Weizenbier mit und ohne “Umdrehungen” kommt nicht aus Bayern, sondern ist “Störtebeker” aus Stralsund – “Das Bier der Gerechten”. Labskaus, das heutige Tagesgericht, ist vorzüglich, ebenso wie der “Köm” danach – für die Dame. Acht im Wechsel leuchtende Knöpfe zeigen den Damen an, wo sie bewirten müssen.

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8. November: Nach Bremerhaven

alter Bahnhof in Bad Bederkesa, im Bus nach Bremerhaven. Fischbratküche, Klimahaus

Gleich nach dem Frühstück interviewen wir den Senior-Chef des Hotels Bösehof, Günter Manke, der, inzwischen 76-jährig, zusammen mit seiner Frau Inge den Bösehof seit 1957 aufgebaut hat von einer einfachen Gaststätte zum führenden Hotel mit Restaurant im Ort.
Gleich danach treffen wir uns mit Georg Ahrens, freier Mitarbeiter der Nordsee-Zeitung bei der bewussten Bank am See. Er macht von uns ein Foto auf der Bank und interviewt uns für einen Bericht in der hiesigen Zeitung, denn unser Reisejahr trifft auch im Norden auf Begeisterung. Umgekehrt interviewe ich ihn auch; über die Moortherme sind unsere drei Interviewpartner verschiedener Meinung, aber in einem Punkt sind sich alle einig: es ist ein Zuschussbetrieb. In Sachen Lokalnachrichten sind wir jetzt auf aktuellstem Stand.
Irgendwann werden wir es auch noch schaffen, die Interviews hörbar auf diese Seite zu stellen… bleiben Sie also dran!
Wir haben noch ein wenig Zeit bis zur Abfahrt unseres Busses zu unserem nächsten Ziel Bremerhaven. Durch einen anderen Blog erfahren wir von der erst kürzlichen Gründung eines “Freak in Kulturcafés”, es ist an einem Montag Morgen natürlich geschlossen, aber ein witziger gelber Aufkleber prangt am Fenster “Kultur statt Leerstand”. Wir gehen noch zum ehemaligen Bahnhof, der inzwischen durch eine Museumsbahn zeitweise belebt wird und wieder einen guten Eindruck macht. Auf dem Weg zum Bus treffen wir auf einen bewirtschafteten Bauernhof im Ort.
Der Bus zur Mittagszeit mit vielen Schulkindern nimmt uns mit und erkennt unsere Bahnkarten als vollständiges Zahlungsmittel an, wir müssen dieses Mal auf derselben Strecke nichts zuzahlen.
Bremerhaven ist mir sehr wohl bekannt aus früheren Urlaubsjahren, die wir bei zahlreichen Regentagen hier verbrachten. Ich erkenne es mit den neuen Museen an der Weser und dem imposanten Atlantic-Hotel SailCity allerdings kaum noch wieder, da waren früher ausgedehnte schlammige Parkplätze für völlig unrealistische Automengen. Im Gegensatz dazu hat sich die Fischbratküche Höpker in der Nähe unseres Hotels – übrigens im Gebäude der früheren Landeszentralbank mit noch vorhandenem, doppelstöckigem Tresor mit doppelten Betonwänden – so gar nicht verändert. Grundsubstanz 50er Jahre mit Inventar der 70er, aber kein Grund zur Abschreckung: eine wirklich echte Fischbratküche mit großen, preiswerten Portionen.
Nach Bremerhaven schickt uns Ideengeber Rolf, Joachims Bruder, für den wir viel zu erforschen haben, er selber reist nicht gern, deshalb dieser Sehnsuchtsauftrag; damit sind wir auch noch morgen den ganzen Tag beschäftigt. Ihn interessiert alles um das Alfred-Wegener-Forschungsinstitut AWI: Polarforschung, Meeresforschung, Offshore-Windkraft-Nutzung.
Eilig geht es nach dem Essen zum erst vor einem Jahr eröffnetem Klimahaus, an dessen Konzept das AWI auch beteiligt war. Für die wirklich sehr spannende “Reise” haben wir nur noch anderthalb Stunden, was für eine Reise auf dem 8. Längengrad Ost rund um den Globus mit acht Stationen viel zu kurz ist. Die anderen präsentierten Themen bleiben gleich ganz auf der Strecke. Eher was für fünf Stunden!

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