Die kurze Erinnerungs-Bahn-Zeit-Reise 2013 – Überblick

Stand: 10. September 2013
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In einem Kommentar zum Artikel vom 12. August haben wir über unseren angekündigten zweiten Kinobesuch des Kohlhaas-Films berichtet.
In den nachfolgenden Beiträgen berichten wir über die einzelnen Etappen, neueste oben.
Zur Idee:
Als wir in diesem Sommer vom Deutschland-Pass der Bahn gehört haben – peinlich, gibts seit 2008 – waren wir sofort begeistert, und so ging es ganz schnell, dass wir alle anderen Reisepläne fallen ließen, und einen Bahnmonat einplanen. Vom 27.7. bis 26.8.2013 sind wir dann wieder mit der Bahn durch Deutschland gefahren. Manche Ziele stammen aus der Erinnerung an die Bahn-Zeit-Reise, andere sind neu und und erst während der Reise entstanden.
Der Verlauf:
Wir waren zunächst 20 Tage unterwegs, angefangen im Norden mit Bremerhaven und Abstechern von Münster aus, weiter gings nach Stendal und Dortmund. Den Weg nach Süden haben wir über Weimar und Bamberg genommen, die Idee mit Chemnitz haben wir wieder fallen gelassen. Die ursprüngliche Idee mit Speckbrodi (Anlass: Film „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“) haben wir von Nördlingen aus realisiert, dann gings zu unseren Verwandten nach Lechbruck. Beendet haben wir die große Reise in Landshut, nachdem der geplante Besuch in Sigmaringen nicht zustande kam.
Dann folgten noch 2 Tage Schweiz: am Vorabend nach Basel, am nächsten Tag auf den Spuren des Glacier-Express über Andermatt nach St. Moritz zum Übernachten, zurück über Davos und Konstanz, spektakulär, ein absolutes Highlight!
Und 2 Tage Österreich: am Nachmittag davor nach Kufstein, von dort am nächsten Tag über Kitzbühel, Villach, Klagenfurt nach Graz zum Übernachten, zurück mit direktem EC über Schladming und Salzburg.
Der Abschluss war die Tagesreise zu meinem Bruder nach Aachen.
In den Lücken dazwischen haben wir zwei Tageswanderungen mit Freunden in der Pfalz unternommen.
Wir hatten ein Superwetter, die Jacke kam fast nie zum Einsatz. Wir haben natürlich oft nur reingerochen, aber das war uns klar. Dafür hatten wir jede Menge Abwechslung und Überraschungen und viel Entspannung im Zug, da konnten wir Landschaften genießen, uns einstimmen, planen und nachbereiten – und auch diesen Blog schreiben.
Die Statistik:
Wir sind 7543 km mit 75 Bahnen auf 31 Reisen gefahren, davon 1419 km in der Schweiz und Österreich. Die reinen Fahrzeiten waren 85 Stunden, das ergibt einen Schnitt von 97,7 km/h und Deutschland, 74,5 km/h in Österreich und 52,6 km/h in der Schweiz, dazu kommen 10 Stunden Umsteigezeiten. Die Summe aller Verspätungen bei der Zielankunft der 31 Reisen betrug 117 Minuten, davon 67 Minuten auf einer Reise, 50 Minuten auf den restlichen 30 Reisen. In 14 Hotels und einer Privatunterkunft haben wir 23 Übernachtungen verbracht. Es gab zwei Fahrradtage, davon einer mit E-Bike. Wir hatten 4 Tageswanderungen, insgesamt sind wir 205 km zu Fuß gelaufen.

Vor der Reise gab es im Mannheimer Morgen einen Artikel über unsere Aktivitäten:
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26. August: Abschluss mit Besuch in Aachen

Die Züge sind pünktlich, um 13 Uhr sind wir in Aachen. Heute wollen wir zum ersten und zum letzten Mal während des Deutschland-Passes im Zug frühstücken. Das Bordbistro im ICE3 bietet keine schönen Plätze, wir suchen uns die letzte Zweier-Gruppe mit Tisch in der 1.Klasse und lassen uns dort bedienen. Das klappt bestens, der Service kommt sofort vorbei, und nach 20 Minuten sind wir mit allem versorgt, sogar Gläser für den mitgebrachten Sekt wurden uns angeboten. Auch der Himmel wird heller, das passt, heute sind wir schließlich nur mit einem Mini-Rucksack für Computer, Lesestoff und Mitbringsel unterwegs.
Pünktlich kommen wir an, der Fußweg ist kurz, aber deutlich bergauf. Mit meinem Bruder und seiner Frau gibt es eine herzliche Begrüßung. Wir sehen uns alle paar Jahre, es gibt genug Themen. Interessiert begleitet werden wir von Ihrer Katze, ein Kontrast zur Katze unserer Tochter, die sich bei Fremden sofort unsichtbar macht. Und auf dem Klo gibt es Bahn Mobil zu lesen, das haben nicht mal wir. Wie sonst auf unseren Reisen üblich, fahren wir in ein Café, das sie aus dem eingeschränkten Angebot am Montag ausgesucht haben. Es heißt Café Liége und ist belgisch angehaucht, die Torten sind ungewöhnlich und hervorragend, belgisches Bier gibt’s auch. Wir amüsieren uns über die gegenseitig beobachtbaren Rituale und Angewohnheiten und könnten noch weitererzählen, als es um 18 Uhr zum Abendessen zu ihrem Nachbarn ein Stockwerk tiefer in den Wintergarten geht. Windgeschützt lassen wir draußen bei leckerem Stifado den letzten Aufenthalt des Reisemonats ausklingen. Auch auf der Rückfahrt sind alle Züge pünktlich, im ICE Büssel-Frankfurt gibt’s das vorletzte Weizenbier, das Ende begießen wir mit einem Rotkäppchen trocken im ICE nach Mannheim, und schon ist leider der ganze Monat um, einzige erwähnenswerte Panne ist der Totalschaden meines schon etwas betagten Smartphones, sonst lief alles prächtig mit sehr schönem Wetter und vielen Erlebnissen und Überraschungen. Die Statistik steht im Übersichtsartikel.

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25. August: Wanderung um Bad Dürkheim

Der heutige Anteil am Deutschland-Pass ist die Fahrt mit der Rhein-Haardt-Bahn, der Straßenbahn-Linie 4 nach Bad Dürkheim, ich habe inzwischen herausgefunden, dass die, genauso wie unsere Linie 5, die OEG, enthalten ist. Die Wetteraussichten sind nicht gut, entsprechend ausgerüstet mit Regenschirm, Regenhose und –Mantel starten wir. Die Bahn fährt wegen „Erlebnistag der Deutschen Weinstraße“ öfter, für uns passt das, es sind auch einige Fahrräder drin, aber sonst ist gut Platz, wir sitzen hinten am Tisch, fast wie in der 1.Klasse. Um 11 am Bahnhof treffen wir unsere Freunde, wir sind zu siebt und haben uns im Winter im Urlaub im Schwarzwald kennengelernt, diesmal ist noch Luna, ein sportlich lebhafter, gut erzogener Hund dabei. Es ist schon die dritte Wanderung zusammen, es macht immer viel Spaß und passt auch vom Wanderanspruch bestens, wir suchen daher immer alle zwei Monate nach einem Termin.
Es ist zwar trübe, aber ausreichend warm, die Jacke ist bei mir nicht nötig. Auf schönen Waldwegen, die wir nur in anderer Richtung oder gar nicht kennen, geht es Richtung Hardenburg. Die erste, ungeplante Einkehr ist schon nach einem Kilometer das Weingut Schäfer, Marlis gibt eine Flasche hervorragenden VdP-Sekt Sekt aus, bei sieben Mittrinkern passt das immer genau. Auf dem Flaggenturm genießen wir die noch vorhandene Aussicht, an der Schneckennudel, einem kleinen Turm mit spiralförmigem Aufgang picknicken wir, es kommen Mengen an Brot, Wurst, Kuchen, Bratlingen und Wasser und Wein zum Vorschein. Auf bergigen Pfaden erreichen wir die gewaltige Ruine der Limburg, die schon mehrfach in unserem Blick war. Hier fängt es an zu tröpfeln, die WetterMaps-App sagt mir, dass der regenfreie Teil der Wanderung jetzt vorbei ist, und es in einer halben Stunde mehr wird. So kommt es auch, und alle können rechtzeitig auf Regen umrüsten, wir machen das mit Regenschirm, die anderen mit Fahrrad-Umhängen, nur der Hund tut nichts.
Vor der Hardenburg finden wir einen Baum mit Rundbank, die tatsächlich noch trocken ist, da gibt’s unseren Secco aus passenden Gläsern, wir wollen ihn ja nicht ewig tragen. Wir überqueren das Tal und steigen auf einem Pfad ganz gleichmäßig, dafür mit einigen Baumhindernissen, zum Schlagbaum und zum Teufelsstein. In vielen Kehren steigen wir nach Bad Dürkheim ab und erreichen um 19 Uhr, eine halbe Stunde später als geplant, das war genau die zusätzliche Einkehr am Anfang, die vorgetestete Pizzeria Carlo im Zentrum. Wie schon vermutet, sehen wir, dass der Erlebnistag schon zu Ende ist, er ist buchstäblich ins Wasser gefallen, keiner sitzt mehr draußen. Wir speisen gut gelaunt und trennen uns um 21 Uhr, diesmal lassen wir uns im Auto nach LU mitnehmen.
Heute hat sich der Regenschirm beim Wandern bewährt. Ohne Wind und noch angenehmen Wandertemperaturen konnten wir bei unserer Kleidung bleiben, haben nicht geschwitzt und wurden nicht nass, die anderen mussten sich etwas umziehen, entweder hatte es etwas durchgefeuchtet, oder es kam von innen wegen der Regenkleidung. Trotz Regen wars gelungen.

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22.-24. August: Österreich – Kufstein und Graz

Wir starten nach Österreich schon am Mittag, es ist eben weiter als in die Schweiz. Bei bestem Wetter passieren wir die Weinberge hinter Stuttgart, passieren die Geislinger Steige und essen Weißwurst am Münchner Hauptbahnhof. Kurz nach 17 Uhr erreichen wir Kufstein, den Grenzort, den wir uns als Eingangsstation ausgesucht haben, gleichzeitig Eingang in die Alpen und am Inn gelegen, der uns in unseren Reisen schon öfter begegnet ist: am Anfang der Bahn-Zeit-Reise in Mühldorf, später in Passau, und vor drei Tagen in St. Moritz. Die Kleinstadt wird beherrscht von der Festung, die von der kleinen Altstadt umschlossen wird und überall sichtbar ist. Vom Bahnhof geht’s direkt über die Innbrücke über unteren und oberen Stadtmarkt zum Hotel, gleich mitten durch die Altstadt, und danach mit dem Zettel aus der Touristinfo auf dem Altstadtrundgang. Eher zufällig erwischen wir die größte Sehenswürdigkeit: die Heldenorgel, eine nach dem 1.Weltkrieg gebaute Orgel im Turm der Festung, die größte Freiluftorgel der Welt, mit fast 5000 Pfeifen und einer Tragweite bis zu 10 km. Der Spieltisch steht unten, 400m entfernt. Wir hören das kurze 18-Uhr-Konzert unten in der Stadt mit Blick auf den Turm. Die Stadt ist gemütlich und irgendwie, wie wir uns Österreich vorstellen. Stilistisch ist hier vieles gemischt, Reste vom Inn-Salzach-Stil, Jugendstil, phantasievoll Alpenländisches, manchmal siehts aus, als hätte man Stilelemente der Festung aufgreifen wollen. Besonders putzig ist die Römerhofgasse mit den Lokalen Batzenhäusl und Auracher Löchl, wo das Kufsteiner Lied entstanden ist. Hier siehts aus wie in Rüdesheim in der Drosselgasse. Wir essen lieber im Restaurant „purplepaus“ am unteren Stadtplatz draußen mit schönem Blick und phantasievoller Tiroler Küche und Preisen wie in Deutschland, die uns nach dem Schweiz-Ausflug richtig billig vorkommen. So leisten wir uns noch ein Holler-Weißbier-Tiramisu, eine wirklich gelungene Dessert-Erfindung. Das Hotel ist ebenfalls ein lustiger Mischmasch: Das Zimmer ist groß, modern, fast Design, Flure und Foyer mit diagonal im Holzmuster gestrichenen Türen bestenfalls originell. Was es alles gibt!
Bei leicht aufgelockerter Bewölkung starten wir heute früher als üblich, um 10:10 fährt der Zug schon ab, zum Frühstück reichts trotzdem. Wir wollen über Kitzbühel und Klagenfurt nach Graz gelangen, das ist nicht der direkte Weg, dafür sehen wir unbekannte Strecken. Zunächst umrunden wir das alles überragende zackige Massiv des Wilden Kaiser, über Wörgl, Kitzbühel mit Blick auf den Hahnenkamm, und St. Johann. Dabei folgen wir immer Flüssen und Bächen, die höchste Stelle ist mit etwa 1000m der Grießenpass bei Hochfilzen, der Übergang von Tirol zum Bundesland Salzburg. Wir passieren die alpenländisch anmutenden kleinen Orte, die meisten Häuser haben die großen, weit überhängenden Holzdächer. Die Täler sind eingerahmt von schönen Wiesenhängen, unterbrochen von Wäldern, öfter überragt von Felsmassiven.
In Schwarzach-St.Veit steigen wir in einen IC aus Wien um, bis dahin waren es Tiroler S-Bahnen vom modernen Typ Talent, allerdings ohne 1. Klasse. Der Zug arbeitet sich hoch bis Bad Gastein, einem mondän, aber etwas verstaubt wirkenden Kurort am Tauernhang, und verschwindet dann 8,5km im Tauerntunnel, anders wäre dieses Massiv nicht zu überwinden, wir haben noch Schnee auf den Gletschern gesehen. Dahinter geht’s runter ins Möll- und Drautal nach Villach, hier wird’s sonniger und die Landschaft weiter. In Villach reicht die Umsteigezeit gerade für einen Gang über die Draubrücke auf den malerischen Hauptplatz, das Zentrum. Weiter geht’s mit der Top-Klasse der ÖBB, einem Railjet nach Wien, innen ähnlich wie ein ICE. Wir fahren am 15km langen Wörthersee entlang nach Klagenfurt. Dort könnten wir in einen ICBus umsteigen und über die Autobahn nach Graz fahren, dann wären wir 20 Minuten schneller, wir bleiben aber in der Bahn und nehmen die Umwege der Schiene in Kauf. Die Landschaft ist jetzt weiter, eher stark mittelgebirgig, mit Orten und Burgen auf Kuppen, auch stärker landwirtschaftlich genutzt. Zwischendurch gibt’s auch enge felsige Stellen. In Leoben steigen wir direkt um in einen IC, ziemlich voll am Freitag nachmittag, auch in der 1. Klasse, die sowieso nur aus ein paar Abteilen besteht. Jedenfalls kommen wir wie geplant in Graz um 18:23 an.
Damit wir noch was von der Stadt haben – morgen vormittag geht’s ja gleich wieder zurück – laden wir schnellstens im auffälligen IBIS direkt vor dem Bahnhof ab und starten zu Fuß Richtung Zentrum. Man merkt an etlichen Stellen, dass Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas war: Die Bemalung der Bahnhofshalle, ein ovaler Dachring über Bahnhofsvorplatz und Busbahnhof, etliche spektakuläre Museumsbauten. Die Annenstraße vom Bahnhof ist eher ein Kiez, viele kleine Läden für die Lokalversorgung oder alte, oft schon liebenswert verstaubte Themen wie Hüte oder Gummiwaren, jedenfalls solche, die es anderswo kaum mehr gibt. Das geht auch in der ganzen Innenstadt weiter, und auch im Textilbereich sehen, neben den üblichen Ketten, viele Geschäfte inhabergeführt aus, oft mit kreativem Angebot. Die Wohnbebauung ist modern oder es sind stattliche Bauten aus der Gründerzeit. Je näher wir an die Mur kommen, um so belebter wird es. Im Altstadtbereich tobt der Bär: jede Menge Außenbestuhlung, Steirisches, Pizza, Kneipen, und alles voll, auch nach 22 Uhr, die Athmosphäre ist fast südländisch locker und recht laut, es ist nicht mehr weit bis Maribor in Slowenien. So scheinen neben steirischem Kürbiskernöl auch Cevapcici zum lokalen Standard zu gehören. Fördernd ist sicherlich das warme Wetter und Freitag abend. Jedenfalls sind wir begeistert, für unseren Kurztrip nach Österreich haben wir den richtigen Zielort ausgesucht, hier gäbe es noch viel zu stöbern. Bis zur Dunkelheit sehen wir den spektakulären blauen Acrylglasbau des Kunsthauses mitten zwischen der Wohnbebauung, mit der Form eines Schwammes auf einem Podest. Die Außenhaut kann von innen so beleuchtet werden, dass Texte erscheinen. So etwas passt hier und wird angenommen, und da haben etliche Mannheimer Probleme mit der Gestaltung der neuen Kunsthalle, obwohl die sich viel mehr der Umgebung anpasst. Die Geschäfte haben schon seit 18 Uhr zu, also beschränken wir uns auf Schaufenster. Mit der Gamlitzer Weinstube am Mehlplatz finden wir ein super Traditionslokal mit flotter Bedienung, Schweinezunge und gebratene Forelle sind leider schon aus, Faschiertes Laibchen ist Hackfleisch, also gibt’s gebackenen Karpfen, der Kartoffelsalat natürlich mit Kürbiskernöl – wir haben unterwegs ganze Kürbisfelder gesehen – und Cevapcici, beides typisch und sehr gut. Zum Nachtisch gibt es Spagatkrapfen mit Schlagobers, der Wein – Zwiebelschilcher Rosé – schmeckt wie die roten Johannisbeeren. Was uns auch hier wieder auffällt: die Preise sind in Läden und Lokalen erscheinen uns sogar günstiger als in Deutschland, der Kontrast zur Schweiz vor vier Tagen ist heftig. Wir gehen weiter durch die Stadt und kommen zum Schlossberglift, oben thront der beleuchtete Uhrturm, im Steilhang führt eine Zickzack-Treppe hinauf. Der Lift fährt tatsächlich bis 3 Uhr, also spontan hinauf. Oben ist ein modernes Lokal, selbst das ist gut gefüllt, und viele Spaziergänger sind um 22 Uhr noch unterwegs. Der Blick von oben ist auch im Dunkeln gut. Wir laufen die Treppe runter, 260 Stufen und einige Schrägen. In der Mur schwimmt seit dem Kulturhauptstadtjahr eine avantgardistische Insel aus Stahl und Acryl, mit Amphittheater und Café, von beiden Ufern über bewegliche Stege erreichbar. Die Insel war temporär gedacht, jetzt bleibt sie. Uns ist das blaue Licht allerdings zu steril, um uns zu setzen, zumal am anderen Ufer eine große Musikbühne steht, in dem Trubel trinken wir einen Caipi. Am Lendl finden wir das Platzl, ein uns empfohlenes Lokal, aber unsere Wahl war besser. Dort passen wir nicht genau auf und verlaufen uns etwas, was wir bald bemerken. Mit kleinem Umweg landen wir gegen 23 Uhr im Hotel. Zum Chillout gibt’s Pfarrer Braun im ZDF, das passt.
Wir schlafen gut, nachts gewittert es, und morgens regnet es ungeplant immer noch. Gut, dass wir unseren Spaziergang gestern etwas ausgedehnt haben, der ins Auge gefasste schnelle Rundgang heute morgen hätte keinen Spaß gemacht. So schläft Marlis aus, und ich gönne mir vor dem Frühstück im Regen eine Stadtrundfahrt mit Straßenbahn und Bus um den Schlossberg, sehr einfach mit dem Stundenticket für 2,10€. Um 11:37 steigen wir in den IC, der uns in 9 Stunden direkt nach Mannheim bringt, sicher unsere längste Strecke ohne Umsteigen. Auch Graz war ein Highlight, wir haben nur reingeschnuppert in diese lebendige Universitätsstadt, zu deren Kreativität die 40.000 Studenten sicher viel beitragen.
Auf der Rückfahrt wird’s immer sonniger. Ab Leoben ist die Strecke eine andere als auf der Hinfahrt, es geht über Schladming unter dem Dachstein durchs Ennstal und über Bischofshofen nach Salzburg. Es geht ähnlich wie auf der Hinfahrt durch Alpentäler mit Bergblick. Marlis erwischt endlich den Goldregen auf den Bahnböschungen. In Deutschland gehts dann vom Tempo her richtig zur Sache, anders wären die 800km auch nicht zu schaffen. Vor Augsburg gibt’s noch einen richtigen Gewitterguss. Wir schauen aus dem Fenster, lesen unsere mitgenommenen Stapel, schreiben Blog, bearbeiten Fotos, uns wird nicht langweilig, auch wenn so eine lange umsteigefreie Fahrt, die auch noch komplett pünktlich verläuft, wenig aufregend ist, dafür umso entspannender. Die Österreich-Reise war sicher nicht so spektakulär wie der Schweiz-Trip, dürfte aber trotz Alpen mit fast 1800 km für uns einen Rekord darstellen, der lange halten wird.

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18.-20. August: Schweiz, St. Moritz, Glacier-Express

Am Sonntag Nachmittag machen wir uns, eine Stunde früher als geplant, auf den Weg nach Basel, dem Startpunkt der zwei Schweiz-Tage. Sicherheitshalber haben wir 6,40€ ein Ticket Basel Bad.Bf bis Basel SBB gelöst, weil das schon Schweiz ist, unsere 2 Tage aber erst am Montag beginnen sollen. Wir beziehen das IBIS am Bahnhof, mittendrin, Bahnhofs- oder Straßenblick, innen nett, hilfsbereit: WLAN, Tageskarte Straßenbahn, Stecker-Adapter. Wir machen am Abend einen Spaziergang im Stadtteil St. Alban, durch den ein kleiner Mühlbach fließt, mit einigen Fachwerkhäusern, aber auch in Museen umgewandelten Fabrikgebäuden, so das Papiermuseum und das Museum für Gegenwartskunst. Besonders spannend ist das Rheinufer: Es gibt zwei kleine strömungsgetriebene hölzerne Personenfähren, an einem über den Fluss gespannten Seil geführt, und viele Schwimmer, die sich, meist mit einem Schwimmsack, rheinabwärts treiben lassen, bei ordentlicher Strömung. Über den Münsterberg gehen wir in die Innenstadt, finden aber erst nach etwas Suchen ein angenehmes Lokal, da am Sonntag besonders im Sommer einige Ruhetag haben. An die Preise müssen wir uns erst gewöhnen: Damit wir uns nicht dauernd über die Preise ärgern, legen wir fest, dass unsere €-Preise mal 2 die Restaurant-Norm in Franken ist, das bedeutet 2/3 teurer als in Deutschland, seit der Eurokrise also nicht gerade ein Land für längere Urlaube.
Die Nacht ist leider unangenehm, wir merken zu spät, dass die Klimaanlage nicht kühlt, und am Tag war es unerwartet warm in Basel mit Schwüle. Erst am Morgen regnet es etwas und wird erträglicher.
Wir sind gespannt, wie die Fahrt mit 6 Zügen laufen wird. Um 11:04 starten wir mit einem ICN über Olten und Luzern bis Arth-Goldau südlich des Zuger Sees, wo wir auf den Zug von Zürich treffen. Bis dahin geht es durch Tunnel und mit Seen und viel Industrie durchsetzte Landschaften.
Dann wird’s langsam spektakulär: Wir steigen von 400m langsam an, immer enger werdend, um uns schon 3000er. In Göschenen auf 1100m verlassen wir den IR mit dem 1.Klasse-Panoramawagen, der hier im Gotthart-Tunnel verschwindet. Jetzt sind wir im Netz der Matterhorn-Gotthard-Bahn, die Schienen haben jetzt Straßenbahn-Breite und oft eine Zahnstange in der Mitte. In Andermatt sind wir schon fast 1500m hoch, und uns begegnen gleich zwei Glacier-Express-Panoramazüge, die weiter den westlichen Teil nach Zermatt fahren, vorwiegend gefüllt mit Publikum aus Fernost. Den östlichen Teil der Glacier-Express-Strecke werden wir jetzt mit regulären Zügen fahren: steil windet sich die Bahn bis zum Oberalppass, der höchsten Stelle auf 2048m, wo wir zwei Gegenzüge abwarten, das kommt auf der eingleisigen, gut befahrenen Strecke oft vor. Die Landschaft ist spektakulär, steile Hänge, hohe Felsmassive, enge Schluchten, wilde Bäche und Wasserfälle, kleine Orte auf Almen. Die geografische Überraschung: Hier ist die Nord-Süd-Wasserscheide, hier entspringt der Rhein, jetzt geht es das Rheintal hinunter, die Berge tragen jetzt Wolken. In Disentis wechseln wir auf die Rhätische Bahn, und durch die Rheinschlucht erreichen wir den nächsten Umsteigepunkt und sind wieder auf 600m abgestiegen, mit leichtem Regen im Norden. Jetzt verlassen wir das Rheintal, ab hier ist die Strecke Weltkulturerbe und verläuft eng am Hang durch viele Tunnel, Kehrtunnel und über Viadukte, teilweise durch Wolken nach St. Moritz auf 1775m, das wir gegen 19 Uhr erreichen. Diese Fahrt war großartig und in Deutschland nicht zu bekommen, der Glacier-Express ist für uns nun nicht mehr nötig, ohne den touristischen Trubel wars viel schöner. Nur Fotografieren ist schwierig: die Brücken sind immer unter uns, die Scheiben spiegeln, und bis man sie offen hat, ist der Blick weg, ein Busch, Tunnel oder Pfosten davor.
Auffällig ist die überall präsente rätoromanische Sprache, Orts-, Bahnhofsschilder und Infotafeln sind zweisprachig, die Sprache ist ungewohnt und manchmal sind es Zungenbrecher. Später, beim Essen, geht’s noch bunter zu: unsere Tischnachbarn sprechen untereinander Schwyzer Deutsch, bestellen in Italienisch und Rätoromanisch ist die Muttersprache und erste Sprache in der Schule.
Von St. Moritz sind wir angenehm überrascht: Es liegt malerisch an einem See, Hotels sind zwar mondän, aber mit Stil und Historie in angenehmer Zurückhaltung. Wir gehen vom Bahnhof hoch nach St. Moritz Dorf, dort Läden aller Nobelmarken, mehr als in den meisten Großstädten. Unser Hotel ist ein Traditionshaus, liegt am Hang und ist sehr gepflegt. Wir haben zwei klassische Sessel und ein Erkerfenster mit Blick nach drei Seiten hoch über dem See, grandios. Leider regnet es am Abend, morgen soll es aber schön sein, dahaben wir noch Zeit, uns etwas umzuschauen. Zum Essen bekommen wir eine Empfehlung in St. Moritz Bad, die hätten wir nie gefunden. Urig, gut besucht, besonders von Einheimischen, moderate Preise, billiger als in Basel! Wir nehmen ein Käsefondue und Zabaglione und sind sehr zufrieden, zur Beruhigung über die Preise haben wir unsere Formel. Wir kommen mit den Tischnachbarn ins Gespräch, er ist Architekt aus dem Nachbarort, und erfahren einiges über das Engadin und tauschen Adressen. Auf dem Rückweg hört es langsam auf zu regnen, wirentdecken noch einige Nobelgassen. Es sind nur noch 8°, wir merken die Höhe, sind allerdings darauf vorbereitet. Heute schlafen wir bestimmt gut! Dieser Schweiz-Trip, den uns der Deutschland-Pass beschert hat, ist eine positive, schon fast exotische Überraschung.
Wir schlafen tatsächlich gut, morgens scheint die Sonne ins Fenster, draußen sieht alles frisch und freundlich aus, an den Berggipfeln hängen Wolkenreste. Das Frühstück ist gut, das Restaurant ist stilvoll alt, mit Sonne und Seeblick, das Haus stammt aus dem Jugendstil. Den Service machen ältere Herren, alle Profis, in Deutsch und Italienisch, bestimmt auch in Romanisch. Eier dürfen wir inklusive Anleitung und Abschrecken selber kochen, und es gibt eine große Auswahl an Käse, die hatten wir so noch nie. Beim Auschecken erkundigen wir uns nach den Preisen, wir hatten 140€, das sei einer ihrer Aktionspreise gewesen. Zu Spitzenzeiten sind ohne weiteres 440 CHF! Wir gehen nochmals durch den Ort und werden in der Touristinfo kompetent mit Informationen über Wandern, Wassersport, Lifte, Saisonzeiten und Infomaterial versorgt. Wir gehen etwas höher im Ort als gestern abend, was bei dem Wetter auch mehr Spaß macht, finden noch mehr Nobelläden, aber auch eher normale Sportgeschäfte und den „Schiefen Turm“ von St. Moritz, einen auffälligen, übriggebliebenen Kirchturm von 1510, dann geht’s zum Bahnhof. St. Moritz hat uns völlig unerwartet so gut gefallen, dass wir wiederkommen wollen. Das Wetter, die Höhe, die Seen, alles mehrsprachig, wenig Alpenromantik, sondern stilvoll gepflegte, städtische Athmosphäre mit bester Infrastruktur in einem 5000-Seelen-Dorf, viele Busse zwischen allen umliegenden Orten im kurzen Taktverkehr, Züge im Stundentakt, und überall unaufgeregter, professioneller Service. Das hat zusammen mit dieser grandiosen Landschaft eine einzigartige Ausstrahlung.
Dazu kommen Beobachtungen in der Schweiz, die mit manchen Themen pragmatischere Lösungen hat als wir in Deutschland, wahrscheinlich auch, weil EU-weite Regeln keine Rolle spielen: Es gibt oft keine Fahrstühle, dafür viel öfter relativ kurze Rampen auf Bahnhöfen. In Basel fahren noch viele Generationen von Straßenbahnen, auch kurze mit zwei Anhängern, in kleineren Zügen gibt es noch ganz alte, gepflegte Wagen mit Klapptüren, meist nicht klimatisiert, in Hotels noch alte Aufzüge, nicht alles hat eine Mindesthaltbarkeit … Dafür funktioniert mehr, in Städten wird mehr aufgeräumt. Die Bahnen fahren komplett elektrifiziert und scheinen pünktlicher zu sein. Es ist eine willkommene Abwechslung, das Schweiz-Angebot im Deutschland-Pass der Bahn eine tolle Idee, solch eine Fahrt hätten wir sonst nie unternommen und St. Moritz wohl nie besucht.
Die Rückfahrt wählen wir aufgrund des schönen Wetters etwas anders: zunächst die Albula-Strecke zurück bis Filisur, von dort wieder aufwärts nach Davos, das wir von einer Wochenend-Busfahrt vor fast 20 Jahren gerade noch wiedererkennen, und das zwar einen städtischen Eindruck macht, aber nicht die Athmosphäre von St. Moritz hat, es erscheint viel gewöhnlicher. Weiter geht’s über Klosters nach Landquart, auf allen Strecken bis dahin können wir uns nicht sattsehen, die Berge, die Kehrtunnel, Örtchen im Tal, Wasserfälle, Schluchten, spektakulär. Und dann fahren wir den Rhein entlang, noch lange mit Alpenbergen und Blick nach Liechtenstein. Auf der linken Seite werden aus den Alpen Mittelgebirge, rechts wird aus dem Rheintal der Bodensee. Mit drei knappen Anschlüssen und zwei Schweizer S-Bahnen geht’s über Rorschach, Romanshorn und Kreuzlingen nach Deutschland, mit dem Schwarzwald-Express über Triberg nach Karlsruhe. Die Berge hier erscheinen jetzt niedlich gegenüber dem Panorama in der Schweiz. Und noch einen Unterschied gibt es: Die Rhätischen Bahnen sind Schmalspur mit viel engeren Kurven und daher schöner am Hang, komfortables Fahren bei gemütlichem Tempo von 20 bis 60 km, da fängt die Schwarzwald-Normalspur erst an, und zweispurig ist auch nicht ganz so naturnah. Die großen Kehren hier fallen bei den weiten Kurven nur auf der Karte auf. In der Dämmerung erreichen wir wieder das Rheintal, jetzt sind wir fast von der Quelle bis Ludwigshafen den Rhein abgefahren. Noch ein Umstieg in Mannheim, und wir kommen nach fast 10 Stunden – es hätte auch kürzere, aber langweiligere Strecken gegeben – reibungslos nach 8 Umstiegen hochzufrieden zu Hause an.

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17. August: Wanderung um Neustadt an der Weinstraße

In unserer Kurz-Pause haben wir für Samstag eine Wanderung mit Freunden geplant. Gegen Mittag geht’s mit der S-Bahn nach Neustadt und mit dem Bus aufs Hambacher Schloss. Genau genommen fahren wir nicht mit dem Deutschland-Pass, sondern auf dem Jobticket unserer Freunde, aber was solls. An diesem historischen Ort, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe, starten wir auf Wegen, die ich mit Komoot ausgesucht habe, und die wir mit dem Ipad verfolgen. Mit der Karte geht’s zwar auch, aber ich teste, um auf Reisen, wenn keine Karte da ist, damit fit zu sein. Das Wetter ist warm und oft sonnig, da ist es ausgesprochen angenehm, dass die Tour eher oben und fast nur im Wald verläuft. Es sind fast alles kleine Pfade, nur manchmal etwas breitere Waldwege, schönes Licht fällt durch die Bäume, der Untergrund ist mal federnder Waldboden, mal sandig, mal felsig, ausgesprochen abwechslungsreich. An vielen Stellen gibt es weiten Blick über die unten liegende Rheinebene mit den vielen Weinfeldern, und, da wir oft auf einem Grat laufen, auf der anderen Seite auf die komplett bewaldeten Bergketten des Pfälzer Waldes, sehr beeindruckend. Auf dem Nollenkopf gibt es Spuren französischer Truppen aus dem 19. Jahrhundert, hier sehen wir auf der anderen Seite die Fahne auf der Wolfsburg wehen, der Imbiss ist also offen. Wir steigen ab über Schöntal ins Tal hinter Neustadt, dort werden wir von einem Verkaufsstand mit Pfälzer Produkten überrascht und sammeln als Zwischenmahlzeit hervorragende Himbeeren, Aprikosen und Äpfel ein, die nach Unterquerung der Bahnstrecke nach Paris im Aufstieg zur Wolfsburg durch die ersten Brombeeren ergänzt werden. Dort werden wir von Posaunenspielern empfangen und kehren wir ein bei Würstchen, Flammkuchen und Weinschorle, phantastischer 270°-Blick auf bewaldete Hänge gratis dazu. Der Aufstieg geht weiter, oft durch heideartige Landschaft mit Birken, Heidekraut und Blaubeeren. Wir rasten nochmal mit Kuchen am höchsten Punkt, dem Weinbiet auf 550m, und steigen dann in der Falllinie auf einer Mountainbike-Route ab nach Gimmeldingen und weiter durch die Weinberge nach Mußbach. Nach fast 20 km und über 500m Höhenunterschied erreichen wir das Bioland-Weingut Schwarztrauber, das wir schon von weitem sehen konnten, wo heute Sommerfest ist. Draußen bei Sonnenuntergang und Blick auf den Haardtrand lassen wir den Abend bei Wein und feinen sommerlichen Gerichten vom Hofgut Ruppertsberg ausklingen. Eine komplette Probe des 2012er Jahrgangs gehört natürlich dazu. Kurz vor 23 Uhr treffen wir, nur leicht geschafft und erfüllt von einem gelungenen Tag, mit der S-Bahn wieder in Ludwigshafen ein.

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14.-15. August: über Landshut zurück

Vor dem Bahnhof steht gleich ein passender Stadtbus, also sparen wir uns die 2 km zu Fuß. Der Bus macht eine Stadtrundfahrt und fährt durch den langen Hofbergtunnel in die Altstadt. Dort machen wir am Nachmittag eine Shopping-Runde – oder besser eine Besichtigungstour, denn wir kaufen nichts – durch die Läden, weil hier alle schon um 18 Uhr zumachen. Es gibt einige schöne kleine Läden, die üblichen Ketten und eine hohe Konzentration an Goldschmieden und Chocolatiers. Die Stadt lernen wir danach und am nächsten Tag – wegen Mariä Himmelfahrt Feiertag – kennen.
Die ganze Stadtanlage ist großzügig und historisch schön. Einmalig sind die gleich zwei großen Straßen-Marktplätze Altstadt und Neustadt, die von der regen Handelstätigkeit zeugen, gesäumt von stattlichen Renaissance-Giebelhäusern. Weiteren Eindruck machen die Kirchen, im Kontrast zu den Häusern alle aus Backstein, wobei St. Martin mit 130m den höchsten Backstein-Kirchturm der Erde besitzt, so hoch gebaut, damit er mit der Fürstlichen Burg Trausnitz auf dem Hausberg, jahrhundertelang Sitz der Wittelsbacher, auf Augenhöhe ist. Überhaupt der Hausberg: auch aus dem Hotelzimmer beeindruckend, direkt hinter der Altstadt steigt er steil bewaldet 100m an, direkt auf der Kante liegt die Burg, also wirklich „über“ der Stadt. Zur eindrucksvollen Gliederung tragen die Isar mit Mühleninsel und kleiner Isar bei, wie auch die vielen alten Verwaltungsbauten wie die Stadtresidenz und das Rathaus. Wie wir lesen, ist die Stadt eine der wirtschaftlich stärksten in Deutschland, BMW und Papst-Lüfter haben hier eine Produktionsstätte, und lange schon sitzt hier die Regierung von Niederbayern.
Am Abend essen wir zünftig im Augustiner-Bräu, an den beiden Tagen gibt’s Torte im Café Belstner mit einer selten großen Auswahl an Kremtorten. Am Nachmittag haben wir genug gesehen, zu Fuß durchqueren wir die Stadt zum Bahnhof und kehren angenehm mit IC’s nach LU zurück. Nur in Stuttgart steigen wir wegen einer leichten Verspätung zusätzlich um, in Bruchsal hätte uns eine verpasste S-Bahn mehr weh getan als in Heidelberg, und so haben wir sogar die ursprünglich vorgesehene S-Bahn noch bekommen. Als Kür nehmen wir in Heidelberg noch einen vorausfahrenden RE bis Mannheim.
Es war eine tolle Tour, mit etwas anderen Schwerpunkten wie im Bahnreise-Jahr, aber mindestens so abwechslungsreich. Historische Städte haben wir jetzt allerdings erstmal genug gesehen.
Jetzt sind zwei Tage in Ludwigshafen vorgesehen, mit Wäsche waschen, Bürokratie, Kundenthemen und einer Tageswanderung, bevor wir wieder starten, 3 Tage Richtung Schweiz oder Österreich.

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12.-14. August: Lechbruck mit Wanderungen

Am Montag Mittag starten wir nach Lechbruck. Die Harburg am Rand vom Ries merken wir uns für einen vielleicht nächsten Besuch in Nördlingen. Mit einem etwas sonderbaren Urlaubs-IC, der in Augsburg, wo wir in 30 Minuten Aufenthalt eine Diesellok bekommen, nach Oberstdorf und Berchtesgaden geteilt wird, geht’s bis Buchloe, in Marktoberdorf werden wir von unseren Verwandten abgeholt. Das Wetter ist etwas wolkig, der leichte Graueinschlag wird mit dem Regenradar gleich als unerheblich eingestuft, so dass wir unterwegs gleich anhalten und uns auf den Auerberg einwandern, mit 1055m das erste Mal über 1000m während der Reise. An den Hängen dieses Alpen-Vorbergs haben wir, wie schon seit Buchloe, gute Sicht auf die Alpen, deren Spitzen wie der Seuling und die Lechtaler Alpen, einen Wolkenhut tragen, wir bekommen aber auch Sonne ab. Unsere Verwandten sind beide im Ruhestand und haben sich hier im schönen Allgäu am Hang mit Blick und kleinem Garten mit Teich ihren Alterssitz gebaut, als wunderbaren Ausgangspunkt für ihre häufigen sportlichen Aktivitäten wie intensives Wandern, Bergsteigen und Mountainbike-Fahren. Für Fernreisen ohne Auto ist es allerdings nicht so gut geeignet, die nächsten Bahnhöfe sind etwa 20km entfernt. In der letzten Zeit haben wir uns öfter getroffen, mit den Aktivitäten und der Fotografie, jetzt auch mit dem IPad, gibt es jede Menge Themen beim Wein zu besprechen und Bilder zu schauen.
Am nächsten Morgen ist es wie erwartet trübe und feucht, nach ausgiebigem Frühstück starten wir Richtung Füssen mit Blick auf Neuschwanstein und Hohenschwangau, den wir im Einfahrtsstau nach Füssen unerwartet lange genießen können. Am Ausgangspunkt unserer Wanderung, in Bad Faulenbach, nieselt es noch etwas. Die Feuchtigkeit hat auch Vorteile: in kürzester Zeit sehen wir schöne Schnecken, kleine schwarze, Regenwurmfressende Bergsalamander und Schmetterlinge. Wir sind bald in Österreich, steigen von Vils durch feuchten und trotz eher niedriger Temperaturen schweißtreibenden Wald steil mit Alpenblick auf zur Salober-Alm auf 1110m, wo wir eine Rast mit Kaiserschmarrn einlegen, an der Staatsgrenze auf österreichischer Seite. Dann geht’s auf der Nordseite des Bergs wieder runter zum romantisch im Wald liegenden, ca. 4 Hektar großen Alatsee, einem Quellsee, den mit seinem 1000-jährigen Wasser in 15m Tiefe unter einer speziellen Bakterienschicht aufgrund Schwefel- und Phosphor-haltigem Gestein einige Mythen umgeben. Ich komme nicht umhin, auch hier baden zu gehen, obwohl ich mein Schwimmzeug vergessen habe, da muss eben das Unterhemd als Handtuch herhalten, danach kann ich ja die Jacke anziehen. Das Wasser ist erstaunlich angenehm, ich schätze um die 19°, so dass ich einige Runden drehe. Nach immerhin 16km und 520 Höhenmetern ist die Runde beendet. Im Haus essen wir zu Abend und setzen bis Mitternacht die Themen von gestern fort und finden die Lösungen für ein paar Computerfragen, die sich gestern gestellt haben.
Da wir unsere Bekannten in Sigmaringen auch heute nicht erreichen, suchen wir nach einem neuen Abschlussziel. Einige etwas anspruchsvolle Ziele wie Borkum oder Heringsdorf verwerfen wir, weil das sozusagen Hinfahren, Übernachten und gleich wieder zurück bedeuten würde.
Nach Betrachten der Sterne auf der Landkarte und Nachlesen in Wikipedia fällt aus Ingolstadt, Chemnitz, Meersburg und Paderborn unsere Wahl auf Landshut, wir suchen und buchen ein Hotel. Der Abschluss der Reise ist festgezurrt.
Am Morgen gibt’s wieder ein ausführliches Frühstück, diesmal auf der Terrasse bei Sonnenschein. Wir fahren zusammen nach Schongau, wo wir uns verabschieden und vorbei an unserem Bahn-Zeit-Reise-Ort Hohenpeißenberg nach Landshut fahren.

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9.-12. August: Nördlingen und Kohlhaas-Film

(Jetzt vollständig mit der Kohlhaas-Tour vom Sonntag)
Wir erreichen problemlos Nördlingen und laufen durch das Deininger Tor in die Altstadt direkt zum Hotel. Davon sind wir angetan: für den bisher günstigsten Preis bekommen wir das größte und bestausgestattete Zimmer, NT passt die Preise am stärksten der Auslastung an und gibt bei Verzicht auf die Stornomöglichkeit weitere deutliche Nachlässe. Wir bekommen gute Empfehlungen zum Essengehen, in der Weinstube Brettl fühlen wir uns bestens aufgehoben. Auf dem Rückweg gehen wir durch das Zentrum, was in dieser von einer kreisrunden, vollständigen, begehbaren Stadtmauer umgebenen Stadt einfach ist: direkt in die Mitte, zum einzigen hohen Turm, dem Kirchturm von St. Georg. Dort gibt es gleich drei Bäckereien mit Sitzgelegenheiten und Sonntagsöffnung, da dürfte ein Frühstück außerhalb des Hotels kein Problem sein. Und: auf dem Weg sehen wir in einer Buchhandlung gleich mehrere Plakate zu „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“, der Filmkunstpreis-Film des Festivals des deutschen Films in Ludwigshafen vom Juni, der uns mit seinem phantasievollen Aufbau gefallen hat, und auf dessen Spuren wir Sonntag wandeln wollen, und der seit vorgestern tatsächlich in den Kinos anläuft. Die Drehorte sind im Fenster aufgelistet, prima für morgen! Wir kommen an einigen Kneipen vorbei, sehr gut besucht. Die Stadt beginnt, uns zu gefallen, hier herrscht fast südländisches Leben. Wir bereiten den Stadtrundgang vor und schlafen gründlich, schließlich haben wir keine Frühstückszeiten, wir gehen in die dritte Bäckerei und sind mit Essen, Service und Preisen zufrieden.
In der Buchhandlung bekommen wir gleich Kontakt zum Inhaber – es ist der Vater des Regisseurs, daher die viele Werbung, er kann uns die Spielorte in der Karte zeigen, die hätten wir so einfach nicht herausbekommen, das gibt eine ordentliche Runde durch den Landkreis. Auf dem Marktplatz ist ein richtig großer und belebter Wochenmarkt, auch die Cafés sind dicht bevölkert. Die Altstadtstraßen sind schmal und es gilt nur rechts vor links, der Verkehr ist entsprechend ruhig, man fühlt sich als Fußgänger wohl, die Stimmung in der Stadt ist entspannt, die Touristen mischen sich fast unauffällig unter die Einheimischen. Die Stadt hat das Attribut „CittaSlow“ (wie Deidesheim, Lüdinghausen und Hersbruck, die wir schon kennen) zu Recht.
Wir steigen, nicht allein, auf den „Daniel“, den 90m hohen Kirchturm, und genießen den totalen Überblick über den 15 Mio. Jahre alten, durch Meteoriten-Einschlag entstandenen Rieskrater. Bei dieser Übersicht wundern wir uns nicht, dass Nördlingen nie eingenommen werden konnte. Wir schließen uns der Stadtführung an, die einiges über die Kreuzung der West-Ost- und Nord-Süd-Handelswege erzählt, die städtischen Richtlinien zur Denkmalspflege in der Altstadt erläutert und uns launig durch die nördlichen Viertel führt, besonders die Gerberhäuser zeigt und die Konstruktion erklärt. Damit kennen wir die Altstadt schon gut, ein original mittelalterliches Straßennetz mit Häusern, die diesen Charakter erhalten haben, umschlossen von einer 2,7 km langen Stadtmauer mit vielen Türmen und 5 Stadttoren, auf der wir die Altstadt mit 900m Durchmesser umrunden und einen guten Einblick in die Gärten und über die einheitlich ziegelroten, unglasierten Dächer erhalten, in der Mitte immer der Kirchturm. Auf dem Marktplatz gibt’s jetzt ein entspannendes, unterhaltsames Konzert mit den „Wirtshausmusikanten“. Wir schauen einige Lokale an und essen schließlich eine hervorragende Pizza. Als wir gehen wollen, setzt sich ein Ehepaar, vielleicht etwas jünger als wir, zu uns an den Tisch, das heute schon 85km Fahrrad (ohne Motor!) gefahren ist und dann nur noch in einem etwas einfachen Gasthof untergekommen ist. Da tauschen wir doch glatt noch unsere unterschiedlichen Reiseansätze und -Erfahrungen aus. Warum auch immer etwas müde landen wir im Hotel.
Nach einem Sonntags-Sektfrühstück in einem Café übernehmen wir die zwei Flyer Serie C in der JUFA Nördlingen, wie bestellt. Los geht’s um 12:20. Wir fahren in einem gleichmäßigen, zügigen Tempo, ich nur an Bergen mit Strom, Marlis fast immer. Dadurch harmoniert unser Tempo gut, und wir kommen mit über 20 km/h vorwärts. Es gibt allerdings auch viel zu suchen, mit der Topografischen Karte 1:50000, die wir uns am Vortag gekauft haben, geht das gut, denn ausgewiesene Radwanderwege passen nicht zu unseren Zielen, wir kombinieren aus kleinen Straßen und Feldwegen. Das Wetter spielt bestens mit: viel Sonne, keine Schwitztemperaturen. Das Ries ist wirklich eine eigentümliche Landschaft: oft norddeutsch flach, man kann weit schauen, jedoch mit einzelnen deutlichen Erhebungen, wie Felsen oder Burghügel, am Rand des Kraters ausgeprägter und zusammenhängender, dann auch stark bewaldet. Die Fläche ist fruchtbar, viel Ackerbau, wenig Wiesen, Kühe sehen wir nicht. Der Verkehr ist ruhig, es fällt auf, dass es in der Fläche keine großen Orte gibt, die eher kleine Stadt Nördlingen ist das unbestrittene Zentrum. Nur Radfahrer sind am Sonntag bei dem Wetter in Massen unterwegs.
Ich habe die Drehorte gefunden, sortiert und in der Karte markiert, wir machen uns auf: zuerst nach Schloss Wallerstein, eine große, noch fürstlich verwaltete Anlage rund um einen Felsen, den wir erklimmen. Dieses Ziel hat nichts mit dem Film zu tun, der Felsen ist ein Beispiel aus der Krater-Entstehung. So geht’s malerisch mit gutem Überblick weiter, jetzt reihen wir die Film-Ziele aneinander: Maihingen Klostermühle, Holzkirchen Feuerwehrhaus, Speckbrodi, Herbermühle an der Schwalb, nahe den Gosheimer Baggerseen, Schlossruine Alerheim, Kloster Mönchsdeggingen, Burgruine Niederhaus, Gasthof in Schmähingen. Wir schaffen tatsächlich alles, sogar stressfrei, aber knapp: nach 80 km Radfahrt, etlichen Orientierungshalten und Forschungspausen laufen wir um 21 Uhr in Nördlingen ein, mit dem Versuch, das Licht einzuschalten, sind beide Akkus gleichzeitig leer, wir hatten sie unterwegs untereinander getauscht. Die letzten zwei Kilometer fahren wir stromlos, das geht mit den Rädern erstaunlich gut. Fast im Dunkeln erreichen wir die JUFA, die Ausleihstation, praktisch, dass wir da so spät zurückgeben können, gut gegessen wird im Griechen direkt davor.
Einiges haben wir wiedererkannt: Die Klostermühle, ein wirklich noch historisch verstaubter Ort, die Burgruine Niederhaus, klein, malerisches Gemäuer, steil auf dem Kraterrand gelegen, und ganz deutlich den Gasthof in Schmähingen, in dem die Schauspieler wohnen sollten, aber nicht wollten, wir wissen jetzt wieso. Gefunden haben wir ihn eher zufällig schnell, ein „verdächtiges“ Gebäude ragte heraus, das war es tatsächlich, gut gerochen. Und an der Ecke unten finden wir sogar das Bretter-Bushäuschen, wo die protestierenden Schauspieler abreisen wollten. In Holzkirchen mussten wir erst herumfragen, bis klar wurde: es war vor dem kleinen Feuerwehrhaus, es sah uns erst zu modern aus, aber dann haben wir durchs Fenster das kleine Feuerwehrauto erkannt. Speckbrodi war nur der Namensgeber, mehrere große Bauernhöfe. In der Herbermühle haben wir gefragt, dort wurde übernachtet „wie Schauspieler so sind“, den Drehort am Bach hat der Besitzer nicht mitbekommen. An den dortigen Sand-Baggerweihern legen wir eine Rast ein, und ich umschwimme einen kleinen See, angenehmes, lauwarmes Wasser. Das Kloster Mönchsdeggingen und Schloss Alerheim werden wir erst wiedererkennen, wenn wir den Film nochmal sehen. Am Ende der Tour fällt uns ein, das hätten wir am Samstag abend vor der Tour machen können, da lief er ja in Nördlingen, und wir hatten Zeit, aber nicht die Idee. Sonst hätten wir die Stimmung beim „Heimspiel“ persönlich mitbekommen. So fragen wir den Buchhändler Lehmann kurz vor unserer Abfahrt am Montag: Das Kino war seit langem wieder ausverkauft, und am Ende gabs Applaus, also ein Erfolg, vielleicht läuft er länger. Auch Tipps für weitere Lokale nehmen wir mit, und er bestätigt unseren Eindruck der belebten Stadt, einer echten CittaSlow, der vierten von elf deutschen, die wir kennengelernt haben. Nördlingen ist die Entdeckung und das Highlight der Reise! Ebenso stimmt der Buchhändler zu, dass die Gastronomie in den kleinen Ries-Orten im wesentlichen tot ist, oft durch dieKonkurrenz der vielen Vereinsheime, eine Vermutung, die uns an anderen Orten und sogar in Ludwigshafen auch schon gekommen ist.

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8.-9. August: nach Bamberg

Um 11:21 geht’s mit der Erfurter Bahn, diesmal mit 1. Klasse (andere Sitzfarbe) los, bald sitzen wir mit einem Piccolo Rotkäppchen trocken auf dem letzten Umsteigebahnhof in den „neuen“ Bundesländern, in Jena-Göschwitz, Kreuzung der Strecken Weimar-Gera und Halle-Nürnberg, große Fläche, ungenutzte Gebäude, nicht saniert, und warten auf den Anschluss. Jena ist weit weg, hier sieht man nur Industrieanlagen wie Jenoptik, an Schott Jenaer Glas sind wir vorbeigekommen. Nebenan fährt die Straßenbahn, davor ein Imbisswagen, der jetzt zum Mittagessen gut frequentiert ist. Mit einem modernen elektrischen Triebwagen geht es weiter. Wir fahren durch eine schöne, kleinteilige, abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft mit dicht bewaldeten Bergrücken, kleinen Orten und einzelnen Burgen. Nach Probstzella kommen wir nach Bayern. Am höchsten Punkt der Frankenwaldbahn, fast 600m hoch, in Steinbach am Wald, legen wir eine Zwangspause ein, Störung am Triebfahrzeug. Nach etlichen Klicks, Klacks, und Komplett-Reset der Zugsteuerung geht’s 12 Minuten verspätet weiter, es kühlt auch wieder.
In Hochstadt-Marktzeuln lässt der Zug außerplanmäßig nach Hof umsteigen, wegen einer Baustelle Richtung Lichtenfels muss er wegen seiner Verspätung auf Gegenzüge warten, dafür fährt er jetzt doch bis Bamberg durch, obwohl baustellenbedingt ein Umstieg in Lichtenfels fällig gewesen wäre. Bequem, allerdings mit 32 Minuten Verspätung kommen wir nach Bamberg.
Das Hotel ist, besonders gemessen an den hohen Preisen in Bamberg, eher eine Enttäuschung, für 50% mehr als in Weimar sind die Zimmer eher kleiner und unpraktischer. Die erste Begegnung mit Bamberg ist nicht so begeisternd: viel Verkehr an Autos in den engen Straßen, Massen Touristen im Zentrum auf der Inselstadt am Grünen Markt, ein schlechtes Konditorei-Café in der Nähe, obwohl stadtbekannt. Der Eindruck bessert sich erst in der Tourist-Info, wo ein äußerst kompetenter Berater schnell meine Sichtweise begriffen hat und uns sofort interessante Stellen, Bereiche und Lokale nennt, mit Edding zum Einzeichnen in den Plan. Das Lokal Eckert, in einer alten Mühle mitten im linken Regnitzarm, gefällt uns vom Design und Anspruch gut, das merken wir uns. Wir drehen eine große Runde über die Berge: Domberg, Michaelsberg, Stephansberg, „auf sieben Hügeln wie Rom“ können wir uns jetzt fast vorstellen. Der viertürmige Dom, die alte Residenz mit Rosengarten, der Michaelsberg und einige Kirchen sind monumental und beeindruckend und bieten Überblick über die Inselstadt, morgen werden wir uns manches noch von innen ansehen. Der Spezial-Keller auf dem Stephansberg bietet sehr einfache Speisen, gutes Bier und einen guten Blick; bei dem seit dem Nachmittag nieseligen und zunehmend grauen Wetter überzeugt das nicht, wir gehen zum Eckert. Dort ist es modern und schlicht, leider im Hauptgastraum sehr hallig und laut, wir finden im Zwischenbereich einen tollen Platz mit direktem Blick in die heftig vorbeirauschende Regnitz. Essen, Bier und Service sind hervorragend und mit regionalem Anspruch, und dabei erstaunlich preiswert, das dazugehörige Hotel ist zwar teurer, aber dafür auch einmalig gelegen und mit Hirn eingerichtet, wird vorgemerkt. Wir gehen noch bei der „Brauerei Spezial“ in der Nähe des Hotels vorbei, eine der letzten urigen selbstbrauenden Brauereigaststätten, mit einem richtig rauchigen Rauchbier, bevor wir uns bei Lokalschluss ins Hotelzimmer zurückziehen.
Am Morgen ist es immer noch feucht und etwas kühler, das erste und wohl einzige Mal in den fast 3 Wochen kommt die Jacke zum Einsatz. War es die ganze Zeit draußen wärmer als drinnen, ist es jetzt umgekehrt, in jedem Laden, den wir durchstöbern, geht das Schwitzen los. Bei leichtem Dauerregen geht es heute durch kleine Nebengassen, die wirklich überall ein im wesentlichen fachwerkfreies, aber doch historisches Gesamtbild abgeben, fast alles Kopfsteinpflaster, überall etwas Verkehr, richtig große Durchgangsstraßen gibt’s in der historischen Stadtstruktur mit den 2 parallelen Flussläufen, dem schmalen, schäumenden linken und dem kanalisierten rechten Regnitzarm, gleichzeitig Rhein-Main-Donau-Kanal, auf dem wir immerhin einen Frachter sehen, nicht. Der Innenraum des Doms ist erhaben groß und schlicht, komplett der helle Sandstein von außen, großer West- und Ost-Chor, Krypta, und sehr große Orgel in der Mitte oben, die wir zufällig während der Mittagsmeditation hören, mit direktem Blick darauf, gewaltig. Erwähnenswert sind die vielen Kunstschätze wie der Bamberger Reiter und der Veit-Stoss-Altar. Vorbei an vielen Brauereigaststätten passieren wir „Klein-Venedig“, die malerische Fachwerk-Häuserzeile direkt am Regnitzufer, früher mit direkten Bootsschuppen im Untergeschoss, heute mit Vorgärten und Anlegestegen. Über das Alte Rathaus mitten im Fluss geht’s in die Gärtnerstadt, den nördlichen zum Weltkulturerbe gehörenden Stadtteil. Hier umgrenzen die kleinen einstöckigen Häuserzeilen große gärtnerische Innenbereiche, die heute noch für Wochenmärkte und Gastronomie Bamberger Besonderheiten produzieren wie den Knoblauch oder die Kartoffelsorte Bamberger Hörnla. In eine Gärtnerei und das “Gärtner- und Häcker-Museum” können wir hineinschauen, von einer Aussichtsplattform überblicken wir das ganze Areal. Zum Abschluss des Bamberg-Besuchs kehren wir in der Slowfood-Bäckerei Kerling ein und nehmen Bamberger Hörnla als Zugverpflegung mit, mit Versorgung ist im RE ja nicht zu rechnen.

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