9. November: Bremerhaven

Bremerhaven: Standorte des Alfred-Wegener-Instituts (Ziel: Rolf Krueger), Sail-City, Offshore-Windanlagen-Bau

Um 11 Uhr starten wir weiter zu Rolfs Sehnsuchtsorten durch Bremerhaven.
Auf dem Weg zum neuen Hauptgebäude des Alfred-Wegener-Instituts treffen wir am Handelshafen auf das alte Hauptzollamt und die Nordsee-Zentrale, die Erinnerungen an frühere Kunden-Aufgaben weckt. Die Doppelschleuse zu den Fischereihäfen, an denen jetzt auch die Offshore-Windkraftfirmen liegen, mit je einer Schub-/Klappbrücke an jedem Ende ist schon sehr auffällig, viel mehr als der kleine Haupteingang des AWI mit Codeschloss und Klingel. Bevor wir uns durchgerungen haben, beim Pförtner zu klingeln, öffnet er uns persönlich die Tür, wir dürfen uns gerne umsehen, Infobroschüren sammeln und auch aus der Cafeteria im oberen Stockwerk auf die Hafengebiete mit Schleuse, Fischereihäfen im Süden, die neuen Museen im Norden mit dem Atlantic Hotel Sail City, Geeste- und Wesermündung mit Nordenham gegenüber schauen und fotografieren. Es riecht intensiv nach Sauerkraut, gleich beginnt die Mittagszeit. Marlis macht trotzdem viele Fotos von der Schleuse, von der eine gerade wegen Reparatur gesperrt ist, und der neuen Wesersilhouette nach Norden. Aus bestimmtem Blickwinkel sieht das Atlantic Hotel aus wie die Schiffsbrücke mit Mast und das Klimahaus wie der Schiffsrumpf dazu.
Auf dem Weg zum alten Hauptgebäude, dem Ungers-Bau gegenüber dem Schiffahrtsmuseum, finden wir die Kneipe fürs Abendessen, die “Schifferklause Lehrke” an der Geestemündung mit allen Hochwassermarken.
Im alten AWI müssen wir wieder klingeln, es gibt zwei Ausstellungsräume mit den Antarktisstationen, Ausrüstung, Karten und Polartieren und noch mehr Info-Material.
Durch das Schifffahrtsmuseum und über die Hafenpromenade gelangen wir zur SailCity-Aussichtsplattform in 86m Höhe über dem Hotel und haben bei Windstille, allerdings grauem Himmel eine grandiose Rundumsicht von der komplett offenen, frei schwebenden Plattform (ein Geländer hat sie natürlich!).
Auf einer Windkrafttagung des Windkraft-Netzwerkes, die gerade heute im t.i.m.e.Port II stattfindet, sammeln wir nochmal kräftig Material. Nach einem Imbiss im Auswandererhaus – zu mehr langt die Zeit nicht, kommt unbedingt beim nächsten Besuch dran – folgt eine 30-minütige Busfahrt zum Offshore-Windkraft-Hersteller Areva Multibrid. Im Lofotenhafen liegen dicke Seeschiffe, stehen riesige Ladehilfen für 280t, und es siedeln sich auf den ausgedehnten Gewerbeflächen neue Firmen an, die die direkte Meeresanbindung nutzen. Auf den Geländen lagern riesige Generatorenköpfe, Tripod-Gründungsfüße, Rotornaben und Turmteile für die 5 MW-Offshore-Windenergieanlagen. Nur Flügel sehen wir leider keine. Dafür baut WeserWind nebenan eine gewaltige Montagehalle, in die die notwendigen 60m-Flügel und die Gründungsfüße locker reinpassen. Wahrscheinlich kommen die Flügel erst dran, wenn Füße und Türme fertig sind.
Für Rolf haben wir so viele Informationen eingesammelt, dass wir noch Umschläge kaufen und ihm zwei dicke Briefe per Post schicken müssen. Fürs Gepäck ist das zuviel.
Das Abendessen nehmen wir im Restaurant “Schifferklause” ein, das zum Glück wenig von Touristen besucht wird, es ist für unsere Begriffe sehr einheimisch geblieben, samt der Gefahr durch Hochwasser vor dem Deich. Im großen Lokal sind an einem ganz gewöhnlichen Dienstag alle Tische durch Stammgäste aus der Umgebung belegt: Stammtische, Skatrunden, Genießer. Uns bleiben nur die beiden Tische gegenüber der Theke zur Auswahl, die Beobachtung der beiden bewirtenden Damen mit ihren eingespielten Ritualen ist allerdings ein zusätzlicher Genuss. Sogar das Weizenbier mit und ohne “Umdrehungen” kommt nicht aus Bayern, sondern ist “Störtebeker” aus Stralsund – “Das Bier der Gerechten”. Labskaus, das heutige Tagesgericht, ist vorzüglich, ebenso wie der “Köm” danach – für die Dame. Acht im Wechsel leuchtende Knöpfe zeigen den Damen an, wo sie bewirten müssen.

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2 Antworten auf 9. November: Bremerhaven

  1. Rolf Krueger sagt:

    Und schon wieder er.

    Hab mir gerade den Film vom Bau der Forschungsstation Neumayer III des Alfred-Wegener-Instituts in der Antarktis angeguckt. Astrein, dass ihr den mitgebracht habt.

    Schade, wenn man die eigenen Träume nicht so leben konnte wie man wollte, jetzt ein bisschen zu ältlich und wohl schon immer ein bisschen zu krank zu solchen Taten ist. Also, träumen und mit den Augen von anderen gucken und ihre Hände tun lassen.

    Wunderschön, wenigstens anderen dabei zuschauen zu können, wie sie die Träume wahr werden lassen.

    Danke.
    Rolf

  2. Rolf Krueger sagt:

    Moin,
    tja, das AWI ist einer meiner Sehnsuchtsorte, Biologie und Naturwissenschaften. Gestern kam der dicke Pack bei mir an. Hab gleich reingeguckt und stiess auf die BAH, die biologische Anstalt Helgoland, die auch zum AWI (Alfred-Wegener-Institut) gehört. Das wusste ich zwar, hatte es irgendwie aber bei der Wahl gar nicht bedacht. Schreibe gerade ein Angebot für die. Dann kam der Flashback: Meine Diplomarbeit habe ich über eine Meeresalge gemacht in Zusammenarbeit mit der BAH. War 8x auf Helgoland.
    Beim Durchblättern des blauen Büchleins ging es Schlag auf Schlag:
    - Auf S. 34 der alte Professor Kornmann mit seinem Assistenten Sahling, der uns 1980 etwas von oben herab, aber sehr kooperativ mit Algenmaterial versorgte. Kornmann war damals glaube ich 68 und sein Assistent über 70. Ihre Algen züchteten sie in einer alten Kühltheke, die sie, glaube ich, in einer Metzgerei abgestaubt hatten.
    - Dann die FK (Forschungskutter) “AADE”, mit der wir vor Helgoland auf See waren. An Schiffsmann Klings auf S. 37 kann ich mich auch noch dunkel erinnern.
    - FK “Uthörn”, mit der war ich wohl 2x draussen. Das Schiff ohne Herkunft. Es weiss wohl niemand, wann es wo gebaut wurde. Im 2. Weltkrieg gingen die Papiere verloren, es fuhr als “Kriegsfischkutter” unter den Nazis, nach dem 2. Weltkrieg bekam es die BAH. Wir fuhren als meeresbiologischer Kurs mit. Schon bei Windstärke 2-3 rollte und schlingerte es heftig und bekam bei uns so seinen Spitznamen “Wellensuchgerät”. Die Hälfte der Truppe hing auch ohne Wind über der Reling und kotzte, was das Zeug hielt. Der Käpitän stand seelenruhig auf seiner Brücke und grinste leise vor sich hin. Wenn dann noch das Schleppnetz über die Seite rausging (Die Uthörn war im Gegensatz zur schon lange üblichen Technik des “Heckfängers” noch ein “Seitenfänger”), kam Schlagseite von vielleicht 20° dazu. Wir Landratten brauchten fast Todesmut, um von einer Schiffseite auf die andere zu kommen, was das Grinsen des Käpitäns nur steigerte.
    - Und dann das Felswatt im Norden, das wir im April untersuchten. Wassertemperatur minus! 1,3°C. Die Mitarbeiter schärften uns ein, dass jeder, der ins Wasser fällt, zur Not mit leichter Prügel im Dauerlaufschritt zum Gästehaus zu treiben ist. Ansonsten ist das lebensgefährlich. Diese Regel rettete mir möglicherweise ein paar Jahre später das Leben, als ich in Dänemark bei -5°C 50 m vor der Küste durch Blödheit ins Eis einbrach und 2 km bis nach Hause hatte. Immer brav gestolpert und gerannt, bis zur Hüfte alles völlig gefühllsos, aber wieder aufweckbar.
    - Delesseria sanguinea, der “blutrote Meerampfer”, die schönste Rotalge, die ich kenne auf S. 41. Schnell gekramt, und da ist sie auch in meinem kleinen Herbarium vom Meeresbiologischen Kurs auf Helgoland vor gut 30 Jahren, frisch wie am 1. Tag.

    So, das war jetzt nicht Bremerhaven, aber Erinnerung der reinsten Form.
    Dankschön
    Rolf