28. März: von Hamburg nach Bremerhaven

Stadtrundgang Hamburg Innenstadt, Fahrt nach Bremerhaven

Heute haben wir bis halb drei Zeit für eigene Erkundungen. Beim Frühstück finde ich einige lohnende Ziele. Gegenüber liegt der Hamburger Fernbusbahnhof. Per U-Bahn fahren wir zum Rödingsmarkt. In einem Schiffsbedarfsladen finden wir süßes Geschirr mit dem Leuchtturm “Roter Sand”. Zwischen und über einige Fleete, die Hamburger Kanäle, kommen in die Deichstraße mit noch alten schmalen, mehrstöckigen Speicherhäusern aus dem 18. Jahrhundert und vorn oben einer Flaschenzugrolle. Manche sind Fachwerk, andere Backstein, einzelne mit schiefen Stockwerken. Vorn sind sie gut renoviert und dienen jetzt der Gastronomie als malerische, aber zwischen den großen Büro- und Wohnhäusern etwas verlorene Altstadtstraße. Wir finden zwei Durchgänge direkt an den Kanal dahinter, die auf einen Anlege-Ponton führen. Dort sehen wir die viel ursprünglicheren und schöneren Rückseiten, dazu eine Erklärungstafel; diese Stelle ist eine spannende Entdeckung. Eine Grundschulklasse bekommt diese Sicht flüchtig gezeigt. Am Baumwall bietet sich ein Blick auf die stattlichen gotischen Häuser der Speicherstadt, rechts hinter den neuen Häusern ragt die Elbphilharmonie hervor. Wir gehen weiter zum Michel. Die Sonne kommt raus, aber der Wind ist steif und kalt. Die barocke evangelische Kirche ist eindrucksvoll in ihrer Breite mit zwei riesigen Seitenemporen, einer großen Orgel, die die ganze Rückwand ausfüllt, und einer ungewöhnlich voluminösen steinernen Kanzel. Alle Flächen sind weiß und das Innere sehr hell und in bestem Zustand. Entfernte Assoziationen zur Dresdner Frauenkirche kommen auf. Gegenüber klemmen zwischen neueren Häusern die alten Krameramtsstuben. Beinahe übersehen wir den Gang in den Innenhof, wo ganz versteckt die schmale Gasse mit den malerischen Krameramtswohnungen wie ein Relikt liegt. Über mehrere Fleete zwischen großen Hotels hindurch kommen wir in den Neuen Wall und die umliegenden Passagen, wo wir die Geschäfte einiger Nobelmarken und Designer betrachten können. Zuletzt durchqueren wir das üppig ausgestattete repräsentative Rathaus mit der Bürgerschaft. Das Chilehaus muss entfallen, wir fahren zum Bahnhof zurück und treffen uns mit der Redakteurin von Hinz&Kunzt, die mit Fotograf auf uns wartet. Das anspruchsvolle Magazin wird monatlich von Obdachlosen in Hamburg in hoher Auflage verkauft, wir haben vorgestern im Cuneo schon ein Heft und ein Kochbuch erstanden. Man hat sich extra die Genehmigung der Bahn zum Fotografieren im Hauptbahnhof besorgt, “aber ohne Stativ”. Wir posieren an verschiedenen Stellen vor allen Arten von Zügen; die Redakteurin bekommt einen lahmen Arm, weil sie solange die Blitzlampe mit Schirm halten muss. In der DB-Lounge, die wir dadurch erstmals ausführlich nutzen, findet ein langes Gespräch statt.
So erreichen wir nur die letzte passende S-Bahn für unseren Anschluss in Buxtehude. Die dort nach Bremerhaven fahrende EVB wird zwar nicht bestreikt, ein wenig Auswirkungen bekommen wir doch ab, weil der direkt vor der S-Bahn fahrende Metronom-RE nach Buxtehude ausgefallen ist, und wir daher die Hälfte der Strecke in der S-Bahn stehen dürfen. Bei ähnlichem Wetter wie bei unserer Fahrt im Herbst, aber anderem Wachstumsstadium der Bäume fahren wir in der Abendsonne durch Marlis’ Lieblingslandschaft, das platte norddeutsche Land nach Bremerhaven. Wir treffen dort gerade zur Abenddämmerung ein. Marlis kriegt sich nicht mehr ein beim Fotografieren der vielen Wasserstimmungen am Hafen. Das geht gleich weiter im Hotel: Auf der Landzunge, die den neuen Hafen abgrenzt, direkt hinter der Schleuse mit der Adresse “Am Leuchtturm 1″ haben wir das Eckzimmer oben im dritten Stock mit zweiseitigen Fensterfronten und Blick über die Jachten im Neuen Hafen, das Auswandererhaus, das Columbus-Center, das Klimahaus und den neuen Sail-City-Hotelturm. Auch die Weser ist zu sehen. Grandios, die Aussicht mit der Beleuchtung. Kurz vor dem Schlafengehen sind die Lichter plötzlich weg: durch die starke Abkühlung ist der Taupunkt überschritten, ganz schnell entsteht dichter Nebel. Morgen früh gibt es bestimmt Rauhreif.

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27. März: Hamburg

Führung im Botanischen Garten, Besuch im Schulauer Fährhaus mit Willkomm-Höft (Ziel: Sybille Burmeister und Klaus), Speicherstadt mit Elbphilharmonie, Schellfischposten

Trotz langer Nacht und längerer Frühstückszeit können wir nicht ausschlafen, die Zeitumstellung hat die Stunde gefressen. Dafür bleibts endlich länger hell, was uns sehr entgegen kommt. Marlis hat mit einer Bekannten aus der Spaziergangsforschung, Annette Huber, die im Botanischen Garten aktiv ist, eine Führung vereinbart. Wir treffen uns mit ihr am Eingang des Gartens in Klein-Flottbek. Wir beginnen mit dem Loki-Schmidt-Haus, dem neuen Museum für Nutzpflanzen. Uns überzeugen die Präsentation und auch die Architektur des würfelförmigen, außen blau gefliesten Gebäudes. Der Garten ist sehr weitläufig. Viele Beete warten noch auf den Frühling, einzelne Bäume blühen schon. Wir erfahren, dass aus Geldmangel immer mehr Gärtner eingespart werden müssen, statt dessen werden Ein-Euro-Kräfte und ehrenamtliche Mitarbeiter eingesetzt. Der frühere Standard kann damit nicht mehr ganz gehalten werden. Annette betreut einen Bereich im Nutzpflanzengarten. Alles Material wird gestellt, im Rahmen der Vorgaben kann sie dort frei werkeln. Nur das Gießen übernimmt bei Bedarf die Gartenverwaltung. Es macht ihr sehr viel Spaß. Und für uns ist es ein Erlebnis, so viel über den Betrieb eines Botanischen Gartens zu erfahren, auch nachdem wir in Bonn schon in einem unterwegs waren.
Die Sonne scheint ungetrübt, es ist immer noch recht kühl. Wir fahren mit der S-Bahn weiter nach Wedel und gehen durch den Ortskern zum Schulauer Fährhaus von 1864. Hierhin schicken uns gleich zwei Ideengeber: Marlis’ Onkel Klaus, den wir schon in Stendal besucht haben, war hier gleich nach der Wende, er hatte von der Schiffsbegrüßungsanlage “Willkomm Höft” schon in der DDR gehört. Sybille Burmeister war mit ihrer Oma jeden Sommer dort mit Genuss Kaffeetrinken. Die Lage ist hervorragend: Etwas erhöht und um 14 Uhr genau querab zur Sonne. Viele Hamburger genießen hier die Sonne am ersten Sonntag im Frühling. Die Bänke sind besetzt, Auf der großen Terrasse werden die Plätze immer rarer, und auch der kleine Strand in der Nähe ist schon bevölkert. Wir essen Windbeutel und Kaiserschmarrn. Dann begeben wir uns auf Entdeckungsgang durchs Gebäude. Das Buddelschiffmuseum schenken wir uns. Eindrucksvoll sind die Fotos der Sturmfluten 1962 und 1976; beide Male wurde ein Großteil der Terrasse weggerissen. Bei der zweiten, viel höheren Flut gab es wegen verbessertem Hochwasserschutz nur noch Sachschaden.
Als wir vor dem Raum des Willkommenskapitäns stehen, werden wir hereingebeten. Er erklärt uns gern seine ehrenamtlichen Tätigkeit, zeigt uns das Bedienpult der Anlage, die Kassetten mit den Nationalhymnen und die über 16.000 Karteikarten von Seeschiffen mit deren Daten. Da gerade kein Schiff kommt, und die Gäste draußen schon fragen, wird kurzerhand wieder das Unterseeboot der Schweizer Gebirgsjäger angekündigt, mit Nationalhymne und Dippen der Flaggen. Ob das alle merken? Die Anlage gibt es seit 1952; große Lautsprecher am Ufer sorgen dafür, dass auf den Schiffen die Melodien auch ankommen, die großen Containerschiffe werfen ein deutliches Echo zurück. Die Schiffsdaten werden im Anschluss verlesen, das hören nur die Gäste im Lokal. Marlis kauft Postkarten und interviewt den Kapitän, der nie zur See gefahren ist, aber schon immer schiffsbegeistert war. Wir staunen noch über den jetzt trockenliegenden Jachthafen mit den hohen Stangen, an denen die Anlege-Pontons sich frei mit Ebbe und Flut senken können.
Auf dem Panoramaweg Richtung Hamburg sehen wir Schiffe auslaufen. Gut kann man die flachen Binnen”schiffchen”, die wir von Ludwigshafen kennen, von den hohen, riesigen Seeschiffen unterscheiden; nur solche werden begrüßt und verabschiedet. Genau zur Abfahrt erwischen wir den Bus 189 auf der Elbestraße. Durch Landschaft, Gewerbe und Villenviertel geht es zur S-Bahn Blankenese, mit der wir bis zu den Landungsbrücken fahren. Dort gehen wir auf dem Hochwasserdamm, der gleichzeitig Promenade für die Hamburger entlang des Hafens mit Anlegern für viele Barkassen ist, Richtung Speicherstadt. Hier ragt spitz die Elbphilharmonie empor. Die Glasverkleidung ist schon großenteils dran, der Speicher-Unterbau ist komplett verhangen, drei Baukrane überragen alles. Einzelne Glasteile fehlen noch, die vorhandenen sind extravagant bedruckt und haben teilweise Öffnungen und Wölbungen. Schattenspiele vermitteln teilweise den Eindruck, als hätte es da gebrannt, beim Näherkommen löst sich das auf. Vom Wasser aus ist der Eindruck sicher imposant, und man kann sich vorstellen, dass sich Hamburg hier ein Wahrzeichen setzen und den Vergleich mit Kopenhagen, Oslo und Sidney antreten will; deswegen scheuen die Politiker hier wohl auch keine (Mehr)Kosten. Wir recherchieren: es gibt zwar schon Elbphilharmonie-Konzerte, aber an verschiedenen Orten in der Stadt. Das Gebäude selbst soll jetzt 2013 fertig werden. In der Abendsonne befassen wir uns mit der Umgebung: im Bereich der U-Hochbahn-Station wird die Promenade für Millonen von Zaha Hadid neu gestaltet. Man spart an nichts: das Gebäude selbst ist von Herzog&de Meuron geplant. Die Speicherstadt hat im Westteil viele Neubauten mit Büros, Lofts und Gastronomie; direkt oberhalb der Hafenfähre Sandtorhöft trinken wir etwas bei untergehender Sonne. Leider haben wir den Fahrplan nicht genau genug gelesen, ab jetzt fährt die Fähre nur noch ab Landungsbrücken, wir haben die letzte noch gesehen. So gehts per S und U zur Königstraße und die Treppen hinunter Richtung Fischmarkt, dort suchen wir den “Schellfischposten”, das Lokal der ARD-Nachtsendung von Ina Müller. Es ist noch viel kleiner als es im Fernsehen scheint. Von den vier Tischen wird einer für uns frei, dann gibts nur noch die lange Theke und einen großen Außenbereich, für den es zu kalt ist. Das Lokal bezeichnet sich als die älteste Fischerkneipe, es ist komplett mit alten Utensilien und Zetteln aller Art und einer Musikbox vollgehängt und recht urig. Es geht hier eher ruhig und nett zu. Die Wirtsleute sind in Urlaub, die bodenständige Vertretung macht alles allein, eher wortkarg, aber doch originell. Es gibt nur Kleinigkeiten zu essen, und die sehr preiswert; uns reichen Matjes auf Schwarzbrot und Würstchen mit Kartoffelsalat. Dann fahren wir zurück ins Hotel, noch müde von der letzten Nacht.

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26. März: Von Heilbronn nach Hamburg

Stadtrundgang Heilbronn, Fahrt nach Hamburg, Abend auf der Reeperbahn mit Besuch im Cuneo und Schmidt

Wir stehen etwas früher auf, damit wir noch knapp zwei Stunden durch Heilbronn streifen können.
Bei der Vorbereitung haben wir verblüfft festgestellt, dass Heilbronn eine Großstadt ist, mit 122.000 Einwohnern, wobei der Kernort nur 54.000 hat, womit sich die Verwunderung wieder auflöst.
Wir durchqueren die Innenstadt von Nord nach Süd: erst zur Nikolaikirche, dann die Fußgängerzone entlang zum Marktplatz. Hier sehen wir das Rathaus mit seinen Uhren, das Kätchenhaus mit Erker und das Haus Zehender. In die zentrale Kilians-Kirche, seit 1528 reformiert, gehen wir hinein. Sie wird intensiv genutzt: um 11 Uhr ist ein öffentliches Marktkonzert auf der großen modernen Orgel, das Publikum sucht schon Plätze. Beeindruckend ist der unbemalte große Schnitzaltar von Hans Seyfer 1498. Der Marktplatz ist gleichzeitig Straßenbahnhaltestelle; wir stellen überrascht fest, dass hier das kombinierte Straßenbahn- und S-Bahn-System von Karlsruhe als S4 noch weiter bis Öhringen fährt. In Eppingen ist der Anschluss an unser Rhein-Neckar-S-Bahn-System mit unserer neuen S5. Auf den zentralen Plätzen herrscht Wahlkampf-Endspurt: Alle Parteien haben Stände, die Themen Atomkraft und S21 sind unübersehbar. Wir gehen durch den Deutschhof mit dem Deutschordensmünster. Südlich davon liegen zwei Einkaufszentren, östlich davon die kürzere, aber deutlich belebtere Fußgängerstraße Fleiner Straße. Am Götzenturm erreichen wir den Neckar. An der Brücke gibt es ein Feld mit Liebesschlössern, wie an der Deutzer Brücke in Köln in klein. Die Obere Neckarstraße gehen wir am Neckar entlang, dort sehen wir das Haus, in dem Marlis’ Tante lange gewohnt hat. Es ist in die Jahre gekommen, liegt von der Infrastruktur her jedoch optimal: direkt am Neckar mit gärtnerisch gestaltetem Ufer gegenüber, Fußgängerzone, S-Bahn, Marktplatz keine 200 Meter weit, und selbst zum Bahnhof kann man laufen, nicht mal ein Kilometer, was wir jetzt tun. Beim Blick zurück über den Neckar fassen wir zusammen: Durch Kriegszerstörungen blieb wenig erhalten, das wieder restauriert wurde; trotzdem ist es gelungen, eine recht angenehme, beruhigte Innenstadt zu schaffen, weil beim Wiederaufbau nach Plänen von H. Volkart drei- bis viergeschossige Putzbauten mit Satteldach und Stilelementen eines “barockisierenden Heimatstils” entstanden, und der alte Gassenverlauf aufgegriffen wurde. Auch nach der “zweiten Zerstörungswelle” in den 70er Jahren mit größeren Neubauten, Einkaufsklötzen und Beton blieb diese Optik hinreichend erhalten. Der Kurzbesuch hat uns gut gefallen.
In Hamburg, unserem nächsten Ziel, haben uns zwei Ideengeber dasselbe Ziel genannt, aber dazu morgen mehr. Bei grauem Himmel fahren wir bis Würzburg durch schöne Flusstäler mit vielen Weinhängen, sogar ein großes Solarfeld ist dabei. Nach Hannover wird das Wetter klarer, beim Aussteigen in Hamburg wird deutlich: auch viel kälter.
Heute abend haben wir schon von Ludwigshafen aus zwei Veranstaltungen gebucht. Wir fahren auf die Reeperbahn, es geht aber nicht um die dort üblichen Themen: Wir haben von dem ältesten italienischen Lokal in Deutschland gehört, dem Cuneo, seit 1905. Es liegt in der Davidstraße um die Ecke von der berühmten Polizeiwache. Es ist von außen völlig unscheinbar, da wären wir dran vorbeigegangen. Innen ist es alt, gemütlich, die Tische stehen so eng wie es geht, und alles ist besetzt, nicht nur jeder Tisch, sondern jeder der ca. 100 Plätze. Der Touristenanteil scheint klein zu sein. Die Speisekarte ist einfach gestaltet und übersichtlich wie in einer Trattoria. Offen gibt es nur einen Hauswein in den drei Farben. Alles geht aufmerksam, aber zügig. Nach einer Antipasti-Platte esse ich eine ganze Dorade, sehr gut, Marlis Crespelle mit Spinat, vorzüglich. Und alles bezahlbar.
Bis zur Schmidts Mitternachtsshow machen wir die Reeperbahn einmal rauf und runter: Viele junge, meist recht hübsche Prostituierte suchen nach Kundschaft, wohl wegen der Kälte sind nicht knappe Kleidung, sondern Moon-Boots aller Farben das Erkennungszeichen. An einer großen Theke schauen wir bei einem Bier dem Treiben zu. Als wirkungsvolle Animation spritzen die Bedienungen einen Strich Feuerzeugbenzin auf die Theke und zünden es an. Sieht echt gut aus und ist schnell abgebrannt. Ein kurzer Blick auf einschlägige Geschäfte fehlt nicht. Wir warten auf Einlass bei Schmidt’s Mitternachtsschau; um 0:20 gehts dann los. Ein schon lange in Deutschland heimischer Brite macht den Moderator und bringt gute Scherze, auch von seinen anfänglichen sprachlichen Missverständnissen und Deutschland. Er präsentiert vier Künstler mit Keulen, Bällen, Jojos und Musik. Alle können ihre Darbietungen fehlerfrei und lustig, es sind aber keine Größen. Diese Jonglage-Themen kennen wir zur Genüge, das reizt uns nicht so sehr. So nicken wir bei der fortgeschrittenen Zeit öfter ein. Die Zeitumstellung verbringen wir im Theater. Die S- und U-Bahnen fahren hier am Wochenende die ganze Nacht, sehr komfortabel. Entsprechend seltsam schaute mich die Frau am Nahverkehrs-Schalter an, als ich nach einem Nachtbusplan fragte. Und die Züge sind eher voller als am Tag. Zum Schreiben reichts es in der Nacht nicht mehr.

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25. März: von Radolfzell nach Heilbronn

Radolfzell Innenstadt, Abstecher nach Stockach zu Freunden, Fahrt nach Heilbronn

Als wir das Hotel verlassen, ist der Rauhreif der Nacht längst verschwunden, die Sonne scheint und lässt die Luft laufend wärmer werden. Wir schlendern durch die Altstadt, die fast komplett verkehrsberuhigt ist, und schauen einige Gebäude an, die im Stadtplan erwähnt sind. Uns begegnet nichts Herausragendes, aber doch einige schöne Fachwerkhäuser und repräsentative Bauten wie das Österreichische Schlösschen aus der Renaissance und das gotische Münster mit reicher Innenausstattung und einigen barock veränderten Deckenbereichen. Die Atmosphäre ist abwechslungsreich und angenehm, es gibt nette Geschäfte und Cafés und einiges Publikum. Die alemannische Fasnet scheint von großer Bedeutung zu sein; vor einem Fotogeschäft gibt es ganze Wände mit Bildern, auch Postkarten zur Fasnet finden wir. Ein Kleinod ist der im früheren Stadtgraben versteckte, mit Beeten, Hecken und Frühlingsblumen schön gestaltete Stadtgarten. Auf der einen Seite ist die alte Stadtmauer mit Türmen an den Enden erhalten. Durch die versenkte Lage bekommt man den umgebenden Verkehr nicht mit, es ist eine Oase der Ruhe. Sehr belebt ist es am Seeufer, viele genießen die Sonne der Mittagszeit unter den noch unbelaubten Platanen.
Nachmittags besuchen wir per Zug unsere Freunde Rainer und Elke in Stockach. Gleich am Bahnhof steht eine sorgsam eingefriedete Skulptur mit U-Boot, die sich auf die städtische Partnerschaft mit dem U-Boot bezieht. Wir treffen uns zum Kaffee, es ist ein kurzes, freudiges und munteres Wiedersehen. Da es etwas knapp für den Zug wird, bringt Rainer uns ans Hotel in Radolfzell, wo wir unser Gepäck einsammeln. So erreichen wir gut unseren geplanten Anschluss nach Heilbronn. Der IC von Singen nach Stuttgart ist ein Schweizer Zug aus Zürich, gut besetzt, es ist ja auch Freitag abend. Leider schon im Dunkeln passieren wir Horb am Neckar, der Ort, der uns zu Beginn des Reisejahres so positiv überrascht hat. Für Heilbronn haben wir uns via Internet Zinser’s Weinstube ausgesucht, die wir bei unserer späten Ankunft auf dem Weg zum Hotel zum Abendessen besuchen wollen. Wir finden sie sofort und werden engagiert begrüßt, sozusagen schon erwartet. Zinser ist ein Weingut in Nordheim. Alle Weine, die uns interessieren, bekommen wir vorab zum Probieren. So wählen wir einen “Lemberger & Samtrot”, interessant. Die Küche hat extra auf uns gewartet und serviert uns Salat mit Maultaschen und schwäbischen Sauerbraten mit Spätzle. Sehr zufrieden gehen wir durch die Fußgängerzone, vorbei an einigen gut bevölkerten Kneipen mit frisch aufgebauter Außenbestuhlung, jetzt ist der Frühling auch in der Gastronomie angekommen!

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24. März: nach Radolfzell

Fahrt nach Radolfzell, Frühlingswanderung an der Promenade und durchs Naturschutzgebiet, Steinbalancierer (Ziel: Peter Krauss)

Diesmal haben wir kurzfristig zweimal umgeplant. Bei den Zielen in München und Passau ließen sich manche Termine zu dieser Jahreszeit nicht regeln. Also starten wir passend zum Wetter mit dem Bodensee. Als Folge hatten wir Neumünster überlegt, doch genau jetzt hat der Stadtarchivar Urlaub. Rausgekommen sind jetzt Heilbronn, Hamburg, Bremerhaven und Münster.
Die Abfahrt ist, zumindest für mich, wie immer knapp. Ich finde immer einen Weg, das so hinzubekommen, diesmal habe ich meinen Wecker zwar gestellt, aber nicht eingeschaltet. Die S-Bahn ist sekundengenau, ich auch, in den drei Sekunden Piepsen zum Türenschließen steige ich ein. Ich mag das, Marlis ist schon eine S-Bahn vorher nach Mannheim zum Frühstück holen gefahren. Das ist optimal, dann muss sie meine Just-in-Time-Kalkulation nicht miterleben.
Auch ohne mein Smartphone klappt alles, selbst das knappe Umsteigen in Baden-Baden, wir sitzen optimal im oberen Stock des IRE in einer eigenen Vierergruppe für die Fahrt im Sonnenschein durch den Schwarzwald. Durch viele kleine Tunnel und durch steile Bergtäler windet sich der Zug hoch. Kurz vor St. Georgen (806m ü.M.) liegt zwischen den Gleisen noch etwas Schnee.
Das ist der Abschied vom Winter. Es geht durch Villingen und Donaueschingen Richtung Bodensee. Die Donau ist ein breiter Bach. Bei der Einfahrt nach Singen bietet die Burg auf dem Hohentwiel einen imposantes Bild.
In Radolfzell fällt der Blick aus dem Zug direkt auf den See mit platanengesäumter Uferpromenade, auch vom Hotelzimmer haben wir Seeblick. Hierhin hat uns Peter Krauss geschickt: Ihm hat es dieser Ort angetan, seine Frau würde hier am liebsten hinziehen. Beide fahren kein Auto. Ihnen gefällt die Uferpromenade, die Naturschutzgebiete, das Naturfreundehaus und das Städtchen an sich.
Bei lauen Frühlingstemperaturen und Sonne machen wir uns am Seeufer entlang auf zur Mettnau-Halbinsel mit ihrem Naturschutzgebiet. Jachthafen, Konzertmuschel, Villen, Kurkliniken säumen den Weg durch den schönen Uferpark mit alten Bäumen und Rasenflächen mit Veilchen und anderen Frühlingsblumen. Bäume zeigen Knospen oder erstes Grün. Das Bauamt vermisst vom Ufer aus die Bojenverlegung auf dem See. Auf der Straße findet ein Fotoshooting mit allen Nahverkehrsfahrzeugen der Stadtwerke statt. Vor dem Kiesstrand sind Enten und Schwäne sehr aktiv. Wege und Bänke sind gut bevölkert….das alles ist Frühlingsanfang am Bodensee! Wir erreichen das weite Gelände des Strandbades. Hier entdecken wir gleich die Steinesammlung mit dem Steinskulpturengärtchen, auf das uns unser Ideengeber Peter Krauss aufmerksam gemacht hat. Volker Paul balanciert seit 1997 Steine. Er hat das zu einer echten Meisterschaft gebracht, es ist sein Alleinstellungsmerkmal. Täglich trainiert er, und so stapelt er in kürzester Zeit kleine und große Steine zu Türmen, Pagoden, Tempeln und anderen Phantasiefiguren. Er hat den totalen Blick für die Schwerpunktlinie und die ruhige Hand mit millimetergenauem Gefühl für das labile Gleichgewicht und die Reibung zwischen den Steinen, und kann sich auch bei großem Publikum vollständig darauf konzentrieren. Die Skulpturen können bis zu zwei Meter hoch werden, aber sie sind sehr fragil und unbeständig. Der sieben Steine hohe Turm, den wir vorfinden, steht schon seit gestern. Kein Wind hat ihn umgeworfen, kein Hund ist drangestoßen. Als wir schon alles genau betrachtet haben, kommt der Künstler an seine öffentliche Trainingsstätte und erzählt von seiner Idee, und wie er sich durch laufendes Training die jetzigen Fähigkeiten erarbeitet hat. Schnell baut er dabei ein paar Türme, dicke Steine auf ganz dünnen. Er lebt vorwiegend von Events, auf denen er auftritt. In “Wetten, dass” hat er schon Bowlingkugeln und unbekannte Steine mit Erfolg auf Zeit gestapelt. Er ist nicht der einzige, der sich hier ähnlich lange mit Steinestapeln beschäftigt: Der Lebenskünstler “Sepp Bögle, An der Mole, letzter Baum, Radolfzell” lebt von April bis Oktober hier.
Nach der beeindruckenden Vorstellung von Volker Paul kehren wir erstmal im Strandcafé ein. Die sonnenbeschienene Terrasse ist voll besetzt, es gibt hervorragende Torten. In der Abendsonne begeben wir uns vorbei am Kurzentrum Mettnaukur ins Naturschutzgebiet auf der Halbinselspitze, das man im März noch betreten darf. Vom hölzernen Aussichtsturm lässt sich gut fotografieren; hinter dem Naturfreundehaus am anderen Seeufer fahren die Züge nach Konstanz, unter uns Schilf und Schwäne. Auf der Turmtreppe bekommen wir den Tipp: stellen Sie 6500°K ein, dann gibt es ein tolles Braun – stimmt! Durch hohes Schilf an alten, verwachsenen Bäumen vorbei wandern wir durchs Moor an die Inselspitze mit vollem Blick auf die Insel Reichenau. Die matschigen Stellen werden durch drahtbespannte Bohlensteige überbrückt; die von der Touristeninfo empfohlenen Gummistiefel sind wirklich nicht nötig, wir haben sie auch nicht im Gepäck. Der Himmel über der Abendsonne ist kreuz und quer von Kondensstreifen durchzogen, das geht wohl vom Zürcher Flughafen aus. Auf dem Rückweg erleben wir den Sonnenuntergang durchs Schilf. AmStrandbad erreichen wir genau den stündlichen Stadtbus 5 zum Bahnhof und fahren sofort weiter nach Markelfingen. Mit einer Viertelstunde Nachtwanderung erreichen wir das Naturfreundehaus, außerhalb des Ortes gelegen mit langem Seeufer, komplett neu modern saniert. Die Gastronomie ist offensichtlich beliebt; wir belegen den letzten Fenstertisch. Es gibt solides regionales Essen, auch Bodenseefisch, zu normalen Preisen. Auf dem Rückweg machen wir in Radolfzell noch einen kurzen Abstecher in die Altstadt mit ein paar Kneipen als ersten Eindruck, morgen kommt die Stadt richtig dran, da ist sie bestimmt auch belebter.
Übrigens: Rechnerisch hätten wir jetzt mit Einzelfahrkarten die erste unserer zwei Bahnkarten abgefahren.

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Tücken der Technik

So langsam tritt das ein, was ich irgendwie erwartet hatte: wir müssen mit den Tücken der Technik klar kommen. Schon im November ist der neue GPS-Positionsfinder für die Kamera ausgefallen, also fehlt die Geocodierung. Braucht man auch nicht wirklich, es sei denn, wir wollten jedes Haus ins Netz auf die Landkarte stellen. Aber wer braucht das? Meinen UMTS-Stick von Windows XP hatte ich mit viel Mühe und Updates auf dem Netbook unter Windows 7 zum Laufen bekommen. Irgendwann Anfang Februar wollte das Netbook den Adapter nicht mehr finden. Da war das USB-Kabel kaputt. Unter XP lief er dann wieder, am Netbook hat alles nicht geholfen. Und unendlich viel Zeit zum Basteln habe ich nicht, wir verschieben deswegen schließlich keine Reise. Und unsere Tochter braucht diesmal ihren Stick, den ich als Reserve nutze, selbst. Also gibt es Veröffentlichungen nur, wenn Hotels oder Zug WLAN haben, das ist zum Glück fast immer. Der dritte Ausfall ist mein Nokia N97, mit Internet und Bahnabfragen, GPS und Kopplung zu unserem Weg-Tracker, Notizen, Landkarten und Stadtpläne, Fotos von Wanderkarten. Dazu habe ich sogar einen immer geladenen Ersatzakku zum Tauschen. Am Ende der letzen Reise blieb plötzlich das Display dunkel, auch der Touchscreen ging nicht mehr. Per Blindbedienung über die Tastatur habe ich zu Hause gerade noch eine Datensicherung der Notizen hinbekommen. Da zählt, wie bei allem, wenn es weitergehen muss, Redundanz, auch in unvorhersehbaren Fällen: Nothandy ist ein altes Nokia aus dem Auto, Internet, Bahnauskunft und Landkarten muss ich jetzt auf Marlis’ Iphone machen, das muss dann öfter geputzt werden. Notizen gibts jetzt mit Stift und gefaltetem Zettel in der Hemdtasche.

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19. März: Ausflug nach Gimmeldingen

Neustadt-Gimmeldingen: Mandelblütenfest (Ziel: Johanna)

Unsere Ideengeberin Johanna (Name geändert) hat uns einiges vom Ort ihrer Jugend – Neustadt an der Weinstraße – berichtet. Dazu gehört das Mandelblütenfest in Ortsteil Gimmeldingen. Der Termin wird erst eine Woche vorher festgelegt, eben wenn die Mandelbäume blühen. Das ist heute der Fall, die Sonne scheint seit dem Mittag, daher entscheiden wir uns zu diesem Kurzausflug mit unserer Haus-S-Bahn. Das Fest gibt es seit 40 Jahren, wir waren noch nie dort, auch unsere Ideengeberin nicht.
Die S-Bahn ist an dieem Samstag Nachmittag gut gefüllt, viele Ausflügler sind dabei. Wir laufen vom Bahnhof Neustadt-Mußbach die knapp zwei Kilometer in das direkt anschließende Gimmeldingen am ansteigenden Hang der Pfälzer Weinstraße. Auf dem Weg eine Pfälzer Mischung: Fachwerkhäuser und -schuppen, Villen und kleine Schlösschen, meist mit Weinbautradition, dazwischen Neubauten, und rundrum Straßen mit meist neueren Einfamilienhäusern. Schon auf dem Weg blühen in den Gärten und Höfen von Weinbauern Mandelbäume in rosa und weiß, sogar Fächerpalmen in großen Kübeln sind dabei. Gelber Ginster und Osterglocken vervollständigen das Frühlingsbild. Die Pfalz, in der wir leben und die wir besonders vom Wein her kennen, zeigt sich hier in malerisch-romantischem Kontrast zum Bergischen Land mit Schneeglöckchen vorgestern. Im hübschen Ortskern mit der kleinen Kirche passt das Dorfgemeinschaftshaus “Meerspinnhalle” gegenüber mit seiner Industriehallenoptik architektonisch nicht so ganz in die Ortsmitte. Bevor die Sonne hinter den Pfälzer Bergen untergeht, begeben wir uns, vorbei an zahlreichen Ständen mit Wein und Essbarem, dazu auch Jahrmarktsartikel und Straßenmusiker, an den Ortsausgang Richtung Königsbach. Der Panoramaweg durch die Weinberge ist gesäumt von alten, allesamt blühenden Mandelbäumen, die durch den Ginster farblich noch hervorgehoben werden. An Ständen in den Weinbergen gibts Sekt, sogar noch weißen Glühwein, Flammkuchen, Leberwurstbrot und anderes Essbares und natürlich Wein und Schorle aller Arten in den auf Pfälzer Festen üblichen großen Gefäßen und – wenn überhaupt – mit wenig Wasser. So blicken wir weit in die Rheinebene und beobachten die Lichtspiele, die die untergehende Sonne in den langsam beschatteten Weinbergen vollführt. An die aktuellen Weltprobleme werden wir durch das unübersehbar in der Bildmitte am Horizont stehende AKW Philippsburg erinnert. Mit der im Schatten aufkommenden Kühle wird uns wieder bewusst, dass der Frühling noch sehr jung ist. In der Dämmerung gehen wir zurück und genehmigen uns noch einen Glühwein. Die S-Bahn zurück ist richtig voll, fast jeder Sitzplatz ist besetzt – erfreulich, wie gut die seit 2003 in Rhein-Neckar-Raum bestehende S-Bahn angenommen wird.

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18. März: nach Olpe und zurück

Olpe(Ziel: Christian Deimel): Stadtarchiv, Stadtrundgang. Rückfahrt.

Heute morgen fahren wir mit dem Bus nach Olpe. Um uns den Umweg über Gummersbach und 45 Minuten früheres Aufstehen zu ersparen, bringt uns die Seniorchefin des Hotels fünf km weit nach Pernze, wo wir direkt in den Bus von Gummersbach einsteigen können. Durchs weiterhin stark zerfurchte Bergische Land wechseln wir ins Sauerland. Ab Drolshagen verfolgen wir die alte Bahntrasse, auf der keine Schienen mehr liegen. In Olpe ist von den mehreren Bahnsteigen und durchgehendem Gleis nur noch eine Haltestelle mit einem Gleis und Prellbock übriggeblieben. Stündlich kommt ein Triebwagen von Finnentrop an der Strecke Hagen-Siegen und fährt wieder zurück. Im Bahnhofsgebäude gibt es eine Kneipe mit vielen Spielautomaten, die für uns die Gepäckaufbewahrung übernimmt. Die frühere weiterführende Bahnstrecke ist mit Parkplätzen und Einkaufsmärkten bebaut.
Direkt vor dem Bahnhof liegen Rathaus und das alte Lyzeum mit ihrer Rückseite, wir sind sofort im Stadtarchiv. Es ist ein eigenes Reich unter dem Dach, alles mit Sammlerstücken dekoriert fast wie in einem Museum. Und das passt: es gibt einen Förderverein Stadtmuseum, in der Zeitung wird sehr konkret der Umbau des nicht mehr genutzten Bahnhofs diskutiert, hier wurde bereits Geld gesammelt. Wir forschen nach den Elternhäusern unserer Ideengeber, dem Weingroßhandel Deimel und der Martinus-Apotheke. Beide lagen nicht weit voneinander in der Martinstraße, dort haben sie sich kennengelernt. Bei Christians Namen Deimel werden wir umfangreich fündig.

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Die Gründung der Weinhandlung und Likörherstellung Emil Deimel lässt sich mühelos auf 1879 anhand von Daten in Kleinanzeigen in den Adressbüchern von 1899 und 1929 verfolgen. Der Name Deimel ist in der Gastronomie stark vertreten: Am Markt gibt es den “Goldenen Löwen”, der auch auf Deimel zurückgeht, Emil Deimel dürfte 1856 im Eckhaus vor der katholischen Kirche am Markt geboren sein, auch hierfür gibt es Urkunden. In der Chronik des Domkapitels gibt es Deimel als Lehrer, Jesuitenpater, Studenten und Forscher mindestens seit dem 17. Jahrhundert. Die Weinhandlung endet in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts; auch sonst ist der Name jetzt kaum mehr in der Geschäftswelt präsent. Die Forschung nach Waltrauds Mädchennamen fällt dürftiger aus. Wir finden 1966 in der Martinstraße eine Witwe mit dem Namen und die Martinus-Apotheke in der Nr. 12 mit dem Inhaber W. Maerz. Wir unterhalten uns mit dem Archivar Josef Wermert über Olpe. Er ist seit 22 Jahren hier und hat gerade den dritten Band der Stadtgeschichte rechtzeitig vor dem 700-jährigen Stadtjubiläum vollendet. Aus den Druckfahnen kopiert er uns zwei Seiten zu unserem Thema. Er berichtet von der sehr positiven Entwicklung der Stadt in den letzten Jahrzehnten in wirtschaftlicher und städtebaulicher Hinsicht, bestätigt aber auch unsere subjektive Erfahrung von Arnsberg, Ründeroth, Gummersbach und Olpe, dass das gastronomische Preisniveau im Bergischen und Sauerland traditionell etwas hoch ist.
Wir schauen uns das Stadtmodell von 2006 im Rathaus an und gehen in die nach dem letzten Stadtbrand 1795 auf einem Hügel mit neuem Grundriss ohne die frühere Stadtmauer neu angelegte Altstadt. Sie bietet ein recht geschlossenes Bild von einzeln stehenden stattlichen zwei- bis dreistöckigen Häusern, die in den oberen Stockwerken, im Giebel und meist an bestimmten Seiten mit Schiefer verkleidet sind. Die anderen Teile der Häuser sind weiß gestrichen und haben oft einen Fachwerk-Anteil. Dieses Weiß mit verschiedenen Grautönen macht einen stattlich-soliden, angenehm anzuschauenden Eindruck. Es gibt schöne inhabergeführte Geschäfte, auch Buchhandel, Feinkost und sehr aktuelle, auch gehobenere Mode und kaum Leerstand. Wir besuchen den Goldenen Löwen. Er ist sehr geschmackvoll modern eingerichtet und lädt zum Aufenthalt ein. Das Mittagsbüffet für 7,50€ ist wirklich seinen Preis wert, das sieht man auch an dem guten Besuch. Wir schauen auf Hinweis des Archivars in den alten Gewölbekeller, in dem ein gediegenes Abendrestaurant eingerichtet ist. Die Kirchen sehen wir nur von außen an, ebenso das kleine Gerberviertel am Olpebach unterhalb der Stadtmauerreste. Genauer forschen wir in der Martinstraße, der Einkaufsstraße in der Neustadt. Von den Häusern, mit denen Deimels Weinhandlung in Verbindung zu bringen ist, steht noch die Nr. 42, 44 und 53 sind Neubauten. Unter dem Haus durch fließt die Günse. Nach mehreren anderen Nachnutzungen ist seit einigen Jahren ein gut sortierter Fachmarkt für Elektro-Installationsmaterial und Geräte ansässig. Die Martinus-Apotheke ist jetzt in einem Neubau in der Nr. 23; die früheren Standorte in der Nr. 20 und im ursprünglichen Standort Nr. 12 sind jetzt Textilgeschäfte. Wir treffen den jetzigen Inhaber der Martinus-Apotheke, er berichtet übereinstimmend über die positive Entwicklung der Stadt, die er seit 1985 beobachtet. Die Innenstadt sei deswegen so lebendig, weil hier die Verwaltung den Bau großer Einkaufszentren am Stadtrand verhindert hat. Die Apothekenkonkurrenz allerdings ist groß; acht Apotheken in der Stadt, davon drei innerhalb 300 Metern in der Martinstraße, das sei zuviel. Für weitere Informationen verweist er uns an die Tochter seines Vorgängers, jetzt Inhaberin der Valentin-Apotheke, Frau Rose. Leider treffen wir sie nicht an. Wir steigen zufrieden den Zug nach Finnentrop; wir haben eine überraschend interessante Stadt gesehen und viel erfahren. Wir genießen schöne Ausblicke auf den Bigge-Stausee, an dessen Ende Olpe liegt, und der die Freizeit- und Urlaubsqualität seit den 60er Jahren nachhaltig gesteigert hat. Mit Umstiegen in Finnentrop, Siegen, Gießen, Frankfurt und Mannheim kehren wir – stressfrei und komplett pünktlich – nach Ludwigshafen zurück.

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17. März: nach Lieberhausen

Über Köln und Gummersbach nach Lieberhausen. (Ziel: Deimels)
Nachtwanderung zum Essen.

Heute starten wir eine Kurz-Rundreise. Waltraud und Christian haben uns ins Bergische Land geschickt, wo wir schon einmal waren, in Ründeroth und Wallefeld. Als ersten Ort nehmen wir uns Lieberhausen bei Gummersbach vor. Die Strecke kennen wir: Köln und durchs Aggertal, diesmal allerdings bis zum Ende in Gummersbach. Die Züge sind auf die Minute pünktlich, dabei hatten wir mit Streiks gerechnet. Einzige Mini-Panne der Bahn: Im letzten Wagen des ICE muten die Reservierungen etwas seltsam an, die Fahrgäste wollen auf die freien Plätze, und die ab Flughafen reservierten bleiben leer. Es klärt sich nachher auf: Die Anzeigen an den Wagenenden zeigen den richtigen Zug, die Displays im Eingangsbereich einen anderen, der schon eine Stunde weiter und in Bochum ist, und der Bordcomputer zeigt die Reservierungen dieses Zuges. Nach Gummersbach fahren wir in modernen Talent-Diesel-Triebwagen. Wir wundern uns, dass unsere Scheibe als einzige beschlagen ist. Bald finden wir die Lösung: In der Doppelscheibe steht Wasser. Wir können sehr schön beobachten, wie der Zug beschleunigt und bremst, sogar Wellen gibt es. Ich beobachte dieses physikalische Experiment ausgiebig, muss mich dann aber doch Marlis’ Wunsch nach besserer Sicht beugen und wir wechseln den Platz. In Ludwigshafen war es schon trübe, im Bergischen Land sitzen wir direkt in den nässenden Wolken. In Gummersbach werfen wir den Blick in die kurze, breite Fußgängerzone, beherrscht von einem Saturn-Markt. Mit dem Bus geht es nach Lieberhausen.
Das 300-Seelen-Dorf hat einen Gasthof, in dem übernachten wir. Das Restaurant hat leider heute Ruhetag. Wir haben ein Zimmer mit Himmelbett und Butzenscheiben, gegenüber der Bushaltestelle, direkt am Kirchplatz. Die Kirche wird “Bunte Kerke” genannt, hier haben Waltraud und Christian 1966 ökumenisch geheiratet mit dem Hochzeitsspruch “Du bist der Quell meines Lebens”. Es ist eine kleine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika mit den ältesten Teilen von 1100. Im 15. Jahrhundert wurde sie um ein gotsches Querschiff mit Chor erweitert. Das besondere, wenn nicht einmalige ist die fast vollständige Bemalung der Innenwände und Decken mit mittelalterlichen Motiven. Monika Kretschmer erklärt uns alles in einer einstündigen Führung. Die ersten Malereien entstanden um 1480, seit 1586 ist der Ort und die Kirche evangelisch. Welche Bedeutung die Bilder für die Menschen, die überwiegend nicht lesen konnten, damals hatten, wissen wir seit unserem Besuch in Wittenberg genau. Nach der Reformation wurden 1589 die Wandbilder sogar restauriert, ergänzt und Texte eingefügt. 1850 waren sie den Bürgern “zu bunt” und wurden weiß übertüncht. 1911 wurden sie wiederentdeckt, freigelegt und restauriert, 1954 nochmals. Farblich orientierte man sich dabei an dem kunstgeschichtlich wertvollsten Kreuzigungs-Bild aus der ersten Malphase, so dass die Kirche ein schönes geschlossenes Bild abgibt. Themen sind die Apostel, die zehn Gebote, viele Bilder mit Maria und dem Christuskind und Szenen aus dem Leben von Christus und den Heiligen. Alles lässt sich durch die handlichen Ausmaße der Kirche sehr gut betrachten. Die kompakte zentrale Anordnung von Altar, Kanzel und Orgelprospekt im Chor macht sich gut.
Wir laufen durch den hübschen Ort mit typisch bergischem Fachwerk mit Schiefer. Zweimal bekam er bundesweit Silber im Wettbewerb “Unser Dorf soll schöner werden”. In vielen Gärten wachsen Massen von Schneeglöckchen und Krokusse. Wir haben von einem Heizwerk im Ort gehört und fragen eine Passantin; mit diesen Auskünften finden wir es sogar im Nebel auf dem Berg über dem Ort. Der Heimatverein hat die Anlage initiiert, sie wird mit Holzschnitzeln aus Restholz betrieben und versorgt den ganzen Ort mit Fernwärme. Bei Engpässen kann auch Öl verfeuert werden. 2001 bekam die Anlage einen Umweltpreis von Bärbel Höhn.
Wir wandern über den Berg zwei Kilometer nach Niederrengse, dort ist das nächste Gasthaus. Die Wanderkarte ist mal wieder ein Handyfoto der Infotafel des Ortes. Die Landschaft ist sehr bergig, einzelne Stellen könnten auch in den niederen Alpen sein. Alles ist feucht und viel weiter zurück als in Ludwigshafen. Die Rengser Mühle ist nicht ganz unser Stil, die Betonung von Edelsteinen und Lebendigem Wasser finden wir etwas übertrieben, die Preise gehoben. Wir starten mit einer leckeren und heißen Sellerierahmsuppe mit Trüffel. Es folgt die lokale Spezialität, ein 15 cm hoher Eierkuchen für zwei. Er ist mit ungesüßtem Eischnee gefüllt, und unsere Variante halb mit Speck, halb mit Zucker belegt. Dazu wählen wir Schwarzbrot mit Butter und Preiselbeeren. Wir sind nach diesem besonderen Erlebnis pappsatt, es öfter zu essen wäre allerdings gewöhnungsbedürftig. Der Rückweg durch den Wald und der selten befahrenen Straße klappt bestens im Dunkeln dank der Stirnlampe, die wir immer mithaben. Da wir uns vom Hinweg schon auskennen, kommt uns der Rückweg kurz vor. Marlis ist müde vom frühen Aufstehen und schläft, ich habe Ruhe zum Tippen.

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Bericht zu unserem Besuch in Joachimsthal

Die Märkische Oderzeitung hat am 9. März über uns berichtet.
Bezug ist unser Besuch in Poratz und Joachimsthal vom 7. bis 9. März
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