18. März: nach Olpe und zurück

Olpe(Ziel: Christian Deimel): Stadtarchiv, Stadtrundgang. Rückfahrt.

Heute morgen fahren wir mit dem Bus nach Olpe. Um uns den Umweg über Gummersbach und 45 Minuten früheres Aufstehen zu ersparen, bringt uns die Seniorchefin des Hotels fünf km weit nach Pernze, wo wir direkt in den Bus von Gummersbach einsteigen können. Durchs weiterhin stark zerfurchte Bergische Land wechseln wir ins Sauerland. Ab Drolshagen verfolgen wir die alte Bahntrasse, auf der keine Schienen mehr liegen. In Olpe ist von den mehreren Bahnsteigen und durchgehendem Gleis nur noch eine Haltestelle mit einem Gleis und Prellbock übriggeblieben. Stündlich kommt ein Triebwagen von Finnentrop an der Strecke Hagen-Siegen und fährt wieder zurück. Im Bahnhofsgebäude gibt es eine Kneipe mit vielen Spielautomaten, die für uns die Gepäckaufbewahrung übernimmt. Die frühere weiterführende Bahnstrecke ist mit Parkplätzen und Einkaufsmärkten bebaut.
Direkt vor dem Bahnhof liegen Rathaus und das alte Lyzeum mit ihrer Rückseite, wir sind sofort im Stadtarchiv. Es ist ein eigenes Reich unter dem Dach, alles mit Sammlerstücken dekoriert fast wie in einem Museum. Und das passt: es gibt einen Förderverein Stadtmuseum, in der Zeitung wird sehr konkret der Umbau des nicht mehr genutzten Bahnhofs diskutiert, hier wurde bereits Geld gesammelt. Wir forschen nach den Elternhäusern unserer Ideengeber, dem Weingroßhandel Deimel und der Martinus-Apotheke. Beide lagen nicht weit voneinander in der Martinstraße, dort haben sie sich kennengelernt. Bei Christians Namen Deimel werden wir umfangreich fündig.

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Die Gründung der Weinhandlung und Likörherstellung Emil Deimel lässt sich mühelos auf 1879 anhand von Daten in Kleinanzeigen in den Adressbüchern von 1899 und 1929 verfolgen. Der Name Deimel ist in der Gastronomie stark vertreten: Am Markt gibt es den “Goldenen Löwen”, der auch auf Deimel zurückgeht, Emil Deimel dürfte 1856 im Eckhaus vor der katholischen Kirche am Markt geboren sein, auch hierfür gibt es Urkunden. In der Chronik des Domkapitels gibt es Deimel als Lehrer, Jesuitenpater, Studenten und Forscher mindestens seit dem 17. Jahrhundert. Die Weinhandlung endet in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts; auch sonst ist der Name jetzt kaum mehr in der Geschäftswelt präsent. Die Forschung nach Waltrauds Mädchennamen fällt dürftiger aus. Wir finden 1966 in der Martinstraße eine Witwe mit dem Namen und die Martinus-Apotheke in der Nr. 12 mit dem Inhaber W. Maerz. Wir unterhalten uns mit dem Archivar Josef Wermert über Olpe. Er ist seit 22 Jahren hier und hat gerade den dritten Band der Stadtgeschichte rechtzeitig vor dem 700-jährigen Stadtjubiläum vollendet. Aus den Druckfahnen kopiert er uns zwei Seiten zu unserem Thema. Er berichtet von der sehr positiven Entwicklung der Stadt in den letzten Jahrzehnten in wirtschaftlicher und städtebaulicher Hinsicht, bestätigt aber auch unsere subjektive Erfahrung von Arnsberg, Ründeroth, Gummersbach und Olpe, dass das gastronomische Preisniveau im Bergischen und Sauerland traditionell etwas hoch ist.
Wir schauen uns das Stadtmodell von 2006 im Rathaus an und gehen in die nach dem letzten Stadtbrand 1795 auf einem Hügel mit neuem Grundriss ohne die frühere Stadtmauer neu angelegte Altstadt. Sie bietet ein recht geschlossenes Bild von einzeln stehenden stattlichen zwei- bis dreistöckigen Häusern, die in den oberen Stockwerken, im Giebel und meist an bestimmten Seiten mit Schiefer verkleidet sind. Die anderen Teile der Häuser sind weiß gestrichen und haben oft einen Fachwerk-Anteil. Dieses Weiß mit verschiedenen Grautönen macht einen stattlich-soliden, angenehm anzuschauenden Eindruck. Es gibt schöne inhabergeführte Geschäfte, auch Buchhandel, Feinkost und sehr aktuelle, auch gehobenere Mode und kaum Leerstand. Wir besuchen den Goldenen Löwen. Er ist sehr geschmackvoll modern eingerichtet und lädt zum Aufenthalt ein. Das Mittagsbüffet für 7,50€ ist wirklich seinen Preis wert, das sieht man auch an dem guten Besuch. Wir schauen auf Hinweis des Archivars in den alten Gewölbekeller, in dem ein gediegenes Abendrestaurant eingerichtet ist. Die Kirchen sehen wir nur von außen an, ebenso das kleine Gerberviertel am Olpebach unterhalb der Stadtmauerreste. Genauer forschen wir in der Martinstraße, der Einkaufsstraße in der Neustadt. Von den Häusern, mit denen Deimels Weinhandlung in Verbindung zu bringen ist, steht noch die Nr. 42, 44 und 53 sind Neubauten. Unter dem Haus durch fließt die Günse. Nach mehreren anderen Nachnutzungen ist seit einigen Jahren ein gut sortierter Fachmarkt für Elektro-Installationsmaterial und Geräte ansässig. Die Martinus-Apotheke ist jetzt in einem Neubau in der Nr. 23; die früheren Standorte in der Nr. 20 und im ursprünglichen Standort Nr. 12 sind jetzt Textilgeschäfte. Wir treffen den jetzigen Inhaber der Martinus-Apotheke, er berichtet übereinstimmend über die positive Entwicklung der Stadt, die er seit 1985 beobachtet. Die Innenstadt sei deswegen so lebendig, weil hier die Verwaltung den Bau großer Einkaufszentren am Stadtrand verhindert hat. Die Apothekenkonkurrenz allerdings ist groß; acht Apotheken in der Stadt, davon drei innerhalb 300 Metern in der Martinstraße, das sei zuviel. Für weitere Informationen verweist er uns an die Tochter seines Vorgängers, jetzt Inhaberin der Valentin-Apotheke, Frau Rose. Leider treffen wir sie nicht an. Wir steigen zufrieden den Zug nach Finnentrop; wir haben eine überraschend interessante Stadt gesehen und viel erfahren. Wir genießen schöne Ausblicke auf den Bigge-Stausee, an dessen Ende Olpe liegt, und der die Freizeit- und Urlaubsqualität seit den 60er Jahren nachhaltig gesteigert hat. Mit Umstiegen in Finnentrop, Siegen, Gießen, Frankfurt und Mannheim kehren wir – stressfrei und komplett pünktlich – nach Ludwigshafen zurück.

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Eine Antwort auf 18. März: nach Olpe und zurück

  1. Deimel, Waltraud u. Christian Bockenheim sagt:

    Die Auffrischung in unserem eigenen Gedächtnis habt Ihr hier erfolgreich betrieben.
    Waltrauds Flucht(Familie) von Dresden über Unna endete damals vorläufig in Olpe. Bei Christian war es aus der anderen Richtung von Thionville über Hamburg nach Olpe, das waren unsere Kinder- und Jugendzeiten(1939-1954).
    Vielen Dank für den ausführlichen Bericht
    Waltraud und Christian
    Bockenheim