Technik für die zweite Hälfte

Mit etwas Aufwand haben wir die Technik wieder im Griff.
Das Foto-GPS ist auf Garantie ausgetauscht. Bei meinem Handy lohnte die Reparatur nicht mehr, und für Gewährleistung war es äußerlich zu ramponiert. Gerade passend las ich einen Test des Nokia E7, das auf demselben Betriebssystem aufbaut wie das alte, im Detail aber fast überall verbessert ist. Da die Vertragsverlängerung anstand, konnte ich es für die üblichen Rabatte bekommen und auch der Tarif wurde günstiger. Das Ganze habe ich noch mit einem Mini-UMTS-WLAN-Router mit Batterie und einem sehr günstigen Datentarif in einem anderen Netz ergänzt. Damit sind wir jetzt beim Schreiben und Recherchieren nicht auf WLAN in den Hotels angewiesen, ich kann in jedem Zug hochladen. Es funktioniert jetzt einiges noch besser als vorher, das Recherchieren und Einrichten hat allerdings einige Zeit zusätzlich gefressen.
Ich musste alle Kabel, Adapter, Netzteile, Batterien, Mehrfachstecker, Kartenleser neu sortieren und den ganzen Zoo funktional ordnen: was brauche ich im Hotel, was unterwegs, was auch zu Hause oder beruflich, sonst vergesse ich irgendwo immer irgendwas. Jetzt sollte es bis zum Ende des Reisejahres reichen. Vielleicht habe ich bis dahin auch alle wesentlichen Gerätefunktionen erforscht. Bestimmt gehts auch einfacher, und andere kommen mit weniger aus, für mich stimmts (leider) nur so.

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22. April: Ausflug nach Baden-Baden

Baden-Baden: Frühling, Parks, Genuss und Atmosphäre eines alten Bades

Wir nutzen die Ostertage zu Kurzausflügen ohne Übernachtung. Erschwerte Hotel-Suche und erhöhte Preise müssen wir uns nicht antun. Heute haben wir uns Baden-Baden vorgenommen. Wir waren schon öfter da, einmal wegen Tagungen meines Berufsverbandes, andererseits wegen des Museums Frieder Burda. Die Stadt ist zwar irgendwie mondän, aber auch ruhig und überschaubar. Das Besondere wird klar, wenn man die Diskussionen in der Stadt um eine mögliche Bewerbung als Weltkulturerbe verfolgt: Es geht um eine weitgehend erhaltene Bäderkultur aus dem 19. Jahrhundert, wo sich Baden-Baden in einer Liga mit Franzensbad, Karlsbad, Marienbad, Vichy und Spa sieht. Die besonderen Qualitäten der Stadt werden uns heute noch klarer.
Auf dem Hinweg erfahren wir zufällig, dass ab 15 Uhr die Strecke Baden-Baden – Rastatt wegen Brückentausch für drei Tage unterbrochen und Schienenersatzverkehr organisiert ist; wir holen uns am Bahnhof das passende Fahrplanheft.
In Baden-Baden ist immer erst eine Busfahrt dran, der Bahnhof liegt an der Hauptstrecke in der Rheinebene im Stadtteil Oos. Als erstes laufen wir das Café König in der Fußgängerzone am Augustaplatz an, Marlis’ Wunsch. Man sitzt draußen unter einer großen Kastanie. Es gibt eine kleine feine Tages-Speisekarte, und natürlich alle Patisserie-Produkte. Wegen Torten sind wir hier, also: Toulouse-Schnitte und Malakoff-Torte, so ziemlich das Beste, was uns in den letzten Monaten begegnet ist, nicht billig, aber preiswert. Guter Start! Wir haben kein Programm und schlendern die Lichtenthaler Allee entlang der Oos zum Kloster Lichtenthal. Drei Kilometer öffentlicher Park, immer am Fluss entlang, gut gefüllt, aber nicht überfüllt mit Flaneuren. Und alles gepflegt, aber nicht überpflegt, man spürt an vielen Stellen die lange Entwicklung. Die Bäume sind prachtvoll und riesig, die Gönner-Anlage ist schön bepflanzt, bevor die Rosen dran sind, die Klosterwiesen sind voll blühendem Löwenzahn, Reiher stehen in der Oos, die von Brückchen unterschiedlichen Alters überspannt ist, die direkt in die am anderen Ufer liegenden Villengrundstücke führen: Der Charme ist diese große offene Öffentlichkeit, und die Villen stellen zumindest eine passende Kulisse in einem Gesamtbild dar. Der Frühling bietet hier alles: durch die vielen alten Exoten sind schon bei den Bäumen alle Farben und Blütenarten vertreten, vielfältige Rhododendren und Azaleen, mindestens mannshoch, blühen oder haben es vor. Reiter haben ihre Wege. Kein Wunder, dass das schon im 19. Jahrhundert rumänischen Fürsten gefallen hat, siehe orthodoxe Stourdza-Grabkapelle oberhalb des wirklich schönen Michaelsbergs mit Wassertreppe hinter der Trinkhalle, mit riesigen alten Mammutbäumen. Das ist für mich die wahre Gartenschau: nicht auf Event und kurzfristigen Effekt ausgelegt, sondern zeitlos, eingewachsen und immer schön. Hier braucht man keinen Rasen, hier sind es Wiesen mit Löwenzahn und Gänseblümchen. Unterwegs kehren wir in einem Park-Café ein und beschließen den gelungenen Besuch, der uns nach der BuGa am Dienstag erst die Qualitäten eines solchen Ortes richtig vor Augen geführt hat, wieder mit dem Café König: Spargelcremesuppe und Schwarzwaldbecher. Und erneut erhalten wir Top-Qualität; hier gibt es Stammkunden mit Anspruch, Abfüttern geht hier nicht. Der Schienen-Ersatzverkehr zurück klappt wie angekündigt, plötzlich stehen fünf Busse vor dem Bahnhof, sogar uns bisher unbekannte Modelle mit Anhänger, in die sich ein kompletter Regionalzug ergießt. Sehr zufrieden beschließen wir den Ausflug auf unserer Terrasse über den Dächern von Ludwigshafen.

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19. April: Koblenz und zurück

Koblenz: Bundesgartenschau mit Seilbahn, Rückfahrt durchs Mittelrheintal in der Abendsonne

Wir haben kein Frühstück im Hotel, Termin ist das Auschecken.
Um die Ecke kennt Marlis ein schönes Café, dort bekommen wir preiswert bestes Frühstück nach Wahl und können bei diesem Wetter draußen sitzen. Um 12:30 haben wir die BuGa am Kurfürstlichen Schloss erreicht und die Kassenschlange gemeistert. Ich besitze jetzt eine BuGa-Kappe, denn mein gestern in der Bahn vergessener Hut ist nicht wieder aufgetaucht.
Die großen Quadrate vor dem Schloss sind mit Wegen kronenförmig unterteilt, die Beete symmetrisch bepflanzt, von weiß/gelb über blau zu dunkelroten Blüten. Jetzt herrschen Tulpen und Stiefmütterchen vor. Auch Rosensträucher sind schon gepflanzt, aber da blüht noch nichts. Die Beete sind entweder so gestaltet, dass sie gemäß den Blüteperioden immer neu bepflanzt werden, oder die Mischung ist so, dass immer etwas blüht. Auf dem Vorplatz gibt es Aktionsflächen und Vogelvolieren, im Schloss Theateraktionen. Der dahinter zum Rhein absteigende Schlosspark ist von zwei Rosenparterren geprägt, seitlich ist der Rhododendron-Hain unter großen Bäumen. Ein Teil der Rhododendren und Azaleen blüht schon prächtig; leider sind die Büsche, da neu gepflanzt, recht klein, nicht mannshoch wie in Irland. Das öffentliche Rheinufer bis zum Bereich am weiterhin öffentlich zugänglichen Deutschen Eck ist neu aufgeräumt und gestaltet. Koblenz hat hier einige Aufwertung erfahren. Direkt über dem Ufer-Eingang in den Bereich an der Moselmündung hängt die Seilbahn über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein. Die Bahn war schon voriges Jahr einige Monate im Probebetrieb. Unter leicht und luftig aussehenden, zeltartigen Endstationen steht massive Technik mit dickem Betonsockel. Der Weltmarktführer Doppelmayr aus Österreich hat die Bahn gebaut und betreibt sie auch. Es sind 18 Kabinen für bis zu 35 Personen; Kabine 17 hat sogar einen Glasboden. Die Anlage soll mit 3800 Personen pro Stunde und Richtung die weltweit größte Kapazität haben. Um das Unesco-Weltkulturerbe Mittelrhein nicht zu gefährden, soll sie ab November 2013 wieder abgebaut werden. Als wir kommen, ist jedenfalls erstmal Stau, es fahren nur leere Kabinen, dann steht alles. Man hört, ein Ersatzteil fehlt; später wird ein dicker Klotz nach oben gezogen. Gerade noch rechtzeitig für uns gehts um 16:30 wieder weiter, der Stau ist tatsächlich schnell abgebaut.
Der Bereich hier am Eck um die St. Kastor-Basilika ist gemischt: Blumenbeete, Rheinpromenade, Ausstellungen zur Flussnutzung, Kinderbelustigung, Gastronomie unter Bäumen. Am gesamten Rheinufer sind Schiffsanleger, es gibt eine offizielle BuGa-Fähre und viele Rundfahrt- und Linienverkehrsangebote. Kleine Mustergärten der Koblenzer Partnerstädte werden präsentiert, die zwar hochmodern gestylt sind, aber offensichtlich besonders pflegeleicht sein sollen, also mit möglichst wenig bis gar keinen Pflanzen auskommen. Wasser wird durch hellblaue Glasstückchen dargestellt, das ist zwar kreativ und in, aber auch für uns Designfans nicht gerade schön. Beeindruckt hat uns hier der Paradiesgarten am Kloster, der zum Meditieren einlädt, und wo wir mit einer Lesung überrascht werden. Wir schweben über das Wasser auf den Ehrenbreitstein, diese Fahrt ist wirklich ein – wenn auch kurzes – Erlebnis, besonders bei dem Wetter, mit toller Aussicht entlang des Rheins aus verschiedenen Höhen. Hinter der Festungsanlage ist ein großenteils offenes, über einen Kilometer langes Gelände rundherum gestaltet, mit Blumenanlagen, Sträuchern, Nutzpflanzen, Blumenhallen, Beispielgärten, prämierten Mustergrabstätten, an denen man eine richtige aktuelle Grabmode ablesen kann, Aussichtspunkt mit Waldlehrschau und etlichen anderen Pavillons vom Pilzanbauverband bis zum Weinbau. In den Räumen der Festung sind noch geschichtlich orientierte Ausstellungen untergebracht, zu denen unsere Zeit nicht reicht. Dazu müsste man wirklich von 10 bis Sonnenuntergang unterwegs sein, oder besser vor Ort wohnen und eine Dauerkarte haben. Mir gefällts gemischt, gestaltete Schlossgärten schaue ich mir lieber in eingewachsenem Zustand wie in Schwetzingen an, oder in englischen Landschaftsparks. Und die vielen Infotafeln und sonstigen Belehrungen sind sicher interessant für Familien, mir ist das zuviel und oft weitestgehend bekannt. Marlis gehts etwas umgekehrt: sie freut sich, dass so Koblenz endlich seinen Schlosspark aufgeräumt hat, und die Beete auf Ehrenbreitstein findet sie zu künstlich und damit langweilig. Nach einem ganzen Tag ohne eine Wolke schweben wir mit der Seilbahn zum Ausgang. Mit etwas Fußmarsch erreichen wir einen günstigen Shuttlebus zum Bahnhof und fahren zum romantischen Abschluss dieses Reiseabschnittes endlich auf der linksrheinischen IC-Strecke durch das Mittelrheintal in der Abendsonne nach Ludwigshafen zurück, vorbei an der Loreley, wo wir alle Orte wiedererkennen, die wir vor einigen Jahren gegenüber auf dem Rheinsteig erwandert haben. Reste meiner Erkältung reisen mit mir zurück.

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18. April: Königswinter, nach Koblenz

Königswinter(Ziel: Heide): Drachenburg, Drachenfels, Fähre, S-Bahn. Fahrt nach Koblenz.

Wir wissen noch nicht richtig, wie wir den Tag einteilen, und holen erstmal mit dem Texteschreiben auf. Die Sonne scheint, das wird den ganzen Tag so bleiben. So lassen wir es langsam angehen und machen uns auf den Weg auf den Drachenfels. Die nette grüne Zahnradbahn aus dem 19. Jahrhundert besichtigen wir, nehmen aber doch die Füße. Wir fahren ja genug Bahn, und sie wird uns beim Aufstieg noch öfter begegnen. Steil, aber kurz mit häufigen Rheinblicken steigen wir auf, kehren direkt hinter der hässlichen Nibelungenhalle – zu Wagners 100. Geburtstag errichtet, heute Reptilienzoo und andere Kinderbelustigung – in einem Weinlokal mit sonniger Terrasse ein und erreichen kurz darauf das Schloss Drachenburg. Das wurde 1883 in gerade mal zwei Jahren gebaut von einem Bankier, der in Paris bei Aktienspekulationen reich geworden war. Wahrscheinlich aus persönlichen Gründen hat er nie selbst dort gewohnt.
Die Erben haben es verkauft, es blieb zunächst in der Familie, später war es Schule, Lazarett, Eisenbahner-Ausbildungsstätte. Nach längerem Leerstand übernahm es ein Privatmann. Von dem hat es das Land Nordrhein-Westfalen gekauft und seit den 90er Jahren aufwendig rekonstruiert und restauriert. Der Park ist noch nicht ganz fertig, und die durch Kriegsbeschuss verloren gegangenen bunten Glasfenster warten auf Spender. Wir machen eine Führung mit, die uns die ganze Geschichte in rheinischem Dialekt erzählt, wie die Beschaffung der fehlenden passenden Möbel; die originalen wurden großenteils von den Zwischenbesitzern verkauft. Decken, Kuppeln und Türme, alles wurde wiederhergestellt. Zur Führung gehört ein Gang durch die Privaträume im 1. Stock mit prächtigen Schlaf- und Speisezimmern; hier gibt es heute auch zwei Trauzimmer. Der letzte Besitzer soll sogar vorgehabt haben, das Schloss weiß zu streichen, als rheinisches (kleines) Neuschwanstein. Nach kleinen Steigungen kommen wir auf der Drachenfelsruine an, außer ein paar Mauern ragt ein Turmrest weithin sichtbar empor, es gibt eine tolle Rundumsicht mit Godesburg, Kölner Dom und Siebengebirge, und das bei strahlend blauem Himmel. Das ganze Ensemble aus Rhein, Zahnradbahn, Drachenburg, Nibelungenhalle und Drachenfels mit dem Rundumblick ist offenbar so romantisch und beliebt, dass die Stadt Königswinter jetzt die ganze Achse vom Rhein bis zur Bahn und das Restaurant auf dem Drachenfels aufwändig modernisiert. Der Felsen unter der Ruine wurde schon früher mit etlichen Stahl- und Betonankern gesichert, nachdem er durch die Steinbrüche unterhalb brüchig geworden war. In Königswinter fährt sogar ein Gartenbähnchen vom Rheinanleger, wo auch die S-Bahn hält, zur Zahnradbahn, natürlich gibts passende Kombitickets. Und alles am Weg rüstet schon für den richtigen Saisonstart am Karfreitag, für den Rhein in Flammen am 7. Mai kann man überall auf Schiffen und Lokalen mit Blick reservieren, die Ufer werden beleuchtet und überall gibts Uferfeste. Wir gehen denselben Weg wieder runter. So haben wir wenigstens etwas von der Romantik mitbekommen, die Heide beim ersten Treffen mit ihrem jetzigen Mann beim Rhein in Flammen hier erlebt hat.
Wir haben noch etwas Zeit. Damit wir wenigstens etwas Schiff fahren, nehmen wir die Fähre nach Godesberg hin und gleich wieder zurück. Da kommt gerade die S-Bahn 66. Mit der fahren wir zwei Stationen zur nächsten Ausweichstelle in Rhöndorf am Rhein entlang. Die Gegenbahn kommt passend, nur müssen wir auf die andere Seite, und die Schranke geht runter. Zum Glück öffnet sie noch, bevor unsere Bahn fährt, und wir erreichen sie geradeso. Sonst wäre es knapp bis zum geplanten Zug geworden.
Dafür lasse ich in Koblenz meinen bewährten Strohhut gegen die Sonne im Zug liegen; ich hatte ihn nicht wie üblich ins Gepäck gesteckt. Als ich das 10 Minuten später merke, ist der Zug weg. Pech, jetzt muss ich das Fundsystem der Bahn bemühen. Und bei der BUGA morgen wird er mir fehlen.
In Koblenz beziehen wir unser schönes Hotel am Bahnhof und laufen in die Innenstadt, die ganz im Zeichen der BuGa steht, zum Essen. Am Münzplatz finden wir was passendes. Dann heisst es etwas Tippen und Schlafengehen, die blöde Erkältung ist schließlich immer noch nicht ganz weg.

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17. April: Köln, nach Königswinter

Köln: Besuch des Kolumba-Museums. Fahrt nach Königswinter: verkaufsoffener Sonntag, Rheinufer

Diesmal kein Hotelfrühstück, so können wir länger schlafen und frühstücken gegen Mittag auf dem Alten Markt in einer Kölner Kaffeebud, einem Frühstücksimbiss, einfach, gut, flott und preiswert. Nach Durchquerung der Fußgängerzone sind wir um 12 im Diözesanmuseum Kolumba, das wir seit seiner Eröffnung 2007 im Fokus haben, nachdem die Architektur des Neubaus von Peter Zumthor so hoch gelobt wurde. Von außen ist das Gebäude unscheinbar, es sieht aus wie ein Block aus beigem Backstein, in manchen Bereichen mit Löchern, oben einzelne große Fenster, drei Ecken etwas höher, zwei Eingangsöffnungen. Auffällig sind nur die in die Wände integrierten gotischen Grundmauern. Im Innern setzt sich diese einfache Klarheit fort: ineinander übergehende Raumquader aus Sichtbeton, von denen Seitenraumquader mit kleiner Stufe abgehen. Die glattgeschliffene Betonbodenplatte scheint wie eingelegt zu sein: an den Wänden ist immer eine schmale Fuge. So hat man das Gefühl, drin zu schweben. Licht von außen kommt erst im zweiten Stock: raumhohe breite Lücken im Beton, auf die die Fenster ohne Unterteilungen von außen aufgesetzt sind, vermitteln den Eindruck, unmittelbar draußen zu stehen, und eröffnen auch den Blick auf den Dom. Im Erdgeschoss ist die Ruine der kriegszerstörten St.-Kolumba-Kirche und das Ausgrabungsfeld in deren Innern ins Gebäude als Raum hinter einer Art Tresortür integriert, auch die darin direkt nach dem Krieg errichtete Kapelle “Madonna in den Trümmern” ist umbaut und durch den anderen Außeneingang als Kirche begehbar. Die Ruine der Sakristei liegt außerhalb offen und ist durch eine kleine Tür erreichbar. Das L-förmige Gebäude umfasst einen schlichten Innenhof mit geschottertem Boden, einzelnen Bäumchen, ein paar Stühlen und einer liegenden Skulptur. Innen gibt es keinen ausladenden Museumsshop, nur eingelassene Holzregale mit Büchern und Karten und keinerlei Plakatierung.
Die ersten und letzten Raumquader des Rundgangs, Garderobe und Leseraum, sind komplett in edlen, stark gemaserten Hölzern ausgekleidet; Schränke und Regale sind in die Wände eingelassen. Die Ausstellungspräsentation ist sparsam, nur ein Stück oder Zyklus auf einer Wand sowie einzelne Vitrinen. Als einzige Beschriftung gibt es Raum- und Vitrinen-Nummern. Der Besucher bekommt ein Heft, das die Werke in den Räumen beschreibt. Es ist die dritte Jahrespräsentation der Sammlung: Bis zu zweitausend Jahre Entstehungsabstand stehen in jedem Raum gegenüber, es reicht von römischer Zeit bis in die Gegenwart. Von etlichen Künstlern findet man Werke in verschiedenen Räumen. Das ganze Museum – Gebäude wie Sammlung – in seiner edlen, eventfreien, genialen Schlichtheit erzeugt eine andachtsvolle, staunende Stimmung, ein absolut einzigartiges Erlebnis, das wir so noch in keinem Kunstmuseum hatten. Soweit wir Erwartungen hatten, sind sie komplett übertroffen worden. Dieses Museum ist ein Muss!
Wir beginnen nichts Neues mehr in Köln, sondern fahren direkt nach Königswinter, das uns Heide genannt hat: romantisches erstes Treffen beim Rhein in Flammen. Der ist in drei Wochen; wir wollen der Romantik bei Frühlingssonne nachspüren. Beim Gang durch die Hauptstraße in der Altstadt treffen wir auf einen verkaufsoffenen Sonntag; wir essen Waffeln, die ein Verein serviert. Es gibt leerstehende Läden wie in jedem Ort, der nahe einer Großstadt liegt und gut angebunden ist. Hier fährt der Zug nach Köln, die S-Bahn nach Bonn, und der Hauptort Königswinter hat kaum 5000 Einwohner; die Gesamtgröße von 40.000 erreicht die Stadt durch 8 ähnlich große Stadtteile, von denen die meisten im Siebengebirge liegen. Unser Hotel befindet sich direkt am Rheinufer an den Fähranlegern; der Blick geht auf Rhein und die Drachenburg mit Drachenfels. Die schöne Uferpromenade ist platanengesäumt, außerhalb der Hotel- und Restaurantzone stehen viele Villen in Parks, auch der Petersberg mit dem Gästehaus der Bundesregierung ist zu sehen. Den Tourismus gibts hier seit den Dampfschiffen 1826, als die Briten die Rheinromantik entdeckten, mit der rechtsrheinischen Eisenbahn ab 1870 wurde der Aufenthalt für breitere Schichten möglich. Heute wohnen hier viele, die in Bonn arbeiten, gleichzeitig gehört es zu den Bonner Naherholungsgebieten. Wir essen im “Alten Fährhaus” an der Promenade und sind dann bald müde. Am Fenster bietet uns der Vollmond beim Aufgang noch ein einmaliges, kurzes Schauspiel hinter dem Drachenfels.

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16. April: Köln

Auf Böll’s Spuren durch Köln, Einkaufsbummel, Moschee-Neubau und typisches Kölner Essen

Heute wollen wir um 10 Uhr auf den Spuren von Heinrich Böll wandeln, ganz im Sinne unseres Projektes. Wir haben diese literarische Führung im Programm der Böll-Stiftung gefunden. Deswegen sind wir schon gestern angereist; ich kann wegen der Erkältung schlecht schlafen, und Marlis wacht ungewöhnlich früh auf. Da hätten wir auch heute früh kommen können. Manchmal wird die Planung eben von menschlichen Befindlichkeiten durchkreuzt, gut so!
Es ist noch etwas kühl, doch die Sonne scheint konstant, gute Bedingungen. Markus Schäfer, Mitarbeiter des Böll-Archivs, treffen wir auf dem Heinrich-Böll-Platz, es sammeln sich zehn Mitläufer. Das Verhältnis der immer CDU-regierten Stadt zu ihrem Literatur-Nobelpreisträger war gespalten, da er sich öfter in die Politik einmischte, die Grünen unterstützte und manche Stellungnahmen zu Grundrechten in der heißen Zeit in den siebziger und achtziger Jahren als Sympathie mit der RAF missinterpretiert wurden. Ansätze, bestehende Plätze nach ihm zu benennen, scheiterten. Irgendwann kam man auf diesen unbenannten Platz hinter dem Dom zwischen Hauptbahnhof und Rhein neben der Hohenzollern-Brücke. Die Gesamtgestaltung des Platzes (1982–86) und die Skulptur „Ma’alot“ stammen vom israelischen Künstler Dani Karavan und stehen in keinem Zusammenhang mit der Benennung. Dem Tourist fällt der Platz wegen der regelmäßigen Absperrung und Bewachung der Fläche auf, weil darunter der Proberaum der Kölner Philharmonie liegt, deren Proben durch Trittschall gestört würden. Das kann man jetzt nicht mehr reparieren, ohne das Kunstwerk zu zerstören. Soviel zu Kölner Schildbürgerstreichen. Wir gehen geschickt zwischen Rhein und Hoher Straße durch, so dass wir nur Neues zu Gesicht bekommen. Wir erfahren seine Geburt zu wilhelminischen Zeiten und seine Erinnerung an die uniformierten Auftritte damals und seine Skepsis allem preußischen und institutionalisiertem gegenüber. Am Dom wird seine Meinung zu den beiden im 19. Jahrhundert hinzugefügten Türmen (die heute die Touristen anziehen) erläutert. Am Denkmal für Kardinal Frings geht es um seine katholische Grundeinstellung und die Bedeutung von Liturgie und Riten, aber auch seine Ablehnung des Klerus. Interessante Stellen aus seinen Romanen werden zitiert, und am Wallrafplatz vor dem WDR seine Zusammenarbeit mit dem Hörfunk erklärt. Wir gehen zur Einsturzstelle des Historischen Stadtarchivs an der Severinstraße. Das wollten wir schon immer sehen; in diesem Zusammenhang ist es besonders interessant. Kurz vor dem Einsturz hatten Bölls Erben viel Material an das Archiv übergeben, weil es dort sicherer aufgehoben sei. Es landete dann ganz unten in der Grube und wartet, soweit geborgen, auf die Restaurierung. Bölls Korrespondenz hat das Böll-Archiv unbeabsichtigt gerettet, weil sie kurz vorher zur Sichtung und Bearbeitung in die Räume in der Stadtbibliothek geholt worden waren. Die Archivare waren nach dem Brand in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar so stolz auf ihren Brandschutz, und dass sowas hier nicht passieren könne. Und dann passiert das übliche: eine Verkettung von Schlampereien, Zuständigkeitslücken und Filz führt zu “Unvorhergesehenem”: Einsturz durch U-Bahn-Bau. Bestehen da nicht Parallelen zu Fukushima und vielen anderen Vorkommnissen, die man so in Beruf und Politik erlebt, die meist gerade noch gut gehen oder glimpflich ablaufen? Und diese Menschheit maßt sich an, im Problemfall unbeherrschbare Techniken mit wirklich unabsehbaren und vor allem auch zugunsten eines kurzen Vorteiles weit in die Zukunft reichenden Risiken zu betreiben! Welch eine Überheblichkeit!
In de Stadtbibliothek beenden wir den spannenden Rundgang mit der Besichtigung von Bölls Arbeitszimmer, das dort mit Originalobjekten rekonstruiert ist. Er legte keinen Wert auf Repräsentatives; Hauptsache, die Bücher standen und die Schreibmaschine war auf der richtigen Höhe. Das Zimmer ist noch weniger repräsentativ als das von Ernst Bloch, das wir aus Ludwigshafen kennen. Den Nachmittag entspannen wir uns mit Rundgängen durch die am heutigen Samstag äußerst belebten Fußgängerzonen mit einzelnen Einkäufen und einer Einkehr im Café Reichhard am Dom mit teuren Torten, die aber ihr Geld wert sind. Von unserem Besuch in Köln-Ehrenfeld vor genau einem halben Jahr auf den Spuren von Gabriele ist noch ein Punkt übrig geblieben: Sie wäre mal gern ins Haus Scholzen auf der Venloer Straße Essen gegangen, das hat aber nie geklappt. Wir nehmen das zum Anlass, die Fortschritte der DITIB-Zentralmoschee anzusehen; dort war mittlerweile Richtfest, und wenn man sich das vorgesehene Glas zwischen den Betonschalen vorstellt, wird das ein architektonisch wirklich beeindruckender Bau.
Die Strecke zum Haus Scholzen ist Geschäftsstraße und teils voll in türkischer Hand. Wir erwarten ein einfaches, eher verstaubtes “übriggebliebenes” Lokal; statt dessen treffen wir auf ein beliebtes, gut geführtes Kölner Restaurant, in dem alles frisch gekocht wird und sogar selbst gebrannt wird. Es ist proppenvoll mit Gästen und Feiern. Wir essen bestens “Himmel und Äd”, und trinken dazu Kölsch und Haus-Bitter. Der Chef erzählt uns vom abendlichen Drei-Schicht-Betrieb: erst die Älteren, dann die Jüngeren zum Essen, danach der Thekenbetrieb mit den hauseigenen Absackern. Hier kämen Kölner und Gäste aus dem Umland, denen die Brauereigaststätten der Innenstadt nicht gut genug seien.
Auf dem Rückweg gibts in der Fußgängerzone noch einen Absacker mit Musik, es ist Shopping-Night, aber wie bei uns ist abends weniger los als am Nachmittag; bei den sowieso schon langen Öffnungszeiten sind solche Aktionen nicht eigentlich nötig; die Leute laufen eher nur herum, in den Läden ist es leer. Nach einem Kölsch bei Früh, an das wir uns von früher erinnerten, es aber nie wiedergefunden haben, gehts aufs Zimmer, Ausschlafen ist angesagt.

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15. April: nach Köln

Freitagabend-Fahrt nach Köln

Am Nachmittag wollen wir starten, kurzfristig wird der Abend draus, die Alltagsarbeiten sind nicht fertig. Praktisch, dass wir stündlich in Mannheim starten können. Wir rechnen Freitagabend mit einem vollen Zug, das stimmt auch, in einigen Einstiegsbereichen steht man, wir steigen gleich am richtigen Ende ein und ergattern noch einen guten Platz am Tisch. Noch in der Dämmerung erreichen wir Köln. In der Stadt und am Dom ist viel Betrieb. Wir steigen in unserem bewährten Hotel am Rhein ab und brechen gleich zu Peters Brauhaus in der Nähe auf. Wenige Kölsch und kleine Kölner Gerichte in belebter Atmosphäre, dann sind wir so müde, dass auch der Text für Samstag bleibt, zumal ich mir eine Erkältung eingefangen habe.

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14. April: Ausflug nach Stuttgart

Tagesfahrt nach Stuttgart zur SlowFood-Messe

Erster Abschnitt in der zweiten Hälfte! Die Halbzeit haben wir auf der “Langen Nacht der Museen” Rhein-Neckar mit dem Tandem gefeiert.
Nach einem Jahr Pause besuchen wir wieder die jährlich wiederkehrende Slowfood-Messe in Stuttgart. Am Bahnhof schauen wir kurz auf die Stuttgart21-Szene.
Heute, am ersten Messetag, ist von 14 bis 22 Uhr geöffnet, das passt uns gut.
Wie in Stuttgart üblich finden mehrere kleine Messen gleichzeitig statt, jede mit mindestens einer Messehalle, alle mit einer Eintrittskarte. Was nur auf den ersten Blick ein Vorteil ist: wenn einen die bevorzugte Messe wirklich interessiert, hat man für die anderen an dem Tag sowieso keine Zeit mehr.
Am Eingang staut es sich etwas; die meisten Besucher haben zwar die neumodischen Online-Tickets mit Barcode zu Hause ausgedruckt, aber die Scanner-Drehkreuze sind gesperrt, es wird von Hand gescannt, entsprechend groß sind die Menschentrauben. Wir werden gleich vor dem Eingang von einem Stuttgarter Slowfooder begrüßt, der in der Vinothek mithilft; wir kennen uns von einer Piemontreise im vorigen Jahr. In der ersten halben Halle gibt es interessante, meist internationale Produkte: Schüttelbrot aus Meran, italienische Trüffel, Allgäuer Bergkäse. In der Vinothek nehmen wir an einen Geschmackserlebnis teil: Käse und Wein. Es gibt harmonische, spannende, aber auch einseitige Kombinationen. Besonders gut kommen prägnante Weißweine mit reiferen Weichkäsen. Als nächste Veranstaltung folgt eine Blindverkostung von fünf Weizenbieren, die sehr unterschiedlich schmecken. Problemlos erkennen wir die zwei nicht kurzzeiterhitzten Biere, darunter das BergBräu des Vortragenden. Interessant ist immer wieder die geschmackliche Bandbreite beim Weizenbier; das gibt es beim Pils und Export so nicht.
Beschwingt starten wir die nächste Etappe, die uns in die zweite Halle und zuerst zum Stand von SlowFood führt. Auch in dieser Halle gibt es viele engagierte Genussmittelproduzenten; was auffällt, ist, dass von Messe zu Messe die angebotenen Produkte einen immer höheren Verarbeitungsgrad haben, was mir nicht so gefällt, auch wenn die Basis immer hochwertig und oft sogar biologisch ist. Wir probieren etliches, kaufen aber aus Transportgründen – wir sind ja in unserem Reisejahr nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs – erst am Ende der Messe besondere Kleinigkeiten wie Auerochsenfleich und Mini-Schüttelbrote. Auffallend ist, dass die Messe an einem Donnerstag, vor allem am Abend und an der langen Tafel schon sehr gut bevölkert ist; das haben wir so noch nicht erlebt. Vielleicht mag es an der speziell propagierten “Nacht der Sinne” von 19 bis 22 Uhr mit Beleuchtung zum Flanieren auch in den anderen Hallen liegen. Das hat offenbar viele jüngere Menschen, auch mit kleinen Kindern angezogen. Kurz vor zwölf treffen wir wieder in LU ein.

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Bericht in der MainPost zu Altenmünster

Am 14. April ist in der MainPost endlich ein Bericht zu unserem kurzen, aber sehr intensiven Besuch in Altenmünster bei Schweinfurt am 4. Februar erschienen.
Gut Ding will Weile haben, er ist dafür besonders gelungen:
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Bericht im ElbeKurier

Jetzt hat uns der Bericht in der Tageszeitung “ElbeKurier” vom 11. März erreicht.
Bezug ist unser Besuch in der Lutherstadt Wittenberg am 9. März.
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