19. April: Koblenz und zurück

Koblenz: Bundesgartenschau mit Seilbahn, Rückfahrt durchs Mittelrheintal in der Abendsonne

Wir haben kein Frühstück im Hotel, Termin ist das Auschecken.
Um die Ecke kennt Marlis ein schönes Café, dort bekommen wir preiswert bestes Frühstück nach Wahl und können bei diesem Wetter draußen sitzen. Um 12:30 haben wir die BuGa am Kurfürstlichen Schloss erreicht und die Kassenschlange gemeistert. Ich besitze jetzt eine BuGa-Kappe, denn mein gestern in der Bahn vergessener Hut ist nicht wieder aufgetaucht.
Die großen Quadrate vor dem Schloss sind mit Wegen kronenförmig unterteilt, die Beete symmetrisch bepflanzt, von weiß/gelb über blau zu dunkelroten Blüten. Jetzt herrschen Tulpen und Stiefmütterchen vor. Auch Rosensträucher sind schon gepflanzt, aber da blüht noch nichts. Die Beete sind entweder so gestaltet, dass sie gemäß den Blüteperioden immer neu bepflanzt werden, oder die Mischung ist so, dass immer etwas blüht. Auf dem Vorplatz gibt es Aktionsflächen und Vogelvolieren, im Schloss Theateraktionen. Der dahinter zum Rhein absteigende Schlosspark ist von zwei Rosenparterren geprägt, seitlich ist der Rhododendron-Hain unter großen Bäumen. Ein Teil der Rhododendren und Azaleen blüht schon prächtig; leider sind die Büsche, da neu gepflanzt, recht klein, nicht mannshoch wie in Irland. Das öffentliche Rheinufer bis zum Bereich am weiterhin öffentlich zugänglichen Deutschen Eck ist neu aufgeräumt und gestaltet. Koblenz hat hier einige Aufwertung erfahren. Direkt über dem Ufer-Eingang in den Bereich an der Moselmündung hängt die Seilbahn über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein. Die Bahn war schon voriges Jahr einige Monate im Probebetrieb. Unter leicht und luftig aussehenden, zeltartigen Endstationen steht massive Technik mit dickem Betonsockel. Der Weltmarktführer Doppelmayr aus Österreich hat die Bahn gebaut und betreibt sie auch. Es sind 18 Kabinen für bis zu 35 Personen; Kabine 17 hat sogar einen Glasboden. Die Anlage soll mit 3800 Personen pro Stunde und Richtung die weltweit größte Kapazität haben. Um das Unesco-Weltkulturerbe Mittelrhein nicht zu gefährden, soll sie ab November 2013 wieder abgebaut werden. Als wir kommen, ist jedenfalls erstmal Stau, es fahren nur leere Kabinen, dann steht alles. Man hört, ein Ersatzteil fehlt; später wird ein dicker Klotz nach oben gezogen. Gerade noch rechtzeitig für uns gehts um 16:30 wieder weiter, der Stau ist tatsächlich schnell abgebaut.
Der Bereich hier am Eck um die St. Kastor-Basilika ist gemischt: Blumenbeete, Rheinpromenade, Ausstellungen zur Flussnutzung, Kinderbelustigung, Gastronomie unter Bäumen. Am gesamten Rheinufer sind Schiffsanleger, es gibt eine offizielle BuGa-Fähre und viele Rundfahrt- und Linienverkehrsangebote. Kleine Mustergärten der Koblenzer Partnerstädte werden präsentiert, die zwar hochmodern gestylt sind, aber offensichtlich besonders pflegeleicht sein sollen, also mit möglichst wenig bis gar keinen Pflanzen auskommen. Wasser wird durch hellblaue Glasstückchen dargestellt, das ist zwar kreativ und in, aber auch für uns Designfans nicht gerade schön. Beeindruckt hat uns hier der Paradiesgarten am Kloster, der zum Meditieren einlädt, und wo wir mit einer Lesung überrascht werden. Wir schweben über das Wasser auf den Ehrenbreitstein, diese Fahrt ist wirklich ein – wenn auch kurzes – Erlebnis, besonders bei dem Wetter, mit toller Aussicht entlang des Rheins aus verschiedenen Höhen. Hinter der Festungsanlage ist ein großenteils offenes, über einen Kilometer langes Gelände rundherum gestaltet, mit Blumenanlagen, Sträuchern, Nutzpflanzen, Blumenhallen, Beispielgärten, prämierten Mustergrabstätten, an denen man eine richtige aktuelle Grabmode ablesen kann, Aussichtspunkt mit Waldlehrschau und etlichen anderen Pavillons vom Pilzanbauverband bis zum Weinbau. In den Räumen der Festung sind noch geschichtlich orientierte Ausstellungen untergebracht, zu denen unsere Zeit nicht reicht. Dazu müsste man wirklich von 10 bis Sonnenuntergang unterwegs sein, oder besser vor Ort wohnen und eine Dauerkarte haben. Mir gefällts gemischt, gestaltete Schlossgärten schaue ich mir lieber in eingewachsenem Zustand wie in Schwetzingen an, oder in englischen Landschaftsparks. Und die vielen Infotafeln und sonstigen Belehrungen sind sicher interessant für Familien, mir ist das zuviel und oft weitestgehend bekannt. Marlis gehts etwas umgekehrt: sie freut sich, dass so Koblenz endlich seinen Schlosspark aufgeräumt hat, und die Beete auf Ehrenbreitstein findet sie zu künstlich und damit langweilig. Nach einem ganzen Tag ohne eine Wolke schweben wir mit der Seilbahn zum Ausgang. Mit etwas Fußmarsch erreichen wir einen günstigen Shuttlebus zum Bahnhof und fahren zum romantischen Abschluss dieses Reiseabschnittes endlich auf der linksrheinischen IC-Strecke durch das Mittelrheintal in der Abendsonne nach Ludwigshafen zurück, vorbei an der Loreley, wo wir alle Orte wiedererkennen, die wir vor einigen Jahren gegenüber auf dem Rheinsteig erwandert haben. Reste meiner Erkältung reisen mit mir zurück.

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Eine Antwort auf 19. April: Koblenz und zurück

  1. Gabriele Heck sagt:

    Sag’ bloß, Joachim, Du hast Deinen legendären Hut verloren?

    Ansonsten haben es mir die letzten drei Fotos angetan (habe ich doch mal am Rhein gewohnt und bin sehr “anfällig” für solche Fotos) …