17. September: Berlin

Berlin: taz-Genossenschaftsversammlung (Ziel von mir) und taz-Panter-Preis

In unserem denkmalgeschützten, schick ausgebauten Hotel schlafen wir gut und lange, der Blick reicht in den weiten, ruhigen Hinterhof. Wir haben kein Frühstück gebucht, da der Aufpreis recht happig ist. Statt dessen gehen wir oben ins KaDeWe. Die Auswahl ist riesig, die Abrechnung unübersichtlich, die Gäste alle Touristen. Danach gehts zu meinem Wunschziel: Fast 20 Jahre lese ich die taz, schon immer wollte ich den Betrieb mal von innen sehen. In der Heinrich-Böll-Stiftung versammeln sich die Teilnehmer der Genossenschaftsversammlung; Marlis nutzt die Zeit in Berlin-Mitte, schaut sich den Touristenrummel am ehemaligen Checkpoint Charlie an, trifft auf eine Demo und geht über den Gendarmenmarkt. Die Versammlung ist mit etwa 300 Genossen gut besucht und alle Stühle genau voll, die Präsentationen sind gut vorbereitet, manche inhaltliche Stellungnahme von RedakteurInnen, besonders von Ulrike Herrmann, beeindruckt aufgrund ihrer scharfen Analyse. Die Diskussionsbeiträge sind auf hohem Niveau, der Umgang ist erstaunlich offen, hilfsbereit und solidarisch, die Leitung durch den Aufsichtsrat Hermann-Josef Tenhagen souverän. Es ist ein echtes Erlebnis, richtig spannend. Marlis stößt zum Buffet wieder dazu, danach geht es zur Verleihung des taz-Panter-Preises für Helden des Alltags ins gegenüberliegende Deutsche Theater von 1850. Hier sind es bestimmt 500 Gäste. Aus den vielen eingesandten Projekten sind sechs zur Präsentation ausgewählt; ausgefallen begleitet von der Band Erdmöbel präsentieren zwei ModeratorInnen, Katrin Bauerfeind und Gereon Asmuth von der taz, der das übrigens mindestens genauso gut macht, die Protagonisten, Jurymitglieder halten die Laudatio auf die zwei Preisträger – der Jury und der Leserwahl. Über die Projekte berichtet die taz ausführlich; auch uns hat das Preisträger-Projekt von Kazim Erdogan zur Kommunikation türkischstämmiger Männer sehr beeindruckt. Die kurzweilige Veranstaltung mit niveauvollen Redebeiträgen klingt mit einer Party im ganzen Haus aus, es macht Spaß, die Gäste zu beobachten, allein schon der Kleidungsstil ist lockerer, manchmal auch gewagter, als wir es von solchen Veranstaltungen gewohnt sind. Gegen Mitternacht verlassen wir das Fest, die S-Bahn ärgert uns noch etwas mit ihrem Baustellen-Pendelverkehr zwischen Zoo und Friedrichstraße, genau auf unserer Strecke. Etwas uneins sind wir uns heute abend schon, ich wäre noch länger geblieben, ich bin auf Veranstaltungen gern lange und finde es am Ende, unter dem harten Kern, immer am interessantesten, Marlis ist müde. Die Situation hatten wir länger nicht, heute lösen wir sie nicht besonders elegant, ich lasse mir etwas die Laune verderben und gehe mit. Bestimmt finden wir da in Zukunft souveränere Lösungen. Immerhin kommen wir bald ins Bett, bestimmt nicht verkehrt für morgen.

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16. September: Über Köln und Stendal nach Berlin

Berlin: Anfahrt mit einer Trauerfeier in Köln und Treffen mit Onkel Klaus in Stendal

Heute am Abend haben wir auf dem Weg nach Berlin einen Zwei-Stunden-Stopp in Stendal bei Marlis’ Onkel Klaus eingeplant. Vorher wollten wir im Kunstmuseum Wolfsburg die Ausstellung zu Henri Cartier-Bresson ansehen, daraus wird leider nichts. Statt dessen fahren wir früher los und machen einen Umweg über Köln aus tragischem Anlass: wir besuchen die Trauerfeier für einen unserer Ideengeber, dessen Ziel wir schon besucht haben, und der plötzlich und unerwartet in unserem Alter verstorben ist. Marlis übernimmt das Fotografieren, wir hören Redner, die mit ihm in verschiedenen Lebensabschnitten besonderen Kontakt hatten. Nach der Grablegung verabschieden wir uns, damit wir Onkel Klaus noch erreichen. Die Bahn spielt heute fast vorbildlich mit; nur in Stendal sind wir 13 Minuten zu spät, in Köln und Berlin zu früh. Das Treffen mit Klaus im Bahnhof Stendal ist wie immer munter, er bringt mit 85 immer noch bessere schlagfertige Sprüche als fast alle, und ist nach einer Kur wieder fit und das alte Urviech, zum Bahnhof ist er mit dem Fahrrad gekommen, obwohl er nach eigenem Bekunden faul ist. Im Dunkeln kommen wir in Berlin an, der mittlerweile bekannte Supermarkt am Bahnhof Zoo hat noch für die Getränkeversorgung auf, und in der Hotellounge nahe KaDeWe ist je später, umso mehr los, offensichtlich sind wir in Berlin vor der Wahl. Wir halten es bei einem lustigen Fernsehfilm noch länger aus, morgen starten wir nicht ganz so früh.

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15. September: Karlsruhe

Karlsruhe: Treffen mit Doris Baitinger (Ziel: Uli und Rolf)

Unsere Ideengeber Uli und Rolf haben von ihrer gemeinsamen Studienzeit in Karlsruhe und einer damaligen Freundin erzählt. Wir haben sie gefunden und Kontakt aufgenommen, das heutige Treffen wird die kürzeste Reise unseres Jahres. Uli hat Mathematik fürs Lehramt studiert, und damals in den 70er Jahren war sie mit ihrer Studienkollegin Doris Baitinger befreundet, die ihr im Studium fachlich und moralisch geholfen hat. Wir treffen sie in einem Gasthaus in der Nähe ihrer Wohnung in der Weststadt, pünktlicher als die Bahn. Meist haben sie sich in Ulis Wohnung, damals in der Oststadt, getroffen, Uli hat oft Gitarre gespielt. Wir haben im Winter mit der “Bar jeder Vernunft” schon ihr musikalisches Ziel in Berlin besucht. Ich kenne aus eigener Erfahrung die Härten des Mathematikstudiums – auch wenn man ganz gut ist, versteht man erstmal wenig. Und man merkt, das der Schulstoff eigentlich bloß Rechnen war. Sie hat schon in jungen Jahren damit begonnen, neben dem Lehrerdasein – das schlimmste war das Referendariat, sagt sie – politisch zu arbeiten, beginnend bei den Jusos. Seit 1989 ist sie im Gemeinderat, nur von 1999 bis 2004 aus privaten Gründen unterbrochen, und heute Fraktionsvorsitzende der SPD. Fast jeden Abend hat sie eine Sitzung. Sie ist zum Studium nach Karlsruhe gekommen, heute kann sie sich ein Leben nur noch in einer Großstadt vorstellen; in kleineren Städten empfindet sie die soziale Kontrolle als zu belastend. Da gehts ihr so wie uns, deswegen sind wir vor zehn Jahren von Grünstadt nach Ludwigshafen gezogen und haben es nie bereut. Wir entdecken eine weitere Gemeinsamkeit: Sie fährt kein Auto und genießt das Bahnfahren mit der Ruhe und der Zeit, die man dabei hat. Wir fragen, wie sie alles parallel schafft; sie sagt, straffe Organisation, sachliches Vorgehen, alles Eigenschaften, die bei MathematikerInnen wohl öfter vorkommen. Und: sie will bis zur normalen Pensionierung als Lehrerin arbeiten, wie schon seit dem Studium. Sie hat die Stundenzahl jeweils den Gegebenheiten angepasst, die Politik brauchte immer einige Zeit; sie hat es abgelehnt, in die Bundes- oder Landespolitik zu gehen, dann hätte sie den Kontakt zur Region verloren. Unser Gespräch dauert nur eineinviertel Stunden, Doris Baitinger hat noch einen Termin. Der Rückblick war schon spannend, nun fragen sie wir noch zum heutigen Karlsruhe, da wir außer vom ZKM und der Art Karlsruhe kaum etwas von der Stadt kennen, die eigentlich vor unserer Haustür liegt. Sie hebt die grüne Zone vom Bahnhof bis zum Schloss hervor und betont den Kontrast zwischen dem mittelalterlichen Stadtteil Durlach und der vor 300 Jahren planmäßig geometrisch vom bedeutenden klassizistischen Stadtarchitekten Weinbrenner angelegten Kernstadt. Restauranttipps nehmen wir ebenfalls gern mit. Wir verabschieden uns und treffen uns an der Straßenbahnhaltestelle kurz wieder. In der Abenddämmerung fahren wir zurück nach Mannheim und Ludwigshafen. Den Rest des Abends brauchen wir zur Vorbereitung der morgen recht frühen und langen Reise, der vorletzten unseres Jahres.

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12. September: Mittenwald und zurück

Mittenwald: Suche der amerikanischen Kasernen, Abschied vom Süden

Im neuen Hotel gibts länger Frühstück, das nutzen wir aus, ich gehe ins Hallenbad und veröffentliche Texte, Marlis schläft aus. Der angekündigte Regen hat sich offensichtlich schon in der Nacht ausgetobt, jetzt ist es ausgesprochen schön und bleibt auch so, nur etwas kälter als gestern. Wir kaufen einige Lebensmittel mit Erinnerungswert für unsere Tochter wie Käse und Bier. In der Fußgängerzone in Mittenwald ist es sehr belebt, allerdings beginnt bei den Läden schon die Mittagspause. In den Nebenstraßen finden wir weitere schöne alte bayrische Häuser. Was das betrifft, hat Mittenwald einiges zu bieten. Unsere Ideengeberin Carola hat in den Erinnerungen einen fünfwöchigen Erholungs-Aufenthalt bei ihrem Bruder 1947 notiert, in dem sie im Kasino der amerikanischen Kaserne verköstigt wurde. In einer Villa in der Nähe hat sie gewohnt. Amerikanisches Militär gibt es nicht mehr, dafür Bundeswehr-Standorte, die wir aufsuchen werden. Sie liegen drei Kilometer nördlich rechts der Isar, da die Busse nicht besonders passend fahren, machen wir das zu Fuß. Schon der ganz malerische Untermarkt ist nicht mehr touristisch, die Läden stehen leer. Noch im Ortsgebiet stoßen wir auf die Standortverwaltung mit Kreiswehrersatzamt; dieser Teil kann es nicht sein, er ist nach dem Krieg entstanden, die anderen Standorte hält der diensttuende Soldat jedoch für möglich. An der im Mittenwalder Ortsgebiet gerade geführten und eingefassten Isar gehen wir nach Norden, der Blick in die Gärten und Hinterhöfe ist relativ langweilig und weniger repräsentativ. Hinter dichten Bäumen versteckt im freien Feld finden wir die Karwendel-Kaserne, “Gebirgs- und Winterkampfschule”, Gefahrenstufe Alpha. Die Gebäude sind erkennbar älter mit wuchtigen Steinecken und Eingängen und einer alten Mauer drumherum. Der Wachsoldat am Eingang sagt, die Kaserne sei 1939 im dritten Reich errichtet worden, daher ist es wahrscheinlich, dass die Amerikaner sie bis zu Gründung der Bundeswehr genutzt haben; in Garmisch-Partenkirchen haben sie noch einen Standort. Betreten und Fotografieren ist nicht erlaubt. Wir ziehen zur Edelweiss-Kaserne mit Sportanlage davor, für die eine ähnliche Geschichte gilt. Mit einer Villa kann niemand was anfangen, es gibt allerdings ein Offiziersheim am Waldrand etwas südlich der Kasernen, das haben wir übersehen und gehen auf dem Rückweg vorbei. Entlang der Straße ist es ausgeschildert, ein wuchtiger, eingezäunter, allerdings nur videoüberwachter großer zweistöckiger Bau mit hohem Dach, der auch vor dem Krieg entstanden sein dürfte, versteckt hinter Bäumen. Wir machen ein Foto, auflösen können wir die Beschreibung nur zu Hause mit der Ideengeberin. Andere Villen kommen nicht in Frage; die ganze Bebauung südlich dürfte aus der Nachkriegszeit sein. Wenn es das Offiziersheim nicht war, kann es jedes größere freistehende Haus in Mittenwald sein und wäre nicht in der Nähe. Den weiteren Rückweg nehmen wir durch eine Seitenstraße; in fast jedem Haus gibt es Ferienwohnungen und Gästezimmer, die meist verblichenen Aushänge lassen stilistisch nichts Gutes erahnen. Im Zentrum von Mittenwald werden viele Straßen umgebaut; offensichtlich will man den Stil des Obermarkt-Ausbaus mit Bachlauf fortsetzen. Es bleibt noch etwas Zeit zum Kaffeetrinken. Ich steuere eine traditionsreiche Konditorei in der Fußgängerzone an, leider wohl nicht mehr die beste, das Tortenangebot ist eher langweilig. Geruhsam kommen wir zum Bahnhof, alles klappt pünktlich. Mit Postkartenwetter verabschieden sich Mittenwald mit den wuchtigen Karwendel- und Wetterstein-Gebirgen und Murnau und der Staffelsee bei der Durchfahrt, auch der Starnberger See zeigt sich von der besten Seite mit Ausflugslokalen und Schiffen. Bei Augsburg zum Sonnenuntergang ist es sogar komplett wolkenlos, der Himmel wird mit ausgedehntem Abendrot und großem Mond dunkel.

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11. September: Mittenwald und Wanderung

Mittenwald (Ziel: Karola): Hotelwechsel, Geigenbaumuseum, Wanderung über den großen Kranzberg nach Schloss Elmau und über Ferchensee und Lautersee zurück.

Das Frühstück im Hotel ist sogar halbwegs erträglich, endet allerdings um 9:30, so früh wie nie, Kommentar: “Morgenstund hat Gold im Mund, wir wollen auch mal fertig werden”, Frechheit. Wir treffen nur Wanderer und Motorradfahrer, die sind schon fast alle weg. Und der unerzogene dicke junge Hund und die Katze turnen durch die Räume. Wir ziehen schnellstmöglich um, im neuen Hotel mitten in der Fußgängerzone werden wir freundlichst empfangen und bekommen sogar ohne Aufpreis ein Riesen-Zimmer mit Balkon. Unsere Ideengeberin hat von Wanderungen nach Schloss Elmau berichtet, das werden wir nachher angehen. Vorher drehen wir eine Runde vorbei am Geigenbaumuseum; Geigenbau war auch schon 1947 ein Thema, die Tradition beginnt mit Matthias Klotz (1653-1743). Heute sind elf Meister aufgelistet; einige Namen von Meistern, die schon 1947 gelebt haben, erfahren wir von dem jungen Geigenbauer an der Kasse: Josef Kantuscher lebt noch, Franz Reindl und Matthias Klotz sind in den letzten Jahren gestorben. Ein älteres Paar in Tracht kommt aus der Messe ins Museum und legt im vollen Dialekt los, sie kommen vom Tegernsee. Das gibt ein lustiges und nur teilweise zu verstehendes Gespräch, das Marlis aufzeichnet. Wir verzichten aufs Museum, können dafür jetzt nach der Messe in die Kirche gehen, voller Barock, auch außen bemalt. Durch die bergseitigen Straßen mit alten Häusern steigen wir bei blauem Himmel und hochsommerlichen Temperaturen hoch zur Kranzberg-Talstation und weiter zur Korbinianhütte mit tollem Ausblick auf Mittenwald unter uns und dem Karwendel dahinter, dazu frische Buttermilch, lecker. Am Ende der Seilbahn wirds sehr belebt, viele gepflasterte und asphaltierte Wege, ein Barfußpfad, Spielplätze und sonstiger Eventkrempel, der Betrieb hält die 150 Höhenmeter bis auf den großen Kranzberg an. Wir haben für den Hinweg die anstrengende Route über den Berg mit 500 Höhenmetern gewählt, ab jetzt werden wir belohnt: voller Ausblick nach Norden mit dem Isarverlauf und nach Süden auf die Alpenkämme, alles mit guten Erklärungstafeln und der letzten Einkehr. Noch besser und anstrengender ist der nachfolgende Wegabschnitt, außerhalb der Reichweite der Normaltouristen, bis Elmau: im lichten Wald auf dem Kamm lang mit schönstem Licht, jetzt ganz alleine, auf schmalem Wurzelpfad immer rauf und runter, ein echter Wanderweg, das hat gelohnt. Wir steigen ab nach Schloss Elmau, Hotelanlage “Luxury Spa & Cultural Hideaway” mit gepflegter Anlage hinter Zäunen; wir geben uns um 17 Uhr mit dem Blick von außen auf die große Anlage mit Turm und noblen Autos zufrieden, sonst schaffen wir den Rückweg nicht mehr. Der Fußweg am rauschenden Ferchenbach ist nett, der Verlauf auf der Fahrstraße mit vielen Mountainbikern weniger, dafür gehts schnell vorwärts, kurz vor sechs bekommen wir außer der Reihe am Ferchensee in der Abendsonne noch was zu trinken. Ein paar hundert Meter weiter ist eine kleine Halbinsel mit Wiese und Einstieg zwischen dem Schilf; ich lasse mir das nicht entgehen und gehe schwimmen, die Sonne lugt gerade noch an der Wettersteinkante vorbei. Sehr lauschig, ein Erlebnis, kühl, aber nicht zu kalt, 1100m hoch. Ich bin begeistert, auch eine Wespe, die mich beim Einstieg hartnäckig belästigt, und eine andere, die sich an meinem Rucksack versteckt hat und mich beim Aufsetzen in den Daumenballen sticht – der erste und hoffentlich einzige Wespenstich im Reisejahr -, trüben den Eindruck nicht wirklich. In der Dämmerung steigen wir zum Lautersee hinunter und durch das unerwartet enge, steile, schöne Laintal mit einigen Wasserfällen, Marienstatuen und Kreuzen ab nach Mittenwald. Die Wahl zwischen den vielen Wegen vom See ist gelungen. Wir kommen zentral in Mittenwald raus und treffen mit den ersten Regentropfen im Hotel ein; die Wolken und etwas Grummeln haben schon die letzte halbe Stunde von hinten gedroht. Wie immer haben wir es geschafft, den Tag voll auszuknautschen; zufrieden gehen wir auf der überdachten Hotelterrasse eine Kleinigkeit essen, es ist immer noch gut warm, auch der plötzlich niederprasselnde Schauer stört nicht. Danach gelingt es mir endlich, die schon angefangenen Berichte der letzten drei Tage roh fertigzuschreiben, dann schlafe ich ein; wie lange Marlis es noch aushält, bekomme ich nicht mehr mit.

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10. September: Murnau und nach Mittenwald

Murnau(Ziel: Arndt Theuer): Schlossmuseum, Münter-Haus, Kirche St. Nikolaus, Rundfahrt auf dem Staffelsee und Rudern nach St. Jakob. Weiterfahrt nach Mittenwald.

Heute kommt der Kern von Arndt Theuers Idee, der Staffelsee dran, dazu die Sehenswürdigkeiten, und für uns beginnt der letzte Monat des Reisejahrs. Abends müssen wir Murnau verlassen, das Hotel ist besetzt. Damit das mit Öffnungs- und Abfahrtzeiten passt, haben wir uns einen Zeitplan gemacht und hoffen, dass das stressfrei abläuft. Den Morgen gestalten wir kompakter, kurz nach 10 sind wir schon unterwegs und schauen uns einige der wirklich guten Textilgeschäfte an, bevor wir uns ins Schlossmuseum begeben. Der für ein Schloss recht kleine, aber hohe Stufengiebelbau von 1230 überragt die hügelige Stadt und ist von vielen Stellen zu sehen, berühmt ist der Anblick vom Münter-Haus. Dem Museum könnte man ohne weiteres zwei statt die bei uns geplante eine Stunde widmen; ein kompaktes Stockwerk widmet sich dem Ort, dem großen Murnauer Moos im Süden und den zwei für Straßen- und Bahnbau lange Zeit sehr wichtigen Schotter-Steinbrüchen an dessen Rand. Weiter gehts mit dem “blauen Reiter”, der gemeinsamen Zeit von Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in Murnau 1909 bis 1914. Den größten Raum nimmt Gabriele Münter ein, die von 1931 bis zum Tod 1962 wieder in Murnau gelebt hat. Von ihr sind einige bedeutende Bilder, die wir schon in Ludwigshafen gesehen haben, in der Sammlung; von den anderen Malern eher Beispiele. Wir ziehen auf neuen Wegen, mit denen wir versuchen, die Bahn und die Umgehungsstraße geschickt zu überwinden, weiter zum Staffelsee. Arndt Theuer hat die kleine Insel St. Jakob zwischen dem Campingplatz auf der Halbinsel Burg und der größten Insel Wörth genannt, auf der er als Elfjähriger im Urlaub mit den Eltern übernachten wollte. Seehausen erscheint uns als geeigneter Ausgangspunkt für Bootsleihen und Seerundfahrt. Wir erreichen etwas knapp den Anleger, das Schiff kommt gerade an, wir gehen direkt drauf. Nebenan beim Bootsverleih gibts noch genügend Ruderboote, die brauchen wir danach für die Insel. Die Rundfahrt ist ausgesprochen schön, das Schiff fährt langsam und ruhig über den glatten See. Wir passieren die Insel St. Jakob und legen in Murnau an. Dort stürmen große Gruppen das Schiff, allein das Einsteigen dauert. Auf der weiteren Runde über Uffing passieren wir einige Inseln, auf denen Camper sind und Ruder-, Tret- und Schlauchboote angelegt haben, in Uffing liegt das Gasthaus Alpenblick direkt an der Anlegestelle, leider haben wir nicht die Zeit, um mit dem nächsten Schiff weiterzufahren. Insgesamt ist die Schiffsfahrt bei strahlender Sonne auf dem malerischen See mit Alpenpanorama ein Genuss. Drumrum gehts ruhig zu; es gibt nur ganz wenige motorisierte Boote, viele Schwimmer, Ruder- und Tretboote und Paddler. Wieder in Seehausen angekommen, gibts keine Ruderboote mehr, dafür eine Warteliste. Es droht, schief zu gehen. Da bekommen wir den Tipp, mit dem Schiff nach Murnau weiterzufahren. Das Schiff ist noch da, sofort sind wir drauf und dürfen sogar umsonst die Zusatzetappe fahren, das zweite Mal vorbei an St. Jakob. In Murnau spurte ich zum Verleih, die letzten zwei Boote fahren gerade weg, aber eins ist gerade angekommen, Glück gehabt. Das System ist einfach, 20€ Kaution, fahren solange es beliebt, hinterher abrechnen. Rudern liegt mir nun gar nicht, von hier ist es deutlich weiter als von Seehausen, es klappt aber irgendwie, und nach 30 Minuten sind wir auf der Insel, auf 10 x 25m Rautenform, so groß wie unsere Wohnung. Als vor Jahrhunderten die Pfarrkirche auf Wörth stand, war St. Jakob mittlerer Brückenpfeiler des Holzstegs dorthin. Ich schwimme von der Insel zum Campingplatz, in drei Minuten bin ich drüben, und zurück. Das Wasser ist kühl, keine 20° an der Oberfläche, drunter noch viel kühler, und doch angenehm. Dass diese bewaldete Insel direkt vor dem Campingplatz als Kind eine Attraktion war, können wir uns jetzt gut vorstellen, auch wir teilen die Insel mit vier anderen Booten. Der Rückweg rudert sich etwas schneller, ich scheine dazugelernt zu haben. Beim Abrechnen mit seiner handgeführten Liste will er uns zweieinhalb Stunden abnehmen, da hat er allerdings einen Eintrag übersehen, unseren Vorgänger wollen wir nicht mitbezahlen. Über die Hügel und die Bahn kommen wir flott zum Münter-Haus, wir kennen uns schon gut im Straßengewirr aus. Die Zeit bis zur Schließung reicht aus, um uns in dem kleinen Haus mit vielen Originalmöbeln umzusehen, die Ausstellungsstücke und den Garten zu sichten und die Ausblicke ins Moos und über den Ort auf Kirche und Schloss zu genießen und mit den Bildern zu vergleichen, die heutige Sonne passt dazu. Wir können den Einfluss der traditionellen Hinterglasmalerei nachvollziehen, auch die Einbettung ins Bayerische und den Ort, und erhalten Einblicke in die Bedeutung der Lebensabschnittsbeziehung des älteren Weltmannes Kandinsky, vorher Jurist und Universitätsdozent in Moskau, für Gabriele Münder, und seinen Einfluss auf die durchweg jüngeren Maler der Gruppe, und seinen Theorievorsprung, der sich ja in seiner späteren Bauhaustätigkeit noch weiterentwickelt hat. Hochinteressant, hier real Motive wiederzufinden, die man schon oft auf Bildern gesehen hat. Wir ziehen weiter zur Kirche St. Nikolaus am Hang, eine originelle Barockkirche, von außen mit einer üblichen Form, innen zwar mit Chor, aber das Schiff ist statt mit zwei Seitenschiffen als Rundbau mit riesigem runden Deckengemälde ausgeführt. Wir zünden ein Licht zum Gedenken an einen unserer Ideengeber an, von dessen frühem Tod wir gestern erfahren haben. Auf dem Friedhof, der von der Kirche aus langgestreckt wie ein Weinberg am Hang mit schönen Hecken und alten Gräbern liegt, finden wir tatsächlich oben das Grab von Gabriele Münter und ihrem letzten langjährigen Lebensgefährten Johannes Eichner, originell und schön bepflanzt und mit dem Blick auf ihr Haus ausgerichtet. Jetzt bleibt uns noch Zeit, in der empfohlenen Konditorei Kaffee und ein Stück wunderbarer Haustorte zu uns zu nehmen und gemütlich zum Bahnhof zu gehen. Knapp eine Stunde später erreichen wir in der Dämmerung in Mittenwald, auf dem Weg zum Hotel kaufen wir ein, dann die Überraschung: im Hotel hat man unsere Buchung nicht vermerkt, das Haus ist voll, wie an diesem letzten bayrischen Ferienwochenende bei Superwetter alle Unterkünfte, und die Ansprechpartner, mit denen Marlis zwei Mal telefoniert hat, sind nicht da. Das ist ein Novum im Reisejahr. Die anwesenden Angestellten sind hilflos, zum Glück kommt die Seniorchefin gleich und organisiert in der Nähe ein Zimmer, ab morgen hätte sie wieder was, und fährt uns dorthin. Das ist zwar billiger, aber in vielen Details unter dem Niveau, was uns guttut. Ohne Fernseher haben wir noch kein Zimmer erlebt, nur zwei Steckdosen für die Nachttischlampen, Zahlung nur bar, und so dunkel zwischen den Bergen eingeklemmt und nach Nordwesten, dass keine Sonne hinkommt und es richtig kalt ist. Zum Glück sorgen zwei Fenster über Eck für Licht. Wir lassen die warme Luft von draußen rein, da wird unten tatsächlich die Holzheizung mit entsprechender Geruchsentwicklung angeworfen, “fürs warme Wasser morgen früh”. Man kann schon was erleben. Zum Essen gehen wir nur bis zum nahegelegenen großen Brauerei-Gasthof der Mittenwalder Brauerei. Da werden wir und andere vom Ober der am Eingang gelegenen Braustube barsch und ohne dass wir selber was gefragt haben empfangen: “Hier nicht mehr, nur noch oben im Restaurant”. Der nächste Rekord im Reisejahr, da wird Mittenwald einiges gutzumachen haben. Wir gehen hoch ins Restaurant, da empfängt uns ein Jazz-Konzert, das das ganze große, etwas in die Jahre gekommene Restaurant beschallt, die Gruppe scheint gut zu sein, und das ganze gehört zum Mittenwalder Musiksommer, es passt aber nicht zum Essen und es gibt nur wenige interessierte freiwillige, dafür umso mehr gestörte Zwangs-Zuhörer. Die beiden Bedienungen hier oben versuchen nach Kräften, den schlechten Eindruck von unten – der ist wohl einschlägig bekannt – und das Jazzkonzert auszugleichen, so sind werden wir noch einigermaßen zufrieden satt. Zurück im Zimmer kommen wir auch ohne Fernseher aus, tippen noch und sind sowieso müde. So stehen ein erlebnisreicher Tag am wohl schönsten Ort des Reisejahres einem Kontrastprogramm in einem ausgesprochenen Touristenort gegenüber, den wir morgen hoffentlich angenehmer erleben werden, wir haben jedenfalls beim Essen für die zweite Nacht ein besseres Hotel gefunden und ziehen morgen früh um.
Nachtrag: Zwei Tage später hat sich Frau Obstler vom Hotel Bichlerhof, bei dem die Buchung schiefgegangen ist, von sich aus bei uns gemeldet und sich für die versehentlich als erledigt verschobene EMail entschuldigt. Als Ausgleich hat sie uns die halben Mittenwalder Übernachtungskosten überwiesen, eine wirklich gelungene Wiedergutmachung!

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9. September: Wanderung bei Oberammergau

Oberammergau: Ausflug mit Verwandten von Murnau, Wanderung auf den Pürschling

Wir werden direkt nach dem Frühstück von unseren Verwandten Peter und Christine, die wir schon früher in Lechbruck besucht hatten, mit dem Auto abgeholt. Sie haben sich eine Wandertour ausgesucht und fahren mit uns nach Oberammergau und ein Stück Richtung Kolbenalm. Wir steigen im Hang durch abwechslungsreichen Wald, der immer wieder Blicke auf Oberammergau öffnet, auf Richtung Pürschling. Kurz vor dem Gipfelkamm endet der Wald, die vorgelagerten Bergketten bilden eine Lücke und der Blick nach Norden in die Ebene ist frei. Wir entdecken den Hohenpeißenberg, unser Ziel aus dem März, er ragt wunderbar ausgebreitet mit seinen Türmen aus der Ebene. Überhaupt hat sich das kleine Regengebiet, das bei der Abfahrt noch für dunkle Wolken sorgte, und wohl der Grund für den Tropfen in der Wettervorhersage war, verzogen, wir haben beste Sicht und viele schöne Wolken am sonst tiefblauen Himmel. Auf den breiten Wegen, auf denen wir uns gut unterhalten können, fallen die 600 Meter Aufstieg kaum auf, auch die neuen Wanderschuhe von unserem Sponsor Schuh-Keller drücken nicht. Auf der Alpenvereinshütte füllen wir unsere Tanks auf, dann machen wir uns, nachdem es bisher so gut ging, auf zu den letzten 200 Höhenmetern, die diese Bergkette zu bieten hat. Jetzt wird es etwas kraxeliger, am Ende gibts ein kurzes Seilstück, und wir stehen am Gipfelkreuz des Latschenkopfes, nach Norden vor uns der Teufelstättkopf, den wir auch besteigen. Wir haben eine grandiose Sicht. Mit Hilfe der Handy-Karte, des Kompasses und der Wanderkarte können wir vieles ausmachen: Ammersee, Starnberger See, Staffelsee, Forggensee, Zugspitzmassiv, Alpspitze. Das hat sich gelohnt, die 200 Meter höher lassen die hohen weiten Kämme viel besser herausragen, und die tieferen Berge stehen beim Blick in die Ebene nicht so im Weg. Wir steigen auf ähnlichem Weg wieder ab und fahren nach Oberammergau hinein. Was wir sehen, ist bayerisch bunt angemalt und sehr touristisch; die Herrgottschnitzer mit Figuren in allen Größen sind da noch das Harmloseste. Für Schnelltouristen werden auch Kuckucksuhren auf Englisch und natürlich Käthe Wohlfahrt’s Christkindlmarkt im Sommer angeboten. Durch die Passionsspiele scheint das hier zum internationalen Ziel geworden zu sein, mit allen Übertreibungen. Das Eiscafé, das wir ansteuern, ist dagegen erstaunlich gut: bestes Eis und Tiramisu und sehr preiswert. Wir unterhalten uns länger und trennen uns am Bahnhof: jetzt fährt direkt die kleine Reginalbahn auf der eingleisigen Stichstrecke nach Murnau, seit 1905 elektrifiziert. Dort ist es schon dunkel, diese Bahn hält nahe am Ort, und wir sind schnell an der Hauptstraße, wo wir gleich bei der Weißbierbrauerei Karg einkehren. Es ist ein altes Brauhaus, das leichte Weißbier ist hervorragend, ebenso die Haxnsülze. Gesättigt kommen wir ins Hotel, zum Tippen reichts kaum, ich fange die fehlenden Tage nur an, und mache eine Grobplanung für Murnau morgen, bevor ich einschlafe.

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8. September: nach Murnau

Murnau: Anfahrt, Rundgang, erster Eindruck vom Staffelsee

Wir werden gerade so passend zum Start am Mittag mit allem fertig, auch mit dem Antrag für die Bahncard danach, bald beginnt ja der letzte Monat. Diesmal ist alles pünktlich, so klappt auch der Umstieg auf dem Chaos-Baustellen-Bahnhof München-Pasing (2008-2012, wenn das mal reicht, sieht jedenfalls nicht so aus). Malerisch vorbei am langen Starnberger See erreichen wir Murnau. Der Weg vom Bahnhof durch das Ortszentrum ist länglich, aber nicht langweilig. Der typische Rundbau der Tourist-Information aus den 70/80er Jahren steht am Rand der Innenstadt und ist nicht gerade spannend, wenn auch geräumig. Wir werden bayerisch selbstbewusst und doch kompetent beraten und haben jetzt alles, was wir für Murnau brauchen, kurz vor Schließung erfahren. Wir stoßen auf die Hauptachse, den Ober- und Untermarkt, die zentrale Fußgängerzone mit schönen Häusern, Straßencafés und einem angenehmen, unaufdringlichen, aber selbstbewussten Ambiente. So stellen wir uns eine Stadt vor, die in sich ruht, und sich nicht wegen der Touristen deren Klischee versucht anzupassen. Der erste Eindruck ist überaus positiv, das Hotel macht da keine Ausnahme. Es ist ein stattlicher alter Bau, dem Schloss nicht unähnlich, der 2002 vollkommen entkernt und innen geschmackvoll nach heutigen Bedürfnissen wiederaufgebaut wurde. Wir laden ab und ziehen los, kurz vor sechs. Wir wollen uns einen Eindruck vom Staffelsee verschaffen. Beim Weg zum Münter-Haus und zum Staffelsee haben wir einige Hügel, Straßen und Bahnübergänge zu finden und zu überwinden. Das Münter-Haus liegt ruhig-malerisch am Hang, wir registrieren die Öffnungszeiten, alles weitere berichten wir später. An der Murnau-Ecke des Sees, deutlich von der Ortsmitte entfernt, finden wir den Schiffsanleger und den Bootsverleih, das öffentliche Bad liegt schön unter Bäumen. Der See sieht hier in diesem Zipfel klein aus; die Insel Wörth begrenzt den Blick am Horizont, und ist nicht als Insel erkennbar, alle Durchflüsse sind verdeckt. Wir laufen weiter auf die Halbinsel Burg und finden dort den Campingplatz, den unser Ideengeber Arndt Theuer beschrieben hat. Er ist noch ein echter Campingplatz, die Wohnwagen sind beweglich, nicht umheckt und zugeplättelt, dazwischen stehen sogar Zelte. Alles ist ungewohnt offen. Wir gehen vor zur Spitze und sehen die Insel von Arndt liegen, den Namen St. Jakob haben wir recheriert, ein kleines Fleckchen auf halbem Wege zur Insel Wörth, für Jugendliche erreichbar, handlich, lauschig, eben höchst reizvoll. Alles Weitere bleibt für übermorgen. Wir gehen zurück und biegen ab weiter am Ufer entlang nach Seehausen. Auf dem Weg sehen wir an der Flussmündung, die wir überqueren, eine Reihe alter hölzerner Bootsschuppen der Fischer, an denen die Hochwasserstände gut ablesbar sind, ein malerisches Ensemble. Der Schiffsanleger und der Bootsverleih liegen dicht beieinander und näher an St. Jakob als Murnau, hier wollen wir übermorgen die Inselentdeckung starten. Seehausen schließt direkt an den See an und hat anders als in Murnau typische freistehende bayerische Bauernhäuser mit überhängendem Dach und viel Holz, allerdings sicher nicht mehr so viele Bauern, alles sieht authentisch und gut erhalten aus. Wir kommen am Gasthof Stern vorbei, der uns genannt wurde, aber dessen Zimmer leider besetzt waren, ein stattliches Haus. Wir entscheiden spontan, gleich hier einzukehren. Es ist recht voll, wir bekommen aber noch einen Tisch. Vom Essen und den Preisen sind wir angetan: ich esse Renke aus dem Staffelsee, eine Art würzige Forelle, Marlis hat ein Schnitzel gefüllt mit Obatzdn und Panade aus Bretzn, beides köstlich wie die Weißbiere der heimischen Brauereien. Im Dunkeln laufen wir die drei Kilometer nach Murnau zurück, ich bin müde und schlafe gleich, der Text wird erst drei Tage später fertig.

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Interview der Antenne Pfalz

Der Radiosender “Antenne Pfalz” hat uns in Neustadt am 25.8. interviewt und den Beitrag am 26.8. gesendet. Sendung Antenne Pfalz

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5. September: Rückfahrt nach Ludwigshafen

Rückfahrt: Begegnung im Zug, Treffen mit Tobias Wassermann, Bahncard 100, ebenfalls im Mobil-Heft vom Mai.

Wir frühstücken letztmals im Gewölbesaal mit Blick auf den Dom. Vor der Abfahrt wollen wir einen Rundgang durch weitere Straßen machen. Nach Wetterbericht rechnen wir mit einem nassen Vormittag, doch wir haben Glück. Der Regenradar schiebt von Süden eine Zange, in deren Loch genau der Donau-Nordbogen, also Regensburg, liegt. Erst kurz vor der Abfahrt tröpfelt es, diesmal Glück gehabt. Zuerst besuchen wir den international bekannten Hutmacher am Dom, voll mit Hüten, auch eigenen Produkten. Als letzte Sehenswürdigkeit besichtigen wir die Reste der Porta Praetoria aus der Römerzeit, die 1881 in den Mauern des Bischofspalastes entdeckt wurden. Mehr Spannendes finden wir in den Gassen nicht; wir sind mit dem Altstadtbus zehn Minuten früher als geplant auf dem Bahnhof, der Zug hat sich inzwischen von null auf zehn Minuten Verspätung verändert. So reicht es noch für einen Kaffee. Beim Einsteigen gehts darum, eine Tischgruppe zu ergattern, ab Nürnberg will Tobias Wassermann, unser Bahncard100-Kollege aus dem Bericht in Bahn-Mobil, zu uns stoßen. Von einer “ggf. freigeben”-Gruppe wechseln wir auf eine Gruppe in der Nähe der ersten Klasse des ICN, dort sitzt ein koreanischer Geschäftsmann, der 20 Tage kreuz und quer mit der Bahn in Europa zu Kunden fährt und in Nürnberg aussteigt. Wir tauschen uns über Canon, Nokia und deutsche Städte und unsere Visitenkarten aus, bevor er aussteigt. Tobias Wassermann kommt zielgerichtet auf uns zu, wir erkennen uns gleich – dasselbe Gepäck: kleiner Rollkoffer, ordentlicher Rucksack – voll mobil. Wir werden gleich kontrolliert; Tobias Wassermann könnte in der ersten Klasse sitzen, wir zeigen dem Zugbegleiter unsere Bahncards und das Mobil-Heft, er bietet uns eine freie Gruppe in der ersten Klasse an, als Upgrade. Das Missverständnis klären wir gleich: wir denken an Kulanz der Bahn statt Aufpreis angesichts dieses historischen Treffens, das merkt der Zugbegleiter gleich und geht darauf ein. So sitzen wir erstmals im Bahnreisejahr in der ersten Klasse. Der Austausch ist interessant: er macht Webprojekte mit Programmierung und Apps bei Kunden in ganz Deutschland und schreibt IT-Literatur – was sich kaum mehr lohnt – unterwegs. Daher hat er gern lange ICE-Strecken und reserviert, unsere vielen Züge in die entlegensten Winkel sind nicht sein Ding. Er schreibt einen Blog und ein Buch über seine Erlebnisse und Begegnungen, ein Verleger hat sich bei ihm gemeldet und rechnet mit großer Resonanz, vor Weihnachten soll es erscheinen. Etwas neidisch sind wir schon, freuen uns aber auch, das lässt für unsere Bemühungen hoffen. Eine Gemeinsamkeit haben wir: beide sind wir IT-Selbständige, allerdings mit dem Unterschied, er reist, um zu arbeiten, ich arbeite nur, wenn ich nicht reise. Die Zugnachbarn beobachten den Stativaufbau und übernehmen das Fotografieren. In Frankfurt ist die Verspätung etwas geschmolzen, dafür hat der Anschlusszug kurzfristig 23 Minuten bekommen, wegen “Personen im Gleis”. Der ICE 15 Minuten später hat 10 Minuten, also sind sie jetzt zeitgleich. Nach irgendeinem System werden sie also hintereinander her fahren. Wir eiern zwischen beiden Zügen hin und her; das bekannte Theater Richtung Mannheim, das ich bei beruflichen Fahrten schon öfter hatte. Eigentlich könnte uns das egal sein, ich habe aber gleich bei Ankunft eine Besprechung, so macht mich das doch nervös. Wir steigen in den Zug, der zuerst kommt, es fahren dann beide gleichzeitig aus und nehmen jeder eine andere Brücke über den Main. Heute kommen wir ausnahmsweise deutlich im Hellen nach Mannheim, dadurch entstehen erstmals Einfahrtsfotos: Neckar, Musikakademie, Kaufmannsmühle, Schloss. In Mannheim fahren die ICEs beide am gleichen Bahnsteig ein und man ermöglicht das Umsteigen. Da wir sekundengenau die nächste S-Bahn bekommen, ist uns egal, wer zuerst da war, für meine Besprechung reichts noch. Turbulentes, aber erfolgreiches Ende des Reiseabschnitts! Daraufhin gehen wir nach der Besprechung erstmal in Ludwigshafen essen und besprechen die nächste Reise ab Donnerstag.

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