Bahn-Zeit-Reise im SWR4-Radio

SWR4 hat uns interviewt. Ein Zusammenschnitt davon in der Länge von 2:41 Minuten wurde am 5.1. mit folgender Anmoderation gesendet:
Ein Jahr mit dem Zug unterwegs.
Nur mit kurzen Unterbrechungen zuhause in Ludwigshafen. Das Ehepaar Marlis
Jonas und Joachim Krüger hat sich auf die Reise durch Deutschland begeben.
Seit 10.10.10 sind sie unterwegs, und haben schon fast 6000 Kilometer mit
dem Zug zurückgelegt. Wohin sie fahren, dafür sind 60 Freunde und Bekannte
zuständig. Sie haben als sogenannte Ideengeber die Ziele vorgegeben. Heute
ist das Ehepaar zur Insel Rügen gestartet. Frank Schumann hat einen kleinen
Zwischenstopp der beiden zuhause in Ludwigshafen genutzt, und sich mit
ihnen unterhalten.
Die Audiodatei selbst dürfen wir leider nicht veröffentlichen.
Wir danken dem SWR für die Sendung.

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10. Januar: Rückfahrt von Stralsund

Rückfahrt von Stralsund nach LU, Sonne, Schnee, Nebel, Überschwemmungen

Vormittags wollten wir noch auf den Turm von St. Marien steigen. Einen Bummel am Werktag durch die Fußgängerzone haben wir schon gestern gestrichen, da wir keine spannenden Läden entdeckt hatten. Da Marlis aber noch immer nicht ganz fit ist, entscheiden wir, direkt nach dem Frühstück vier Stunden früher zu fahren. Dann besteht noch die Möglichkeit für einen Arztbesuch. Mit Fotos der Aussicht in der Morgendämmerung verabschieden wir uns von Stralsund. Die 7,5 Stunden Bahnfahrt mit Umsteigen in Hamburg verlaufen planmäßig und äußerst angenehm, wir können uns richtig ausbreiten, da wir fern von jedem Berufsverkehr von 9:27 bis 16:59 unterwegs sind. Diesmal sind wir also komplett im Hellen unterwegs, entsprechend viel gibts auf den 850 km vom Nordosten in den Südwesten zu sehen. Wir starten mit deutlichen Schneeresten – nur die Wege und Straßen sind mittlerweile freigetaut – und bedecktem Wetter. Der Schnee nimmt ab, die Seen sind im Norden noch zugefroren. Auf Elbe und Hafen in Hamburg ist aber – im Gegensatz zur Hinfahrt – keine Eisscholle mehr zu sehen, auch kaum Schnee. In der Lüneburger Heide ist in den Wäldern wieder Schnee. Danach kommt die Sonne raus, um Hannover ist der Himmel blau. Der Schnee ist weg, es gibt sogar schon grüne Felder und Wiesen, auf denen allerdings oft Wasser steht. Richtung Kassel wird es neblig, alles ist voll Rauhreif. Und in der Gegend von Melsungen/Morschen stehen ganze Talsenken unter Wasser. Übergelaufene Flüsse begleiten uns bis vor Hanau. Ab dann ist von Schnee nichts mehr zu sehen. Zu Hause in LU ist sogar schon alles abgetrocknet, auch wenn es heute ausnahmsweise nochmal fast null Grad sind.
Marlis hat auf der Fahrt öfter geschlafen und sich gut erholt. Zu Hause ist sie fit, der Arztbesuch entfällt. Hoffentlich hält sich das!

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9. Januar: Stralsund

Fahrt von Binz nach Stralsund (Ziel: Helene): Schnee und Eis, feuchtkalter Stadtrundgang, Kirche noch kälter

Marlis ist immer noch nicht topfit. Das Wetter ist trübe, etwas über Null, und es taut weiter. Auf den Wiesen und an Straßenrändern ist noch Schnee, und man muss stellenweise auf Eisflächen achten. Alles wird immer unansehnlicher. Der Schnee taut, aller eingelagerter Dreck bleibt übrig: Silvesterkracher, leere Sektflaschen, jede Menge Streusand. Die Wege sind geradezu versandet. Gemischt mit dem Wetter hebt das nicht die Laune. Das Erlebnispotential “Rügen bei Tauwetter” ist für uns erschöpft. Mit dem Schnee der Anfangstage wäre das was anderes gewesen, siehe Donnerstag. Das Hotel am Bahnhof in Stralsund ist sehr gut und extrem preiswert, wir können mittags gleich ins Zimmer. Aus dem vierten Stock haben wir eine tolle Sicht über den Knieperteich auf die Altstadt, die drei Hauptkirchtürme und die Rügenbrücke.
Wir laufen über den Küterdamm durchs Kütertor in die Altstadt. Der Zustand erinnert an das andere Weltkulturerbe Quedlinburg, das wir im Reisejahr schon gesehen haben; vieles sieht recht neu saniert aus und richtig gut, aber einigem sieht man auch an, dass es schon lange verfällt. Wikipedia liefert statistische Daten, die so stimmen könnten: von den 50% der Gebäude der Altstadt, die unter Denkmalschutz stehen, sind über 70% saniert, von den ungeschützten Gebäuden vielleicht 45%. Es gibt viele schöne Giebel, und besonders die Backsteinhäuser aus dem 13. bis 17. Jahrhundert sind ganz außergewöhnlich: viele Bürgerhäuser, aber besonders die Kirchen, die Rathausfassade und die Speicherhäuser am Hafen. Die Kirche St. Nikolai am alten Markt neben dem Rathaus ist innen außergewöhnlich: viele reiche Kaufleute und Politiker haben zu verschiedenen Zeiten irgendetwas zur Ausstattung beigetragen und versucht, Macht, Reichtum oder Einfluss sichtbar zu machen. Marianne Störmer, die ehrenamtlich am Eingang wacht, gefällt Stralsund so gut, dass sie vor sieben Jahren von Hamburg hierher gezogen ist. Der Strelasund ist zugefroren, nur um den Auslauf aus den Teichen zeigt sich offenes Wasser, dort versammeln sich die Wasservögel. Die Hafensituation ist sehr malerisch: zwei Hafeninseln, durch Dreh- und Zugbrücken verbunden, drumrum eine lange Mole, innen ein Yachthafen, die “Gorch Fock I” von 1932 als Museumsschiff, und zwischen den alten Speicherhäusern das 2008 eröffnete Ozeaneum. Das bekommen wir aber nur noch in der Dämmerung mit, vielleicht ergibt sich morgen noch ein hellerer und sonnigerer Blick.
Auf der Mole gelingt uns gerade noch mit dem letzten Tageslicht ein Foto, ganz so, wie es uns unsere Ideengeberin, meine Tante Leni, mitgegeben hat, mit Rügen im Hintergrund.
Die feuchte Kühle veranlasst uns, obwohl wir eigentlich gut trainiert sind, zu zweimal Aufwärmen bei Kaffee und Glühwein. Zum Essen kehren wir in die Wulflamstube gegenüber dem Rathaus ein, einem traditionsreichen Haus. Es ist noch preiswerter als auf Rügen. Ich esse Roulade von Ostseedorschfilet mit Sanddornsauce und Kartoffel-Sellerie-Püree. Sehr gut. Zur Tagesschau sind wir im Hotel. Mehr wollen wir Marlis angeschlagener Gesundheit nicht zumuten.

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8. Januar: Göhren und Bergen

Dampfzug nach Baabe, Strandwanderung auf Eis nach Göhren, Bus nach Bergen, Zug nach Binz

Marlis Erkältung ist nicht schlimmer, aber der Nebel. Eine Wanderung an den Kreidefelsen machen wir also nicht. Wir wandern durch den Ort zum Kleinbahnhof und fahren, diesmal im Hellen, mit dem Dampfzug des “Rasenden Roland”. Im Bahnhof begegnen sich sogar die beiden Züge. Es gibt viele dampfende Fotos. Wir steigen in Baabe aus und laufen durch den “Boulevard” mit Laubengang auf dem Mittelstreifen zum Strand. Die Bäderarchitektur links und rechts ist, wenn überhaupt, sehr klein und eher nachgemacht geraten, und eine Seebrücke gibt es auch nicht. Es ist ein ruhiges Seebad, das versucht, mit den bekannten Nachbarn Sellin, Göhren und Binz zu konkurrieren. Im Sommer fährt sogar die obligatorische Ortsbahn. Jetzt ist allerdings alles wie ausgestorben. Wir wandern die vier Kilometer Strand bis zur Seebrücke Göhren. Es ist neblig mit vielleicht 300 m Sicht. Der Strand ist noch mit einer glatten Eisschicht bedeckt, nur an der Wasserkante kommt schon Sand hervor und wird matschig, die Kante bricht ab, es treten Schichtungen von Sand und Eis zutage, die Eisschollen tanzen im Wasser und haben sich mancherorts bizarr getürmt. Am Dünensaum gibt es auch schon einen aufgetauten schmalen Streifen, auf dem man im matschigen Sand laufen kann. Ich habe heute auch meine Spikes mitgenommen, so dass wir die einzigen sind, die über den Eisstrand wandern, als sei nichts. Macht ungemein Spaß! In Göhren laufen wir bis an den Kopf der Seebrücke. Der Strand versinkt im Nebel. Zum Ort geht es etliche Treppen steil bergauf, Göhren liegt auf einer 50m hohen Landzunge. Spektakulärer Bäderstil ist hier nicht mehr zu finden, dafür einige Fachwerkhäuser und hölzerne Villen mit verzierten Veranden und Balkonen in verschiedenen Farben. Wir fahren mit dem nächsten Bus über die “Deutsche Alleenstraße” nach Bergen, dem zentralen Hauptort, den wir noch geradeso im Hellen erreichen, es reicht für ein Foto der großen, leider geschlossenen Marienkirche, dann schlägt die Dämmerung zu. Der große Marktplatz zeigt sich wie beschrieben: Häuser aller Art, bunt gemischt und in unsymmetrischer Anordnung, aber durchaus ansehnlich. Das Beobachten des Treibens aus dem Straßencafé fällt leider aus, mangels Treiben und fehlender Außenbestuhlung. Es gibt einige gute Modegeschäfte, aber am Samstag Nachmittag ist alles zu. Die Romantik der Seebäder ist hier nicht zu finden, und es gibt etliche Häuser, die noch aus DDR-Zeiten vor sich hin verfallen. Wir finden ein uriges Lokal, das komplett von jungen Leuten betrieben wird und sehr rustikal, aber phantasievoll eingerichtet ist, mit ebensolcher Speisekarte und Veranstaltungsprogramm. Wir essen deftig regional. Den Bundesbahnzug erreichen wir geradeso, und in 25 Minuten (mit Umsteigen!) erreichen wir Binz. Heute war der Tag mal kürzer, Marlis soll sich auskurieren. Tauwetter und Nebel sind zwar auch ein Erlebnis, aber auf die Dauer nicht so prickelnd. Morgen ziehen wir nach Stralsund um.

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7. Januar: Prora und Sellin

Strandwanderung nach Prora und durch die KdF-Ruinen, Führung im Dokumentationszentrum, Sellin (Ziel: Horst + Martina)

Marlis hat sich leider eine hoffentlich leichte Erkältung eingefangen, so geht der erste Gang in die Apotheke. Dafür sind wir etwas früher unterwegs. Heute kommt ein Ort, der uns interessiert: die KdF-Bauten von Prora, die von Binz per Strandwanderung zu Fuß zu erreichen sind. Außerdem gibts dabei ordentlich frische Luft. Das Wetter ist natürlich kein Vergleich zu gestern: auf den Straßen und Wegen hat es getaut, besonders, wenn Salz im Spiel ist. Die weiche Schneeschicht von gestern ist durch den Regen komplett verschwunden, dafür tritt an vielen Stellen Eis zutage. Die Strandwanderung ist heute eher grau, der Sand hart mit Eis überzogen, am Wasserrand sind Muschelstücke eingelagert. Nur am Wassersaum, wo zwischen den Eisschollen Schnee und Eis verharscht sind, lässt sich rutschfrei gehen. Nur Marlis kann die “Autobahn” benutzen: ihr gehört mit ihren Schuhspikes der ganze Strand, und sie kann beim Laufen in die Luft gucken. Nach einer Stunde biegen wir in die Düne ab und durchqueren den Kiefernstreifen. Wir kommen genau am südlichen Ende von Prora an, hinter uns das wohl aus den drei Jahren Bundeswehr-Präsenz übrig gebliebene “Bundeswehr Sozialwerk” mit Campingplatz. Wir wandern an 500 Meter langen, 6 Stockwerke hohen Komplexen in einer Schneespur entlang. Jeder hat nach hinten zehn gewaltige Treppenhausriegel, in denen auch die Gemeinschaftsduschen und andere Versorgungseinrichtungen, sogar Fahrstühle vorgesehen waren. Alle Zimmer sind auf der Ostseeseite mit Meerblick als Doppelzimmer ausgelegt, mit Schrank, Waschbecken, Betten und einer Sofa-Sitzecke am Fenster. Die Rückseite ist nur Flur, dafür aber mit vielen Fenstern. Zwei Abschnitte in jedem Block sind als beheizbare Liegehallen mit großen Fenstern für ganzjährige Urlaubsnutzung vorgesehen gewesen. Der Bau der Anlage begann 1936. Die Nationalsozialisten wollten hier subventionierte 10-Tages-Urlaubsangebote für gleichzeitig 20.000 Menschen schaffen. Noch vier weitere solcher Anlagen waren an der Ostseeküste geplant. Alle acht Wohnbauten auf Rügen wurden bis zum Krieg nahezu fertig, von den zentralen Einrichtungen zwischen den Komplexen mit Restaurants für jeweils 1200 Personen sind nur einzelne Kellergeschosse erbaut worden, und von der symmetrischen, 700 m breiten Zentralanlage in der Mitte des 4,5 km langen Riegels wurde nur der rechte Komplex mit Theater, Empfangsgebäude und Verwaltung sowie die Kaimauer am Ostseestrand einigermaßen fertig.
Hinter der riesigen Mauer sind aber nur Dünen, von der Promenade und den zwei langen Seebrücken (u.a. für die “Wilhelm Gustlow” vorgesehen) ist nichts entstanden. Auf den Ruinen wächst die “meistfotografierte Birke Rügens”. Auch für die Festhalle für 20.000 Besucher und das 80m hohe Turmcafé sowie die Versorgungs-Infrastruktur blieb es beim Plan. Die Baukapazitäten und die KdF-Aktivitäten wurden mit Kriegsbeginn verlagert, die Fertigstellung auf die Zeit nach dem “Endsieg” verschoben. Binz ist allerdings durch den Bau zu seinem Großbahnhof gekommen, die Bahn wurde schon für die Materialtransporte gebraucht. Ein Urlauberzimmer ist nie eingerichtet worden. Nach dem Krieg entnahmen die Sowjets Materialien als Reparationen, am südlichen Block durften sich die Inselbewohner mit Baumaterial versorgen, er wurde dann ganz abgerissen, auch von den zwei nördlichen Blöcken gibt es nur noch Teile als Ruinen. Danach waren einzelne Jugendlager dran. Die NVA hat einige Blöcke als Kaserne genutzt; zu DDR-Zeiten war die ganze Nehrung zwischen Sassnitz und Binz gesperrt. Eine nach der Wende von der DDR gegründete Stiftung konnte ein heute noch bestehendes Dokumentationszentrum einrichten, das neben Prora und den KdF-Aktivitäten auch die Hintergründe der sozialen Konzepte des Nationalsozialismus beleuchtet. In diesem Zentrum haben wir eine sehr informative Führung von Sabine Sakuth mitgemacht und einen Film über die Entstehungsgeschichte gesehen. Der ganze Komplex ist wirklich im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich beeindruckend. Nicht umsonst nennt das Dokumentationszentrum seine Ausstellung “MACHTUrlaub”. Ansonsten ist von den Privatisierungsaktivitäten noch ein offenes Museum übrig geblieben, das sich zu 80% der NVA in Prora widmet und uns eher den Eindruck einer Militaria-Sammlung vermittelt, mit vielen bunten, aber nicht besonders hintergründigen eingeschweißten Textplakaten. Im obersten Stock gehört dazu ein an dieser Stelle eher unplatziert wirkendes “Wiener Kaffeehaus” mit Selbstbedienung und Ostseeblick. Alle anderen Museumsversuche haben aus verschiedensten Gründen nicht überlebt. Nur eine Großdisko und die Beschäftigungs-Agentur Rügen sind noch im Hauptgebäude. Der ganze Komplex steht unter Denkmalsschutz und mittlerweile sind alle Teile verkauft. Im Sommer soll in einem Drittel des nördlichsten Blocks wieder eine Jugendherberge eröffnen, und ein auf einem Block in großen Plakaten angekündigtes Hotel- und Eigentumswohnungsprojekt soll mit dem Umbau beginnen. Man wird sehen. Sicher ist nur: Der Strand ist lang und man versenkt erstmal ordentlich Geld, der Erfolg ist ungewiss. Jetzt jedenfalls ist meist nur noch die Rohbausubstanz vorhanden, Fenster sind, soweit vorhanden, meist eingeschlagen, das untere Stockwerk verrammelt, nutzbare Installationen sind nicht mehr vorhanden, und an den Fassaden sind etliche Putz- und Feuchtigkeitsschäden zu sehen.
In der Dunkelheit stapfen wir dann zur Hauptstraße und fahren mit dem Bus nach Sellin. Dort gehen wir die fast ausgestorbene Prachtstraße Wilhelmstraße entlang, bergauf gesäumt von vielen großen Villen. Auf dem Weg merken wir uns ein Restaurant. Am Ende der Straße blicken wir von der Steilküste hinunter auf den Strand und die romantisch beleuchtete Seebrücke, auf der gleich am Anfang mit einem Restaurant im Bäderstil steht. An der Spitze ist mittlerweile eine Tauchglocke für Touristen installiert. Die Seebrücke in Sellin haben uns die Ideengeber Horst und Martina mit auf den Weg gegeben, allerdings bei Sonne im Sommer – da ist sie weiß, hell und unbeleuchtet.
Der gebratene Boddenzander in der “Kajüte” ist hervorragend und preiswert. Der Bus fährt pünktlich zurück. Im Hotel beende ich diesen Text, den ich beim Bier begonnen habe.

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6. Januar: Binz und Jagdschloss Granitz

Wanderung am Strand und im leichten Schneefall nach Granitz (Ziel: Lore Metzger), Rückfahrt mit dem Rasenden Roland

Beim späten Aufstehen regnet es leicht. Wir befürchten, dass es nichts wird mit Rügen im Schnee, aber nach kurzer Zeit geht es in Schnee über, was uns sehr freut. Wir machen uns also auf nach Granitz. Wir gehen direkt am Strand entlang. Die zwei Zentimeter Schnee sorgen für einen komplett weißen Strand, auch die vielen angeschwemmten Eisschollen sind schneebedeckt. Es sieht sehr komisch aus: wie weißer Sand. Es gibt auch weiße Sandbänke, dazwischen schwimmen kleine Eisschollen, Enten, auch einzelne Möwen und Schwäne sind unterwegs. Manche Ensembles sehen aus wie Polarmeer mit Eisbergen in Miniatur. Und auf dem Strand läuft es sich wunderbar, der Sand unter der dünnen Schneeschicht ist hart gefroren. Das scheint eine Hauptattraktion jetzt auf Rügen zu sein: richtig viele Leute wandern auf dem Strand entlang. Beim späten Frühstück ist es überraschend belebt. Die Kulisse ist beeindruckend: die weiße, ornamental-filigrane Baderarchitektur, die durch die fein beschneite Kiefernreihe mit ihren vielen Verästelungen durchscheint, ergibt ein äußerst malerisches, aber gar nicht kitschiges Bild ab, das durch den Schleier des leichten Hochnebels mit Schneetreiben noch verstärkt wird. Dazu gibt es noch Strandwanderer mit weißen Hunden! Auf der Seebrücke merken wir die Spuren des kurzen Regens: die Planken sind unter dem Schnee mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. In Abständen stehen die weißen Strandwachhäuschen der DLRG, die hier gegründet wurde. Wir entdecken weiter hinten ein architektonisch auffälliges, neueres Exemplar von 1979 (Entwurf Dietrich Otto): wie ein Ufo schwebt es in Schalenbauweise rundum verglast auf einer gerundeten Mittelstütze. Nebenbei testen wir den neuen Sturmregenschirm bei dem etwas böigen Wind: er lässt sich wunderbar leicht halten, da könnte sogar ich zum Regenschirmnutzer werden.
Am Ende des Strandes begeben wir uns in den überraschend hügeligen und steilen Buchenwald Richtung Jagdschloss Granitz: die Fürsten von Putbus haben hier ab dem 18. Jahrhundert den Wald zu ihrem Jagdgehege ausgebaut. Durch den noch tief verschneiten und jetzt auch überall frisch weißen Winterwald erreichen wir das Jagdschloss über Treppen auf dem über 100m hohen Hügel. Rügen im Winterkleid ist gelungen; herzlichen Dank an unsere Ideengeberin Lore Metzger für das außergewöhnliche Erlebnis.
Das Schloss wurde 1851 im neoklassizistischen Stil mit quadratischem Grundriss, vier zinnenbewehrten Rundtürmen an den Ecken und einem alles überragenden Turm in der Mitte erbaut und ist viel größer, als ich es erwartet hatte. Wir besichtigen das Schloss: sehr schöne Holzböden, sehr viele und auch große Geweihe, die sogar in Stühlen und Tischen als Beine verarbeitet sind. Dazu die Geschichte des Schlosses und seines Erbauers, dem Fürsten Wilhelm Malte I. Durch den zentralen Turm ergibt sich ein tolles Treppenhaus: in der Mitte erhebt sich der hohle Rundturm mit weitem Durchmesser und einer frei in der Außenwand verankerten Wendeltreppe mit den ersten industriell aus Gusseisen gefertigten Stufen und ausgestanzten Ornamenten. Leider können wir nur durch die Fenster schauen, auf die Aussichtsplattform dürfen wir wegen Glatteis nicht, die Sicht ist allerdings auch eher neblig.
Im Kellergewölbe wurde nach der Wende eine urige Gaststätte eingerichtet, in der “Mägde” bedienen. Durch Wandgemälde von mittelalterlichen Gelagen und Tischen aus alten Schiffsplanken sieht man den Räumlichkeiten ihr geringes Alter nicht an.
Wir wandern dann in der Dämmerung auf recht glatter Straße, zum Glück mit unseren Schuhspikes, bergab zum Haltepunkt Garftitz der Rügener Bäderbahn, einer Schmalspur-Dampfbahn, die auch im Winter immerhin alle zwei Stunden nach Fahrplan zwischen Putbus und Göhren fährt. Ein kleiner Schneemann (endlich!) wartet mit uns vor dem Wartehäuschen. Die herannahende Bahn erkennen wir an einer hinten im Wald aufsteigenden Wolkenreihe. Der Zug mit fünf Wagen, offenen Einstiegsplattformen und Übergängen und einem Gepäckanhänger für Fahrräder kommt mit einer gewaltigen Dampfwolke auf dem Bahnsteig an. Der Schaffner verpasst uns die Fahrkarten aus einem hochmodernen mobilen Fahrkartendrucker, “weil das so vorgeschrieben ist, rechtlich ist der Rasende Roland eine S-Bahn des Landes Mecklenburg-Vorpommern”. Was es alles gibt, und das Ganze mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. 12 Minuten später erreichen wir den “Kleinbahnhof Binz”, wo schon der Gegenzug auf die freie Schiene wartet. Im Bahnhof gibt es die ausgesprochen originelle Kneipe “Rasender Roland”, eingerichtet mit Bahnabteilen der 3. (Holz-)Klasse, alten Koffern und vielen anderen historischen Accessoires. Wir trinken Glühwein und Sanddornpunsch, Marlis interviewt die als Schaffnerin verkleidete Bedienung. Dann wandern wir in den Ort hinein und durch die schöne, aber ausgestorbene Hauptstraße mit hohen Schneewällen, bis wir merken, dass hier fast alle Geschäfte schon um 17 Uhr schließen. Ziemlich platt schleppen wir uns noch in die Sauna und erholen uns dabei. Heute belassen wir es beim hauseigenen Restaurant, meine “Sanddornspätzle mit Bisdamitzer Käse” sind eine ausgesprochen leckere Spezialität.

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5. Januar: nach Binz auf Rügen

Von LU über Hamburg mit Eisschollen im Hafen durch Mecklenburg nach Binz auf Rügen

Endlich geht es wieder los – leider für meine Verhältnisse zu “nachtschlafender Zeit”: 8:50 Uhr starten wir ab Haustür. Es muss aber sein, denn wir bewegen uns auf den Spuren von Ideengeberin Lore Metzger, die uns nach Rügen im Winterkleid schickt. Sie möchte, dass wir das Jagdschloß Granitz und die Umgebung im Schnee für sie erleben. Sie war vor einigen Jahren im Frühsommer bei herrlichem Wetter dort und stellte sich vor, wie es wohl im weißen Kleid aussehen würde. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, liegen erstmal 897,7 Bahnkilometer bis zum Ostseebad Binz vor uns, die wir in 8:30 Stunden bewältigen wollen, falls die Bahn hält, was sie verspricht, also alle drei Umstiege klappen. Mit dem Auto wäre man bestimmt nicht schneller, schon gar nicht bei nur einem Fahrer. Heute morgen ist der Zug gut gefüllt mit Menschen, die nach den Feiertagen mit viel Gepäck und Geschenken heimkehren. Die vorbeifliegende Landschaft draußen ist noch dünn weiß mit Schnee bestäubt, die Bäume haben sich des Schnees entledigt. Ein Geschäftsmann, uns gegenüber sitzend, bewältigt seinen halben Arbeitsalltag im Zug und nutzt ihn als mobiles Büro, ganz so wie wir, nur auf die Telefonkonferenzen verzichten wir. Der Umstieg in Hamburg klappt reibungslos. Auf den Nebenarmen der Elbe und in den Hafenbecken schwimmen Eisplatten, die kleineren Flüsse sind ganz zugefroren, ebenso die größeren Seen, an denen wir auf der Fahrt über Schwerin und Rostock nach Stralsund vorbeifahren. Die weite Landschaft in Mecklenburg ist schön anzusehen: zuerst das platte Land mit seinen Alleen und alten Weiden, Schafherden im Schnee ziehen vorbei, später wird es hügeliger. Der Ersatz-IC aus alten InterRegio-Wagen klappert laut – später höre ich das gar nicht mehr. Die kleineren Ortsnamen im Vorbeifahren enden alle auf “ow” wie der Haltebahnhof Bützow oder Güstrow und Teterow, nie gehört oder gar gesehen. Ich lese im Reiseführer: “Rügen ist die größte deutsche Insel, und sie dürfte auch die schönste sein”. Davon überzeugen wir uns lieber selbst. Umstieg in Stralsund, wir freuen uns auf den seit 1936 bestehenden Rügendamm, wollen endlich die Ostsee sehen, aber es ist inzwischen zu dunkel, wir sehen nur einmal kurz Wasser und dann nur noch Schnee.
Wir steigen aus auf dem “Großbahnhof Binz“, es gibt noch einen kleinen der Schmalspur-Dampfbahn “Rasender Roland”. Das passt zum Ort. Mondäne Gebäude im Bäderstil, viel Holzornamentik, alles in Weiß, und nach der Wende komplett saniert oder neu gebaut. Wie der Müller-Reiseführer schreibt: “… glanzvolle Bäderarchitektur mit einer unauslotbaren Vielfalt an ornamentaler Spielerei: Türmchen und Erker, Veranden, Loggien und Balkone mit ziselierten Schmuckblenden und verspielten gusseisernen Geländern sowie von Ziergiebeln gekrönten Fassaden.” Es sieht im Dunkeln mit den Bergen nicht mehr ganz weißen Altschnees und dicken Eisplacken auf Straßen und Gehwegen etwas unwirklich aus. Der ganze Betrieb läuft auf Sparflamme. Wir haben uns das “Nymphe Apple Multimedia Hotel” ausgesucht. Es ist recht neu, großzügig und mit Designer-Möbeln eingerichtet. Statt eines klassischen Fernsehers gibt es einen iMac mit MacOS-Leopard und Multimedia-Oberfläche. Die Adresse “Strandpromenade” wird allerdings nur durch einen langen Glasgang zwischen zwei Villen hindurch gerechtfertigt, aber “Proraer Straße” klingt eben nicht besonders gut. Und es hat wirklich günstige Winter-Sonderpreise.
Wir wandern noch durch die vereisten Straßen und finden eine urige Kneipe, das Brauhaus “Zum alten Fritz” der Stralsunder Störtebeker-Brauerei, deren Weizenbier wir schon in Bremerhaven kennengelernt haben. Bräuhäuser hatten wir doch schon mal in Düsseldorf und Köln – und was gibt es hier zu meiner Beglückung wieder zu essen: Grünkohl, dieses Mal mit echtem Bauzner Senf zum Kassler. Auf den 500m Rückweg entlang der Strandpromenade reihen sich Hotels und Villen aneinander: Kurhaus, Travel Charme Hotel, Bellevue, Villa Undine, Villa Ruscha, Hotel am Meer, Villa Belvedere, Villa Seestern, Villa Elfeld, Villa Strandidyll, Villa Salve, Atlantic, Villa Aegir, Nymphe Apple Multimedia Hotel. Dazwischen noch etliche Restaurants, die hier aber, zumindest jetzt, recht zivile Preise haben. Wenn morgen nicht alles im Nebel versinkt, kommt das Jagdschloss Granitz dran, zu Fuss und vielleicht mit dem “Rasenden Roland”.

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Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung

Die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg hat in ihrer heutigen Ausgabe auf der Metropolregion-Seite über unsere Reisen berichtet: (zum Lesen Artikel anklicken)

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Bericht in der Wormser Zeitung

Unter Rhein-Neckar – LUDWIGSHAFEN hat die Wormser Zeitung am 03.01.2011 einen Bericht über unser Projekt veröffentlicht: (zum Lesen Artikel anklicken)

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Bericht im Isenhagener Kreisblatt

Wie wir erst jetzt erfahren, hat das Isenhagener Kreisblatt anlässlich unseres Besuches im Otterzentrum Hankensbüttel schon am 18. Dezember über unsere Reisen berichtet:

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