5. Januar: nach Binz auf Rügen

Von LU über Hamburg mit Eisschollen im Hafen durch Mecklenburg nach Binz auf Rügen

Endlich geht es wieder los – leider für meine Verhältnisse zu “nachtschlafender Zeit”: 8:50 Uhr starten wir ab Haustür. Es muss aber sein, denn wir bewegen uns auf den Spuren von Ideengeberin Lore Metzger, die uns nach Rügen im Winterkleid schickt. Sie möchte, dass wir das Jagdschloß Granitz und die Umgebung im Schnee für sie erleben. Sie war vor einigen Jahren im Frühsommer bei herrlichem Wetter dort und stellte sich vor, wie es wohl im weißen Kleid aussehen würde. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, liegen erstmal 897,7 Bahnkilometer bis zum Ostseebad Binz vor uns, die wir in 8:30 Stunden bewältigen wollen, falls die Bahn hält, was sie verspricht, also alle drei Umstiege klappen. Mit dem Auto wäre man bestimmt nicht schneller, schon gar nicht bei nur einem Fahrer. Heute morgen ist der Zug gut gefüllt mit Menschen, die nach den Feiertagen mit viel Gepäck und Geschenken heimkehren. Die vorbeifliegende Landschaft draußen ist noch dünn weiß mit Schnee bestäubt, die Bäume haben sich des Schnees entledigt. Ein Geschäftsmann, uns gegenüber sitzend, bewältigt seinen halben Arbeitsalltag im Zug und nutzt ihn als mobiles Büro, ganz so wie wir, nur auf die Telefonkonferenzen verzichten wir. Der Umstieg in Hamburg klappt reibungslos. Auf den Nebenarmen der Elbe und in den Hafenbecken schwimmen Eisplatten, die kleineren Flüsse sind ganz zugefroren, ebenso die größeren Seen, an denen wir auf der Fahrt über Schwerin und Rostock nach Stralsund vorbeifahren. Die weite Landschaft in Mecklenburg ist schön anzusehen: zuerst das platte Land mit seinen Alleen und alten Weiden, Schafherden im Schnee ziehen vorbei, später wird es hügeliger. Der Ersatz-IC aus alten InterRegio-Wagen klappert laut – später höre ich das gar nicht mehr. Die kleineren Ortsnamen im Vorbeifahren enden alle auf “ow” wie der Haltebahnhof Bützow oder Güstrow und Teterow, nie gehört oder gar gesehen. Ich lese im Reiseführer: “Rügen ist die größte deutsche Insel, und sie dürfte auch die schönste sein”. Davon überzeugen wir uns lieber selbst. Umstieg in Stralsund, wir freuen uns auf den seit 1936 bestehenden Rügendamm, wollen endlich die Ostsee sehen, aber es ist inzwischen zu dunkel, wir sehen nur einmal kurz Wasser und dann nur noch Schnee.
Wir steigen aus auf dem “Großbahnhof Binz“, es gibt noch einen kleinen der Schmalspur-Dampfbahn “Rasender Roland”. Das passt zum Ort. Mondäne Gebäude im Bäderstil, viel Holzornamentik, alles in Weiß, und nach der Wende komplett saniert oder neu gebaut. Wie der Müller-Reiseführer schreibt: “… glanzvolle Bäderarchitektur mit einer unauslotbaren Vielfalt an ornamentaler Spielerei: Türmchen und Erker, Veranden, Loggien und Balkone mit ziselierten Schmuckblenden und verspielten gusseisernen Geländern sowie von Ziergiebeln gekrönten Fassaden.” Es sieht im Dunkeln mit den Bergen nicht mehr ganz weißen Altschnees und dicken Eisplacken auf Straßen und Gehwegen etwas unwirklich aus. Der ganze Betrieb läuft auf Sparflamme. Wir haben uns das “Nymphe Apple Multimedia Hotel” ausgesucht. Es ist recht neu, großzügig und mit Designer-Möbeln eingerichtet. Statt eines klassischen Fernsehers gibt es einen iMac mit MacOS-Leopard und Multimedia-Oberfläche. Die Adresse “Strandpromenade” wird allerdings nur durch einen langen Glasgang zwischen zwei Villen hindurch gerechtfertigt, aber “Proraer Straße” klingt eben nicht besonders gut. Und es hat wirklich günstige Winter-Sonderpreise.
Wir wandern noch durch die vereisten Straßen und finden eine urige Kneipe, das Brauhaus “Zum alten Fritz” der Stralsunder Störtebeker-Brauerei, deren Weizenbier wir schon in Bremerhaven kennengelernt haben. Bräuhäuser hatten wir doch schon mal in Düsseldorf und Köln – und was gibt es hier zu meiner Beglückung wieder zu essen: Grünkohl, dieses Mal mit echtem Bauzner Senf zum Kassler. Auf den 500m Rückweg entlang der Strandpromenade reihen sich Hotels und Villen aneinander: Kurhaus, Travel Charme Hotel, Bellevue, Villa Undine, Villa Ruscha, Hotel am Meer, Villa Belvedere, Villa Seestern, Villa Elfeld, Villa Strandidyll, Villa Salve, Atlantic, Villa Aegir, Nymphe Apple Multimedia Hotel. Dazwischen noch etliche Restaurants, die hier aber, zumindest jetzt, recht zivile Preise haben. Wenn morgen nicht alles im Nebel versinkt, kommt das Jagdschloss Granitz dran, zu Fuss und vielleicht mit dem “Rasenden Roland”.

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Eine Antwort auf 5. Januar: nach Binz auf Rügen

  1. Peter Krauss sagt:

    Ein Apple-Hotel, man glaubt es kaum, warum nicht gleich iHotel? Diese Zufälle, wenn ich auf eure Seite gehe: Unmittelbar davor (der Safari-Verlauf beweist es!) war ich auf dem Ruhrbarone-Blog: “Ich mag Apple einfach nicht mehr so….”
    In Binz hab ich auch mal fotografiert – ohne Film, wie sich dann herausstellte ;-)