4. Mai: Kölpinsee und Loddin

Loddin-Kölpinsee (Ziel: Klaus Arendt): Kölpinsee mit Strand und Steilküste, Loddin mit Begegnungen

Wie üblich nach der ersten Übernachtung sind wir vormittags etwas später dran. Hier ist alles kompakt im Kreis von 200 Metern: Bahnhof, Hotel, Edeka, Kurverwaltung, Post und die Heimatstube, ein kleines Heimatmuseum. In der Kurverwaltung treffen wir gleich auf zwei kompetente Damen: Wir suchen das Haus Leopold, in dem Klaus ab 1960 elfmal Urlaub gemacht hat. Es liegt zwar am Melleweg, hat aber den Eingang von der Dorfstraße, mit Nummer 31. Gegenüber ist das Haus Krüger, wo er einmal gewohnt hat. Nach der Heimatstube fragen wir gleich. Wir erfahren, dass die Öffnungszeit von 14 bis 16 Uhr, für die wir extra wiederkommen wollten, wegen Personalmangels nicht besetzt ist, dafür geht Frau Schäfer gleich mit uns rüber, noch besser. Vieles ist hier im alten Bahnhofsgebäude zusammengetragen: Fischerei in Ostsee und Achterwasser, Brandschutz, Künstler, Schule. In einem dicken Album mit Fotos und Postkarten, das der Heimatverein gesammelt hat, finden wir noch Gebäude- und Gruppenfotos. Der Lehrer Leopold war 43 Jahre bis 1929 an der Schule und damit eine absolute Dorfautorität. Ca. 1912 hat er sein Wohnhaus im Jugendstil erbaut; drei seiner vier Töchter, eine ebenfalls Lehrerin,

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haben es danach weiter bewohnt und Zimmer an Feriengäste vermietet. Im großen Garten vor dem Haus Richtung Achterwasser haben sie zeitweise ein Café betrieben, “Leopolds Garten”. Das Holzschild und Geschirr stehen in der Heimatstube. Wir machen uns erst auf die Wanderroute, die Klaus auch erwähnt hatte: Richtung Ostsee vorbei an zwei Kinder-Reha-Einrichtungen kommt der Kölpinsee, ein etwa ein Kilometer langer See, von Schilf und einem lichten Wald mit Buchen und Birken eingefasst. Wir treffen gleich den im Reiseführer erwähnten Wurzelpfad durch sumpfiges, jetzt eher trockenes Gelände mit längeren Abschnitten auf Holzstegen. Nur sind jetzt nicht mehr einzelne Streben morsch, sondern nur noch einzelne Streben in Ordnung, die meisten sind weg, gebrochen oder vermodert. Vom einfassenden Geländer stehen nur noch ein paar Stützen. Als ausgeschilderten Weg kann man ihn nicht mehr bezeichnen. Für uns ist er bei diesem trockenen Wetter gut begehbar. Unterwegs treffen wir auf eine geschützte Orchideenwiese, leider etwas zu früh für die Blüte. Am Ende ist eine kleine Siedlung, und am Deichweg, auf dem wir auf der anderen Seite zurückgehen, ein aus der Gartenlaube gewachsener Imbiss mit schönem Blick über den See, wo es alles gibt, auch Räucherfisch, sogar einen “Schweden”-Eisbecher: Softeis, Apfelmus, Eierlikör, Schlagsahne. Am Ende der Umrundung landen wir an der zentralen Strand-Infrastruktur mit Eisbude, Gasthaus, Fischräucherei, Strandkorbverleih und Sportangeboten. Wenns hier etwas windig ist, merken wir, wie kalt es doch trotz Sonne ist: kurz vor Handschuh. Durch feinen Sand an der hier schon etwas ansteigenden Küste laufen wir bis zur nächsten Treppe, die auf die Kante hochführt. Durch schönen lichtdurchfluteten Wald mit Efeu und Maiglöckchenfeldern – leider noch nicht aufgeblüht – laufen wir an der Steilwandkante auf den Steckelser Berg, 60 Meter hoch, mit Blick über die Ostsee. Die Steilküste ist eine reine Sandkante, komplett bewachsen, aber sehr empfindlich gegen Stürme. Da das die ganze Insel gefährdet, wurden jetzt in einigen hundert Metern Entfernung im Meer Steinwälle zum Wellenbrechen errichtet. Ob das allerdings die Steilküste mit dem Sonnenuntergang ist, die Klaus beschrieben hat, bezweifle ich, wahrscheinlich kommt die Sonne nicht soweit nach Norden rum. Jetzt müssen wir wenden, sonst langts nicht mehr für Loddin. Wir überqueren die Insel Richtung Loddin und kommen am Hotel vorbei. In dem Moment erreicht Marlis Klaus mit dem Handy und fragt, wo er bei seinem Nachwendebesuch 1995 gewohnt hat, und: es ist dasselbe Hotel gewesen, in dem wir jetzt wohnen, damals ganz neu. Das Ehepaar Richter, die sich auf der Hotelfachschule in Leipzig kennengelernt hatten, haben damals von der Treuhand das Grundstück gekauft und sich den Traum eines eigenen Hotels erfüllt, eines der ersten neuen in der Gegend. Heute ist die Konkurrenz größer, gerade auch im Restaurantbereich. Sie fallen auch heute noch durch ausgesprochen zuvorkommende, individuelle Gästebetreuung und ein sehr sauberes, gepflegtes Haus auf. Am Eingang von Loddin suchen wir zuerst den Friedhof auf und finden sofort das Leopold-Grab, leider können wir die Schwestern nicht identifizieren, da die große Grabstätte nur mit “Ruhestätte der Familie Lehrer Leopold” benannt ist, ohne Namen und Jahreszahlen. Im Dorfkern steht jetzt der Aquarius-Ferienwohnungs-Neubau

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am Platz des Achterwasser-Lokals, das bald nach der Wende baufällig abgerissen wurde. Im kleinen Hafen liegen Sportboote und ein Fischerboot. Wir finden sofort die Dorfstraße 31, gestern abend haben wir das Haus schon umschlichen. Wir gehen durch den Garten, klingeln und werden gleich herzlich empfangen und hereingebeten. Herr Erben, der frühere Pfarrer von Koserow, hat in den 90er Jahren noch zu Lebzeiten der letzten Schwester angefangen, das Haus zu renovieren und weitestgehend original zu erhalten. Die damals durch einen Wintergarten verdeckte alte Jugendstil-Eingangstür wurde restauriert und zur neuen Eingangstür auf der anderen Seite gemacht, auch die alten Fenster wurden erhalten. Dabei hat ihm ein Sohn als Schreiner geholfen, studieren durften die Kinder zu DDR-Zeiten nicht. Die Scheune hat er mit der Kirche zu einem Seminar- und Gebetsraum ausgebaut. Im Garten können wir ein Foto mit uns von ähnlicher Position wie das, was uns Klaus gegeben hat, machen. Wir gehen nach diesem Erfolg rüber zum Haus Krüger. Werner Krüger öffnet uns, und nach kurzer Zeit sind wir im Gespräch. Eine der Schwestern war seine Stiefmutter, so ist seine Zuneigung zu Loddin entstanden. 1978 kam er an das Grundstück und hat in Eigenarbeit in zwei Jahren sein Haus gebaut. Er zeigt uns seine Ferienwohnung und den wirklich tollen Blick über das Schilf auf das Achterwasser. Als wir erzählen, dass wir noch vor Sonnenuntergang durch das Höft, die südliche Landspitze, laufen wollen, bietet er an, uns zu begleiten. Er befasst sich intensiv mit Steinen, Geologie und Naturschutz und konnte schon einiges, gerade im Höft, erreichen, anderes wünschenswerte ließ sich gegen die Interessen des Tourismus nicht durchsetzen. Wir erfahren einiges über die Entstehung der Halbinsel “Loddiner Höft” in der letzten Eiszeit, finden Stellen, von denen aus der Blick aufs Achterwasser wie auf fünf Seen aussieht, und kommen an die kleine, versteckt liegende Steilküste auf dieser Inselseite. Jetzt haben die richtige, die Klaus meinte: hier sehen wir einen sehr schönen Sonnenuntergang. Vor dem Lokal Waterblick verabschieden wir uns und danken für die erlebnisreiche Führung. Noch rechtzeitig zum Bestellen nehmen wir Platz. Es lohnt sich: das überregional unter Feinschmeckern bekannte Fischrestaurant – es soll zu den Besten Deutschlands gehören – bietet uns zu absolut moderaten Preisen Herausragendes: eine Loddiner Fischsuppe, gebratenen Ostsee-Aal mit Stampfkartoffeln und für Marlis Stielkotelett vom Pommerschen Landschwein, sehr zart und saftig, bestens gewürzt, dazu Bratkartoffeln mit Lauch, Speck und Zwiebeln. Alles ein Gedicht, so dass auch eine Zitronencreme als Nachtisch nicht fehlen darf. Der Weißburgunder dazu von der Nahe ist nicht zu verachten. Und noch eine – etwas zweifelhafte – Besonderheit hat das Restaurant zu bieten: einen eigenen Weinberg hinterm Haus; das Ergebnis konnten wir nicht testen. Pappsatt verlassen wir das Lokal, die zweieinhalb Kilometer zum Hotel kommen als Verdauungsspaziergang gerade recht.

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3. Mai: nach Kölpinsee auf Usedom

Usedom: Fahrt über Berlin, Spaziergang in der Dämmerung von Kölpinsee nach Loddin

Die bevorstehende Fahrt ist lang, wir stehen etwas früher auf. Klaus schickt uns nach Usedom. Ich habe noch stramme Termine vorher, es klappt alles, auch das Holen der Reiseführer aus der Bibliothek und die S-Bahn-Fahrt nach Mannheim. Dort starten wir um 10:31. Die Anfahrt ist lang: über Berlin und Züssow nach Kölpinsee, 876 km in 8,5 Stunden, die Anschlüsse funktionieren. Wir sind, wie immer nach Tagen zu Hause, an denen einiges zu erledigen war, recht müde, und nutzen die Zugfahrt zum Schlafen, Lesen, Nacharbeiten. Dafür könnte die Fahrt ruhig noch länger sein! Der ICE ist überraschend voll, auch in den hinteren Wagen; in Berlin ist irgendein Sportwettbewerb, zu dem Schülergruppen unterwegs sind. So ergattern wir geradeso Platz an einem Tisch, allerdings nicht alleine, so können wir uns nur auf einem zusätzlichen Platz ausbreiten. Geräumiger ist es in dem schon bekannten tschechischen IC von Wien, den wir schon einmal von Berlin nach Eberswalde hatten. Damals – kaum zwei Monate her – war noch alles weiß und die Seen gefroren. Jetzt grünt es, unser zweiter Frühling: alles, was bei uns schon längst komplett aufgegangen ist, fängt hier erst an: Kastanien, Ginster und Birken beginnen zu blühen, Buchen falten sich auf. Je weiter nach Osten, umso mehr zurück ist die Vegetation. Es ist überwiegend sonnig, eine sehr schöne Fahrt. Nördlich von Berlin gibt es riesige blühende Fliedersträucher, ganze Böschungen voll. Und: jetzt ist es hier solange hell wie bei uns: im Sommer sind die Tage länger, je weiter im Norden, das gleicht am Abend die Verschiebung nach Osten aus. Im Winter waren die Tage hier extrem kurz, wir erinnern uns an Rügen Anfang Januar. Im etwas nostalgisch ausgestatteten tschechischen Speisewagen trinken wir wieder ein Kozel-Bier. Das letzte Stück ab dem kleinen Umsteigebahnhof Züssow – hier in der Uckermark ist alles dünn besiedelt – fährt die Usedomer Bäderbahn mit modernen Dieseltriebwagen. Erst seit 2000 ist die Verbindung wieder durchgehend über den Peenestrom auf die Insel, und seit 2007 geht es bis aufs polnische Inselende in Swinemünde am Oderdurchfluss. Die Schaffnerin betont, dass erst seit vorigem Jahr die Bahncard100 anerkannt wird, aber für Fahrräder müssten wir bezahlen. Die UBB ist zwar eine Bahntochter, aber was besonderes. Wir steigen in Kölpinsee aus und laufen ein paar Meter zu unserem ausgesprochen sauberen Hotel Seeschösschen, wo man uns sehr aufmerksam und namentlich begrüßt. Wir essen etwas und laufen in der Dämmerung in das Örtchen Loddin, wo wir morgen genauer forschen werden, ans Achterwasser, der von der Insel eingeschlossene landseitige Meeresteil. Hier ist es richtig kalt, das wussten wir schon: Vielleicht 4 Grad, am Tag erwartet man hier 9 bis 12, gegenüber 19 bis 24 Grad in Ludwigshafen. Es ist alles entlang der Straße locker bebaut, maximal zweieinhalbstöckig. Fast alles ist recht neu, mindestens renoviert, überall gibt es Ferienwohnungen, zu dieser Jahreszeit zu über 90% frei. Das sieht sehr nach mit der Zeit gewachsenem Überangebot aus. Einzelne Häuser zwischendurch sehen gepflegt, aber seit DDR-Zeiten unrenoviert aus. Dieser dunkelbeige Putz stört hier nicht so stark, weil er nicht wie anderswo durch Industrie schwarz-dreckig geworden ist. Unterwegs treffen wir auf das alte Schulgebäude, der erste Kontakt mit dem Lehrer Leopold, nach dem wir morgen genauer suchen. Am Achterwasser finden wir den gesuchten Melleweg. Das Haus aus DDR-Zeiten um 1960, das es bestimmt so nicht mehr gibt, werden wir morgen versuchen zu identifizieren. Wir schauen uns die Lokale an, die in den Reiseführern genannt werden. Da bleibt zu dieser Jahreszeit mit dem wenigen Betrieb nur der Waterblick, ein Feinschmecker-gelobtes Fischrestaurant, das überraschend preislich nicht so auffällt und als einziges etwas belebt ist. Zum Tippen reicht es nicht mehr, wir sind müde und schlafen nach etwas Fernsehen gleich ein.

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Bericht in Bahn-Mobil über BahnCard100-Projekte

Das Magazin “Mobil”, das in allen Fernzügen ausliegt, widmet sich in der Mai-Ausgabe der Bahncard100 und was man damit machen kann. Neben einem Rapper und einem Programmierer wird unser Projekt vorgestellt. Die Autoren waren dazu einen Tag mit uns unterwegs. Lesen Sie (wenn sie das nicht schon in der Bahn gelesen haben):
DB-Mobil 05.2011 Seite 30-33

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Bericht in der Rheinpfalz

Die Tageszeitung Rheinpfalz hat am 29. April in ihrem Ludwigshafener Teil wieder ausführlich über uns berichtet und besonders Rügen im Schnee (ab 5. Januar) und Altenmünster (4. Februar) beschrieben. Weiterlesen

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30. April: Wanderung rund um Kniebis und zurück

In Kniebis Heimatpfad rund um den Ort, Fahrt von Freudenstadt über Offenburg zurück

Wir fahren nach dem Frühstück mit dem Bus bis zum oberen Ortsende von Kniebis. Von dort wollen wir den Kniebiser Heimatpfad rund um den Ort wandern. In der Info-Hütte – EU-gefördert – wird einiges über Landwirtschaft und Landschaftspflege erklärt, und es gibt eine riesige Auswahl von Prospekten zu Wandern im Winter und Sommer und auch zu den Orten, die wir gestern besucht haben. Wir starten, und gleich fällt auf: nach dem Regen gestern ist alles wie Teerwege, Blätter, Pflanzen, voll mit Marlis “Feinden”, den Pollen. Überall sind Schichten und Ränder wie von gelbem Zementstaub zu sehen. Und in der Luft fliegen die Pollen ebenso heftig; vor schwarzem Hintergrund sieht man sie.
Der Heimatpfad ist ein sehr gut gepflegter, oft sogar speziell angelegter und teilweise mit Holzschnipseln gestreuter Weg, so dass er sich sehr weich gehen lässt. Überall sind Infotafeln angebracht, viele Pflanzen im “Aufgehstadium” sind zu sehen wie sich entrollende Farne, aufgehende Blüten und flächenweise Heidelbeersträucher mit kleinen, schon etwas rötlichen Beeren. Teilweise stehen Holz-Tierfiguren im Wald. Insgesamt ist es etwas übertrieben, für Kinder aber bestimmt lustig. Sonnige Abschnitte wechseln mit schattigen Waldstücken. An einer Stelle gibt es einen großartigen Blick über den Elbtalsee, einem Gletscher-Karsee, weiter bis zum “Sterne”-Dorf Baiersbronn-Mitteltal 400 Meter weiter unten. Ich sitze auf einer Bank in der lauen Frühlingssonne am Ortsrand von Kniebis und tippe. Über sonnige Wiesen und lichte Waldstücke geht es durchs Ortszentrum, wo der Maibaum präpariert wird und die Wäsche trocknet. Zur Halbzeit kehren wir ein bei Kaffee und Kuchen. Kirche und Klosterruine haben wir schon gesehen, hoch gehts und per Fußgängerbrücke über die Schwarzwaldhochstraße, von wo sich ein Blick auf die Appartmenthäuser und die Gebäude des früheren Kindersanatoriums von gestern bietet. An der Südostecke des Weges an der Abendwieshütte ist ein Ort der Besinnung eingerichtet; laut Tafel 50 dürfte das der Kopf der Kniebieser Großsprungschanzen gewesen sein, die hier von 1948 bis 1972 gestanden haben. Sicher waren das die “riesigen Holzsprungschanzen”, von denen Oliver in seiner Erinnerung berichtet hat. Das nächste Stück ist ein Pfad entlang der früheren Grenze zwischen Württemberg und Baden mit über 300 Jahre alten Grenzsteinen. Im Anschluss folgen viele Beispiele und Erläuterungen zu heimischen Bäumen und Sträuchern. Am Naturfreundehaus und nachfolgenden Häusern gibt es Solarstromerzeugung und Anti-Atomkraft-Plakate. Das letzte Eckchen des Rundweges kürzen wir etwas ab, so reicht es zu einer Einkehr auf der Terrasse der Kniebishütte mit Gaisburger Marsch-Eintopf und Blick auf eine Gewitterfront im Süden, bevor wir den letzten Bus nach Freudenstadt erreichen. Alles in allem ist dieser “Premium”-Wanderweg doch informativ und abwechslungsreich. Von den Fahrplan her wäre es knapp möglich: Gepäck holen, Bus zum Hauptbahnhof, OSB nach Offenburg. Das wollen wir nicht testen, wir gönnen uns eine Stunde mehr und den Gang zum Hauptbahnhof, damit wir noch mehr von Freudenstadt sehen. Das erweist sich als gut: leider hat Marlis ihre Kamera beim Gepäckabholen stehengelassen, nach einigen Minuten merkt sie es und wir können sie locker holen gehen. In der Bahnhofstraße sehen wir einige schöne mit den kleinen gestrichenen Holzschindeln verkleidete Häuser, die offenbar nicht im Krieg zerstört wurden. Wir steigen in die OSB (Ortenau-S-Bahn, dieselbetrieben, neues Modell, kennen wir von Prenzlau und Joachimsthal) über Alpirsbach und Hausach nach Offenburg, wieder eine richtige Schwarzwaldstrecke. Glück gehabt, hinter Alpirsbach regnet es, überall steigt Dunst auf, die Straßen sind nass. In Schiltach fällt unser Blick auf malerisch den Hang hoch gestapelte Fachwerkhäuser.

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29. April: nach Freudenstadt und Kniebis

nach Kniebis: mit der S-Bahn durchs Murgtal nach Freudenstadt mit Kurzstopp in Gernsbach, erster Ausflug auf den Kniebis (Ziel: Oliver Schäfer)

Wir starten schon um halb elf, wir wollen uns die Möglichkeit offenhalten, kurz nach eins den Bus von Freudenstadt nach Kniebis zu bekommen, der nächste geht erst drei Stunden später. Diesmal macht uns die Bahn einen Strich durch die Rechnung: S-Bahnen warten nicht, die Anschlüsse sind knapp, und der ICE nach Karlsruhe sammelt kurz vor Mannheim eine Viertelstunde Verspätung wegen einer Weichenstörung ein. Ich drehe alles hin und her: egal auf welchem Weg, rechtzeitig für den Kniebis-Bus in Freudenstadt anzukommen geht nicht; die direkte Bahn fährt eben nur stündlich. Das S-Bahn-System Karlsruhe ist übrigens in ganz Deutschland eine Besonderheit: die Züge sehen eher aus wie große Straßenbahnen und fahren in Karlsruhe und Heilbronn auch so mitten durch die Städte, können aber auch auf das Schienennetz der Bahn wechseln. Wir nehmen die nächste halbstündige S-Bahn dazwischen, die schon mal ins Murgtal bis Forbach fährt. Unterwegs recherchiere ich mit Wikipedia und den Karten auf meinem Handy, welcher Zwischenhalt am interessantesten ist und der Bahnhof nah genug an der Innenstadt. Heraus kommt Gernsbach, nach einer halben Stunde gehts dann weiter nach Freudenstadt. Der Zwischenstopp hat sich gelohnt: direkt an der historischen Altstadt, sehr authentische Mischung aus Sandstein, Fachwerk, Barock und Gotik mit Rathaus und alten Gebäuden direkt an der Murg. Auch die Fachwerk-Zehntscheuern sehen wir, von denen man offensichtlich nicht genau weiß, was man damit machen soll. Bei pünktlichen Zügen hätten wir das nicht gesehen! Leider hole ich mir dabei einen dicken Schmierfleck auf meiner neuen Outdoor-Hose, als ich beim Aussteigen aus der S-Bahn ein Fahrrad berühre, genau zwischen Kettenblatt und Ständer, bei bestens geschmierter Kette. Da werden zu Hause meine Fleckentfernungskünste gefordert sein, solange muss das warten. Die Fahrt mit der S41 von Rastatt bis Freudenstadt ist wirklich ein Erlebnis: sehr schöne Landschaft, zum Greifen nah: schmale Täler, manchmal sogar Schluchten, steile Hänge, eingleisige Tunnel, das alles sehr unmittelbar und auch mit Blick nach vorn über die Schulter des Fahrers, echter Straßenbahncharakter im S-Bahn-Tempo mit vielen Haltestellen. Wir lesen uns etwas in Freudenstadt ein: schon immer planvoll angelegt, am Ende des zweiten Weltkrieges niedergebrannt. Beim schon bis 1950 erfolgten gut geförderten Aufbau konnten sich Pläne nach der Heimatschutzarchitektur durchsetzen; so entstand der riesige quadratische Marktplatz, 216 x 219 m, der größte Deutschlands, wieder neu, umsäumt von Gebäuden mit schönen breiten Arkaden, die noch viele kleine Läden beherbergen. In einer Ecke des Platzes liegt die evangelische Kirche als eine von zwei Winkelkirchen in Deutschland, mit zwei Schiffen rechtwinklig zueinander, nur der Pfarrer konnte beide der früher getrennt sitzenden Geschlechter sehen. An der gegenüberliegenden Platzecke liegt das Rathaus, und mitten auf dem großen Platz sehr schöne Blumenbeete, allerdings durchkreuzt von dicken Straßen. Umliegend gibt es noch zwei Straßen, deren Häuser den Brand überlebt haben, weil man mit dem Inhalt der Abortgruben gelöscht hat. Dort stehen kleine Fachwerk-Giebelhäuser, die frontseitig mit kleinen Holzschindeln verkleidet sind. Nachdem wir uns mit Material aus der Touristinfo eingedeckt haben, nehmen wir den Bus nach Kniebis, den Ort, den uns Oliver Schäfer genannt hat: 1972 war er dort als Achtjähriger während eines Umzugs der Eltern für sechs Wochen in einem Kindersanatorium, was damals noch von den Krankenkassen bezahlt wurde. Wir haben von Oliver alte Schwarzweiß-Fotos vom Blick aus dem Fenster, die er damals aufgenommen hat, und eine Skizze aus dem Internet erhalten; die Anschrift haben wir von Anja Richmann vom Stadtarchiv Freudenstadt bekommen, außerdem eine Postkarte und eine Anzeige des Hauses,

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das damals unter der Leitung von Oberin Rochlitz stand, und einen Zeitungsartikel über den ärztlichen Leiter Dr. Stoßberg, der aus Recklinghausen stammte und noch nach Verkauf der Gebäude etwa 1976 lange als angesehener Land- und Kinderarzt in Kniebis wirkte. Das waren äußerst wichtige Informationen. Über die heutige Nutzung lag dem Archiv nichts vor, das erforschen wir heute. Allerdings gehörte früher der nördliche Teil von Kniebis zu Baiersbronn; erst 1972 ist Kniebis komplett zu Freudenstadt gekommen.
Der Busausstieg Kniebis-Dorf ist direkt am Anfang des Kohlwaldweges. Wir schauen uns zuerst die Busrückfahrzeiten und die Klosterruine am Forbach, an der wir gerade stehen, an. Aufwärts geht es den Weg hoch, mit Schild “Haus Kohlwald Kinderkur”, klingt nach Auflösung der Fragen. In der Gegend der Hausnummer 22 sehen wir nur Wiese, direkt danach stehen wir vor Wohnhausreihen und einem zehnstöckigen Appartmenthaus, beides hier ziemlich deplatziert, mit Nummer 30 bis 36. Wir sind wohl vorbei. Wir gehen den Berg ganz hoch bis zum Bebauungsende. Erst kommt ein größeres Haus “Waldfrieden am Kohlwald – Reha für Drogenabhängige”; wie wir bald erfahren, war das die Kinderkur der AOK Wiesbaden. Also weiterforschen. Am Waldrand treffen wir Stammgäste, die wissen schon mehr, und halten es für möglich, dass es ein “Tannenhof” unterhalb der Appartments gewesen sein könnte, und verweisen uns auf Alt-Anwohner, die Marlis auch gleich in ihrem Garten kontaktiert und interviewt. Die erzählen uns einiges über Kniebis als angenehmen Wohnort und den Fremdenverkehr, von dem der Ort überwiegend lebt. Die Position des Hauses wird bestätigt, wir machen uns also auf den Weg zurück und finden jetzt auch zurückgesetzt mit Eingang von hinten das Haus “Kohlwaldweg 20″ mit großem Holzschild “Tannenhof”. Das ist sicher die ehemalige Nr. 22, bei genauer Betrachtung sind Fenster und Giebel aus unseren Vorlagen noch zu erkennen. Nach hinten ist an- und weitergebaut worden bis zum früheren zweiten Haus des Kindersanatoriums. Dieser Umbau zu einer Appartmentanlage ist wahrscheinlich gleich nach dem Verkauf des Sanatoriums Ende der 70er Jahre geschehen, als auch die Ferienwohnungen weiter oben gebaut wurden. Wir haben es also gefunden, und beim Umrunden entdecken wir die Positionen und Blicke aus unseren Vorlagen, die sich durch Anbauten, Verlegung der Eingänge, neue Bäume und verfallene Zäune jedoch massiv verändert haben. Die Feuerwehr rückt zu einer Freitagabend-Übung an und reinigt mit großem Vergnügen Gullys und Solaranlagen. Wir sind zufrieden mit den Ergebnissen, passend fängt es an zu regnen. Wir haben noch etwas Zeit und sehen die evangelische Kirche von außen an. Da steht ein Schild: Geöffnet, besichtigen Sie unsere Osterstationen. Sehr schön sind mit kleinen Stofffiguren in handgeschneiderter Kleidung Szenen vom Einzug nach Jerusalem über Abendmahl, Kreuzigung und Erscheinung am See Genezareth dargestellt und in einem Begleitheft beschrieben. Zum Abschließen kommt Sabine Bohnet, eine der Initiatorinnen, die uns äußerst nett Erläuterungen zu den Darstellungen, der Kirche und dem Gemeindeleben gibt, und auch Vermutungen zur Holzsprungschanze aus Olivers Text hat. Dem werden wir morgen auf unserer Wanderung nachgehen. Der Regen ist vorbei, er hat die Blütenpollen zu ganzen Seen zusammengeschwemmt. Der Bus kommt, und in Freudenstadt gehen wir durch zwei nicht kriegszerstörte Straßen mit kleinen Giebelhäusern zum “Hotel Bären”, wo wir schwäbischen Wurstsalat und hausgemachten “Waldarbeiter”-Flammkuchen essen. Noch Postkartenschreiben und Prospekte blättern, dann schlafen wir ein.

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24. April: Ausflug nach Ruppertsberg

Wanderung von Deidesheim nach Mussbach, auf dem Weg Essen im Hofgut Ruppertsberg

Am Nachmittag starten wir über Neustadt nach Deidesheim. Auf der eingleisigen, nicht elektrifizierten Weinstraßen-Strecke fahren noch die alten Dieseltriebwagen wie vor 20 Jahren, die uns sonst nur noch selten begegnen. Wir laufen zum Hofgut Ruppertsberg am nördlichen Ortseingang. Auf diesem kurzen Weg finden wir eine versteckte Kneipe mit einem eingewachsenen Kaiserslautern-Wegweiser, und weitere Pflanzen präsentieren ihren Frühling. Im malerischen Hofgut, einem alten Gebäude des bekannten Deidesheimer Weinguts Bürklin-Wolf, das jetzt verpachtet ist, betreibt Jean-Philippe Aiguier seine eigenwillige Gastronomie. Es geht alles etwas ruhiger zu, die Hühner laufen im romantischen Hof zwischen den Beinen der Gäste herum und krähen, die Treppe geht direkt in die Weinberge und zum etwas verfallenen Weinberghaus. Gegenüber der Straße kann man seiner kleinen Enten- und Gänsehaltung zusehen und den Kräutergarten bewundern. Landwirtschaft und Gastronomie sind Bioland-zertifiziert. Alle Grundprodukte stammen aus Eigenproduktion oder von namentlich genannten, fast ausschließlich regionalen Erzeugern. Seine Gerichte leben vom Eigengeschmack und der Kombination der Bestandteile, was ich sehr liebe und viel Genuss mit wenig Menge erlaubt. Der Einsatz von Sahne, Mehl, Fett, Öl und Essig ist sehr sparsam, frische Kräuter werden oft verwendet, von Tieren werden soweit es geht alle Teile verwertet. Entsprechend wechselt die Speisekarte laufend, ich liebe diese vielen Entdeckungsmöglichkeiten. Bei dieser konsequenten Philosophie, die sicher auch Verzicht auf Umsatzmöglichkeiten bedeutet und das Wirtschaften schwieriger, aber auch befriedigender macht, wird das Hofgut natürlich auch im Genussführer von Slowfood Pfalz geführt. Wir genießen ein Fünfgangmenü aus ausgesuchten Bestandteilen in kleinen Portionen, sehr viel Genuss zu moderatem Preis. Der Aufenthalt in der Frühlingssonne draußen ist ein Kontrast zum Silvestermenü, das wir hier, mit Weinbergswanderung im Dunkeln bei Glühwein, Frost und Schnee genossen haben. Wir schließen eine Wanderung zum nächsten Bahnhof Mussbach an und können beim Gang durch die vielen Weinberge den Reben beim Austreiben zuschauen. Überall ist der Löwenzahn verblüht, zwischen den Rebenzeilen sind endlose Flächen mit Pusteblumen zu sehen. Interessant sind auch die jetzt erst ausschlagenden Walnussbäume. Wir erreichen genau den Zug und fahren nach LU zurück.

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23. April: Ausflug nach Landau

Landau: Ausstellung, Stadterkundung

Durch Felder und Weinberge fahren wir am Mittag nach Landau. In unserer Gegend ist die Natur am weitesten, wärmer und sonniger ist es höchstens in Freiburg. Vorbei am ZOB (Zentraler Omnibus-Bahnhof, ist uns schon oft begegnet und gibt es mittlerweile in fast allen Städten mit Zentrumsfunktion für das Umland) laufen wir über die Ringstraßen zur Städtischen Galerie Landau in der Villa Streccius, an der auch der Kunstverein beteiligt ist. Dort sehen wir uns die Fotoausstellung “Der zweite Blick” an. Es geht um Situationen, die erst eindeutig erscheinen, aber durch kleine Unstimmigkeiten genauer hinschauen lassen, um dann dem eigentlichen Inhalt näherzukommen. Zwei Positionen gefallen uns ganz gut, der Rest erscheint uns eher langweilig oder künstlich statt künstlerisch. Der Übergang gute Fotografie zu künstlerischer Fotografie ist eben schwierig, fließend und ein Stück weit Anschichtssache und von genauem Hinsehen abhängig. Wir schlendern weiter durch die Stadt. Sie hatte ab 1688 eine von Vauban errichtete Festung, wobei auch die mittelalterliche Stadt niederbrannte und gerade Straßen und Bauquadrate entstanden. 1871 wurde die Festung geschleift, bis dahin war die Stadt mal unter französischer und mal unter deutscher Herrschaft. Starke Spuren hat die Zeit um 1900 mit vielen großen Sandstein-Gebäuden und Bürgerhäusern hinterlassen, als Landau reiches Zentrum des Pfälzischen Weinhandels war. Hier ist besonders die 1907 eröffnete Jugendstil-Festhalle zu nennen, die heute noch Haupt-Veranstaltungshalle ist. Nach dem ersten und zweiten Weltkrieg war Landau französische Garnisonsstadt. Aus der Südwestdeutschen Gartenschau 1949 in Landau entwickelte sich die Bundesgartenschau, so gibt es hier viele Grünanlagen, ein Reptilium und einen kleinen Zoo. Seit 1990 ist Landau eine der kleinsten Universitätsstädte. Die Konversion militärischer Gebäude spielt heute noch eine deutliche Rolle.
Wir haben uns Landau noch nie so genau angesehen. Trotz gerader Straßen wirkt es durch die abwechslungsreichen Fassaden interessant, es gibt eine große Fußgängerzone mit vielen Geschäften, auch etwas Leerstand. Die Strecke zum Bahnhof wird boulevard-artig ausgebaut. Ein gewisses französisches Flair ist unverkennbar. Vergeblich suchen wir ein Café mit gutem Kuchen.
Als wir schon aufgegeben haben, treffen wir auf die kleine Rösterei Parezzo hinter dem Marktplatz, die französische Törtchen von Rebert aus Wissembourg führt, so dass der Tag angemessen abgerundet werden kann. Auf der Rückfahrt können wir den Spargelstechern zusehen. Kurz danach landen wir wieder in unserem Heimatbahnhof.

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Bericht im Mannheimer Morgen

Am 16. April hat der Mannheimer Morgen erneut über unsere Reisen berichtet:
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Hinweis im Fairkehr-Magazin des Verkehrsclub Deutschland

In der April/Mai-Ausgabe des VCD-Mitglieder-Magazins “Fairkehr” ist ein kurzer Bericht zu unserem Reisejahr erschienen: Weiterlesen

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