4. Mai: Kölpinsee und Loddin

Loddin-Kölpinsee (Ziel: Klaus Arendt): Kölpinsee mit Strand und Steilküste, Loddin mit Begegnungen

Wie üblich nach der ersten Übernachtung sind wir vormittags etwas später dran. Hier ist alles kompakt im Kreis von 200 Metern: Bahnhof, Hotel, Edeka, Kurverwaltung, Post und die Heimatstube, ein kleines Heimatmuseum. In der Kurverwaltung treffen wir gleich auf zwei kompetente Damen: Wir suchen das Haus Leopold, in dem Klaus ab 1960 elfmal Urlaub gemacht hat. Es liegt zwar am Melleweg, hat aber den Eingang von der Dorfstraße, mit Nummer 31. Gegenüber ist das Haus Krüger, wo er einmal gewohnt hat. Nach der Heimatstube fragen wir gleich. Wir erfahren, dass die Öffnungszeit von 14 bis 16 Uhr, für die wir extra wiederkommen wollten, wegen Personalmangels nicht besetzt ist, dafür geht Frau Schäfer gleich mit uns rüber, noch besser. Vieles ist hier im alten Bahnhofsgebäude zusammengetragen: Fischerei in Ostsee und Achterwasser, Brandschutz, Künstler, Schule. In einem dicken Album mit Fotos und Postkarten, das der Heimatverein gesammelt hat, finden wir noch Gebäude- und Gruppenfotos. Der Lehrer Leopold war 43 Jahre bis 1929 an der Schule und damit eine absolute Dorfautorität. Ca. 1912 hat er sein Wohnhaus im Jugendstil erbaut; drei seiner vier Töchter, eine ebenfalls Lehrerin,

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haben es danach weiter bewohnt und Zimmer an Feriengäste vermietet. Im großen Garten vor dem Haus Richtung Achterwasser haben sie zeitweise ein Café betrieben, “Leopolds Garten”. Das Holzschild und Geschirr stehen in der Heimatstube. Wir machen uns erst auf die Wanderroute, die Klaus auch erwähnt hatte: Richtung Ostsee vorbei an zwei Kinder-Reha-Einrichtungen kommt der Kölpinsee, ein etwa ein Kilometer langer See, von Schilf und einem lichten Wald mit Buchen und Birken eingefasst. Wir treffen gleich den im Reiseführer erwähnten Wurzelpfad durch sumpfiges, jetzt eher trockenes Gelände mit längeren Abschnitten auf Holzstegen. Nur sind jetzt nicht mehr einzelne Streben morsch, sondern nur noch einzelne Streben in Ordnung, die meisten sind weg, gebrochen oder vermodert. Vom einfassenden Geländer stehen nur noch ein paar Stützen. Als ausgeschilderten Weg kann man ihn nicht mehr bezeichnen. Für uns ist er bei diesem trockenen Wetter gut begehbar. Unterwegs treffen wir auf eine geschützte Orchideenwiese, leider etwas zu früh für die Blüte. Am Ende ist eine kleine Siedlung, und am Deichweg, auf dem wir auf der anderen Seite zurückgehen, ein aus der Gartenlaube gewachsener Imbiss mit schönem Blick über den See, wo es alles gibt, auch Räucherfisch, sogar einen “Schweden”-Eisbecher: Softeis, Apfelmus, Eierlikör, Schlagsahne. Am Ende der Umrundung landen wir an der zentralen Strand-Infrastruktur mit Eisbude, Gasthaus, Fischräucherei, Strandkorbverleih und Sportangeboten. Wenns hier etwas windig ist, merken wir, wie kalt es doch trotz Sonne ist: kurz vor Handschuh. Durch feinen Sand an der hier schon etwas ansteigenden Küste laufen wir bis zur nächsten Treppe, die auf die Kante hochführt. Durch schönen lichtdurchfluteten Wald mit Efeu und Maiglöckchenfeldern – leider noch nicht aufgeblüht – laufen wir an der Steilwandkante auf den Steckelser Berg, 60 Meter hoch, mit Blick über die Ostsee. Die Steilküste ist eine reine Sandkante, komplett bewachsen, aber sehr empfindlich gegen Stürme. Da das die ganze Insel gefährdet, wurden jetzt in einigen hundert Metern Entfernung im Meer Steinwälle zum Wellenbrechen errichtet. Ob das allerdings die Steilküste mit dem Sonnenuntergang ist, die Klaus beschrieben hat, bezweifle ich, wahrscheinlich kommt die Sonne nicht soweit nach Norden rum. Jetzt müssen wir wenden, sonst langts nicht mehr für Loddin. Wir überqueren die Insel Richtung Loddin und kommen am Hotel vorbei. In dem Moment erreicht Marlis Klaus mit dem Handy und fragt, wo er bei seinem Nachwendebesuch 1995 gewohnt hat, und: es ist dasselbe Hotel gewesen, in dem wir jetzt wohnen, damals ganz neu. Das Ehepaar Richter, die sich auf der Hotelfachschule in Leipzig kennengelernt hatten, haben damals von der Treuhand das Grundstück gekauft und sich den Traum eines eigenen Hotels erfüllt, eines der ersten neuen in der Gegend. Heute ist die Konkurrenz größer, gerade auch im Restaurantbereich. Sie fallen auch heute noch durch ausgesprochen zuvorkommende, individuelle Gästebetreuung und ein sehr sauberes, gepflegtes Haus auf. Am Eingang von Loddin suchen wir zuerst den Friedhof auf und finden sofort das Leopold-Grab, leider können wir die Schwestern nicht identifizieren, da die große Grabstätte nur mit “Ruhestätte der Familie Lehrer Leopold” benannt ist, ohne Namen und Jahreszahlen. Im Dorfkern steht jetzt der Aquarius-Ferienwohnungs-Neubau

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am Platz des Achterwasser-Lokals, das bald nach der Wende baufällig abgerissen wurde. Im kleinen Hafen liegen Sportboote und ein Fischerboot. Wir finden sofort die Dorfstraße 31, gestern abend haben wir das Haus schon umschlichen. Wir gehen durch den Garten, klingeln und werden gleich herzlich empfangen und hereingebeten. Herr Erben, der frühere Pfarrer von Koserow, hat in den 90er Jahren noch zu Lebzeiten der letzten Schwester angefangen, das Haus zu renovieren und weitestgehend original zu erhalten. Die damals durch einen Wintergarten verdeckte alte Jugendstil-Eingangstür wurde restauriert und zur neuen Eingangstür auf der anderen Seite gemacht, auch die alten Fenster wurden erhalten. Dabei hat ihm ein Sohn als Schreiner geholfen, studieren durften die Kinder zu DDR-Zeiten nicht. Die Scheune hat er mit der Kirche zu einem Seminar- und Gebetsraum ausgebaut. Im Garten können wir ein Foto mit uns von ähnlicher Position wie das, was uns Klaus gegeben hat, machen. Wir gehen nach diesem Erfolg rüber zum Haus Krüger. Werner Krüger öffnet uns, und nach kurzer Zeit sind wir im Gespräch. Eine der Schwestern war seine Stiefmutter, so ist seine Zuneigung zu Loddin entstanden. 1978 kam er an das Grundstück und hat in Eigenarbeit in zwei Jahren sein Haus gebaut. Er zeigt uns seine Ferienwohnung und den wirklich tollen Blick über das Schilf auf das Achterwasser. Als wir erzählen, dass wir noch vor Sonnenuntergang durch das Höft, die südliche Landspitze, laufen wollen, bietet er an, uns zu begleiten. Er befasst sich intensiv mit Steinen, Geologie und Naturschutz und konnte schon einiges, gerade im Höft, erreichen, anderes wünschenswerte ließ sich gegen die Interessen des Tourismus nicht durchsetzen. Wir erfahren einiges über die Entstehung der Halbinsel “Loddiner Höft” in der letzten Eiszeit, finden Stellen, von denen aus der Blick aufs Achterwasser wie auf fünf Seen aussieht, und kommen an die kleine, versteckt liegende Steilküste auf dieser Inselseite. Jetzt haben die richtige, die Klaus meinte: hier sehen wir einen sehr schönen Sonnenuntergang. Vor dem Lokal Waterblick verabschieden wir uns und danken für die erlebnisreiche Führung. Noch rechtzeitig zum Bestellen nehmen wir Platz. Es lohnt sich: das überregional unter Feinschmeckern bekannte Fischrestaurant – es soll zu den Besten Deutschlands gehören – bietet uns zu absolut moderaten Preisen Herausragendes: eine Loddiner Fischsuppe, gebratenen Ostsee-Aal mit Stampfkartoffeln und für Marlis Stielkotelett vom Pommerschen Landschwein, sehr zart und saftig, bestens gewürzt, dazu Bratkartoffeln mit Lauch, Speck und Zwiebeln. Alles ein Gedicht, so dass auch eine Zitronencreme als Nachtisch nicht fehlen darf. Der Weißburgunder dazu von der Nahe ist nicht zu verachten. Und noch eine – etwas zweifelhafte – Besonderheit hat das Restaurant zu bieten: einen eigenen Weinberg hinterm Haus; das Ergebnis konnten wir nicht testen. Pappsatt verlassen wir das Lokal, die zweieinhalb Kilometer zum Hotel kommen als Verdauungsspaziergang gerade recht.

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2 Antworten auf 4. Mai: Kölpinsee und Loddin

  1. Klaus Arendt sagt:

    Hallo Ihr Zwei Beide!

    Mit großer Freude und Interesse habe ich das gut geschriebene Interview und natürlich Eure Berichte gelesen.
    Gleich kamen viele Erinnerungen an die vielen schönen Jahre, die wir in Loddin-Kölpinsee verbracht haben. Unter anderem haben zwei der Loddiner Leopold-Frauen gerne Skat gespielt. Es fehlte ihnen aber der dritte Mann dazu, also kam “Onkel Klaus” gerade recht. So haben wir manchen gemütlichen Abend verbracht.
    Eine Fischfangtour mit Fischer August Seek auf dem Achterwasser war ein Erlebnis.

    Überhaupt waren unsere Aufenthalte schon einmalig:
    angefangen mit dem zugigen Plumpsklo auf dem Hof, das Waschwasser aus der Pumpe im Eimer geholt, das gebrauchte wieder rausgetragen und auf den Misthaufen, denn es stand auch noch eine Kuh im Stall.

    Für Euch war Werner Krüger ja auch ein Glücksfall als kompetenter Führer zum Höft-Ausblick mit empfohlenem Sonnenuntergang.

    Bei den vielen Aufenthalten dort war natürlich auch mal kein Badewetter angesagt. Da haben wir viele Orte der Insel erkundet.
    Es war jedesmal sehr schön dort.

    Viele herzliche Grüße
    Klaus

  2. Sehr geehrte Frau Jonas, sehr geehrter Herr Krueger,
    wir bedanken uns recht herzlich bei Ihnen, daß Sie unser kleines, behagliches Hotel “Seeschlößchen” für Ihren Aufenthalt in Kölpinsee gebucht haben. Mit Interesse haben wir Ihren Beitrag gelesen und freuen uns über Ihre freundlichen Worte über unser gepflegtes, sauberes Haus und unsere ausgesprochen zuvorkommende Gästebetreuung. Wir freuen uns, Sie wieder
    irgendwann in unserem gastlichen Hause begrüßen zu dürfen in unserer ganz besonderen Wohlfühlatmosphäre, denn für uns
    gilt, bei uns muß der Gast nur ankommen, alles andere tun wir für Ihn.
    Mit freundlichen Grüßen
    Marion und Johannes Richter