3. Mai: nach Kölpinsee auf Usedom

Usedom: Fahrt über Berlin, Spaziergang in der Dämmerung von Kölpinsee nach Loddin

Die bevorstehende Fahrt ist lang, wir stehen etwas früher auf. Klaus schickt uns nach Usedom. Ich habe noch stramme Termine vorher, es klappt alles, auch das Holen der Reiseführer aus der Bibliothek und die S-Bahn-Fahrt nach Mannheim. Dort starten wir um 10:31. Die Anfahrt ist lang: über Berlin und Züssow nach Kölpinsee, 876 km in 8,5 Stunden, die Anschlüsse funktionieren. Wir sind, wie immer nach Tagen zu Hause, an denen einiges zu erledigen war, recht müde, und nutzen die Zugfahrt zum Schlafen, Lesen, Nacharbeiten. Dafür könnte die Fahrt ruhig noch länger sein! Der ICE ist überraschend voll, auch in den hinteren Wagen; in Berlin ist irgendein Sportwettbewerb, zu dem Schülergruppen unterwegs sind. So ergattern wir geradeso Platz an einem Tisch, allerdings nicht alleine, so können wir uns nur auf einem zusätzlichen Platz ausbreiten. Geräumiger ist es in dem schon bekannten tschechischen IC von Wien, den wir schon einmal von Berlin nach Eberswalde hatten. Damals – kaum zwei Monate her – war noch alles weiß und die Seen gefroren. Jetzt grünt es, unser zweiter Frühling: alles, was bei uns schon längst komplett aufgegangen ist, fängt hier erst an: Kastanien, Ginster und Birken beginnen zu blühen, Buchen falten sich auf. Je weiter nach Osten, umso mehr zurück ist die Vegetation. Es ist überwiegend sonnig, eine sehr schöne Fahrt. Nördlich von Berlin gibt es riesige blühende Fliedersträucher, ganze Böschungen voll. Und: jetzt ist es hier solange hell wie bei uns: im Sommer sind die Tage länger, je weiter im Norden, das gleicht am Abend die Verschiebung nach Osten aus. Im Winter waren die Tage hier extrem kurz, wir erinnern uns an Rügen Anfang Januar. Im etwas nostalgisch ausgestatteten tschechischen Speisewagen trinken wir wieder ein Kozel-Bier. Das letzte Stück ab dem kleinen Umsteigebahnhof Züssow – hier in der Uckermark ist alles dünn besiedelt – fährt die Usedomer Bäderbahn mit modernen Dieseltriebwagen. Erst seit 2000 ist die Verbindung wieder durchgehend über den Peenestrom auf die Insel, und seit 2007 geht es bis aufs polnische Inselende in Swinemünde am Oderdurchfluss. Die Schaffnerin betont, dass erst seit vorigem Jahr die Bahncard100 anerkannt wird, aber für Fahrräder müssten wir bezahlen. Die UBB ist zwar eine Bahntochter, aber was besonderes. Wir steigen in Kölpinsee aus und laufen ein paar Meter zu unserem ausgesprochen sauberen Hotel Seeschösschen, wo man uns sehr aufmerksam und namentlich begrüßt. Wir essen etwas und laufen in der Dämmerung in das Örtchen Loddin, wo wir morgen genauer forschen werden, ans Achterwasser, der von der Insel eingeschlossene landseitige Meeresteil. Hier ist es richtig kalt, das wussten wir schon: Vielleicht 4 Grad, am Tag erwartet man hier 9 bis 12, gegenüber 19 bis 24 Grad in Ludwigshafen. Es ist alles entlang der Straße locker bebaut, maximal zweieinhalbstöckig. Fast alles ist recht neu, mindestens renoviert, überall gibt es Ferienwohnungen, zu dieser Jahreszeit zu über 90% frei. Das sieht sehr nach mit der Zeit gewachsenem Überangebot aus. Einzelne Häuser zwischendurch sehen gepflegt, aber seit DDR-Zeiten unrenoviert aus. Dieser dunkelbeige Putz stört hier nicht so stark, weil er nicht wie anderswo durch Industrie schwarz-dreckig geworden ist. Unterwegs treffen wir auf das alte Schulgebäude, der erste Kontakt mit dem Lehrer Leopold, nach dem wir morgen genauer suchen. Am Achterwasser finden wir den gesuchten Melleweg. Das Haus aus DDR-Zeiten um 1960, das es bestimmt so nicht mehr gibt, werden wir morgen versuchen zu identifizieren. Wir schauen uns die Lokale an, die in den Reiseführern genannt werden. Da bleibt zu dieser Jahreszeit mit dem wenigen Betrieb nur der Waterblick, ein Feinschmecker-gelobtes Fischrestaurant, das überraschend preislich nicht so auffällt und als einziges etwas belebt ist. Zum Tippen reicht es nicht mehr, wir sind müde und schlafen nach etwas Fernsehen gleich ein.

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