24. September: Über Frankfurt/Oder und Cottbus nach Lübbenau

Fahrt von Bad Freienwalde nach Lübbenau im Spreewald mit Stadtrundgängen in Frankfurt/Oder und Cottbus

Wir stehen früher auf, der Bahntakt von zwei Stunden sorgt dafür, wir wollen schließlich noch was sehen. Blauer Himmel begrüßt uns, der Chef des Hauses erklärt uns die Wintersportaktivitäten des Ortes im Skispringen, er hat den Verein gegründet. Neben den vier Schanzen, die wir gestern abend gesehen haben, gibt es die Planung für zwei Großschanzen, die ist immer noch aktuell. Fünfmal in der Woche wird auf den Schanzen trainiert, Schnee braucht man dazu nicht: Keramik-Anlaufspur, Matten-Landebereich, Rasenauslauf. Die letzte Sprungveranstaltung war am 21. August. Heute geht es nach Lübbenau im Spreewald. Die Umsteigestationen bieten sich für Stadtrundgänge an: Frankfurt/Oder und Cottbus. Frankfurt präsentiert sich nicht besonders attraktiv: Gründerzeithäuser, zu 70% saniert, nur in der Süd-Vorstadt und hinter dem Bahnhof, da findet gerade ein “Altstadt”-Fest statt, eher müde und klein. Die Stadt selbst wird überragt von großen Plattenbauten, der Stadtkern war zu 93% zerstört, der Wiederaufbau sind Blocks und Reihenhäuser. Die Straßen sind großzügig, aber unbelebt, und das an einem Samstag-Mittag. Nur einzelne Bauwerke ragen heraus: Das Hochhaus Oderturm hat ein Aussichtsrestaurant im 24. Stock, das Rathaus eine sehr schöne Backstein-Fassade, die 1991 wiedergegründete Europa-Universität Viadrina nutzt alte Gebäude als Hauptgebäude und Bibliothek, und eine echte Sehenswürdigkeit ist die größte Backsteinkirche des Nordens, St. Marien, die nach dem Krieg eine Ruine war und 1974 von der Stadt gepachtet und als Soziokulturelles Zentrum restauriert wurde. Durch die Leere kommen die Säulen und die Halle der gotischen Kirche monumental zur Geltung, auch wenn das Dach heute aus Holz ist. Der Chor und die Sakristei sind vom Gewölbe und vom Anstrich her original restauriert, die drei großen Bleiglasfenster im Chor von 1360 (Schöpfung, Christus, Antichrist) wurden im Krieg ausgebaut und sind ab 2002 aus St. Petersburg zurückgekehrt. Vom Turm, in dessen wöchentlicher Öffnungszeit wir zufällig vorbeikommen, haben wir besten Rundblick, auch über die Oder nach Polen. Wir machen einen erneuten Ausflug nach Polen, in den früheren Frankfurter Stadtteil Dammvorstadt auf der Ostseite der Oder. Hier gehts zwar auch um Handel für deutsche Besucher, jedoch nicht in der drastischen Form der Polenmärkte. Vor der Brücke liegen die toten Gebäude der Grenzkontrollen, auf der anderen Seite einerseits malerische Straßen, wobei die Häuser nicht in bestem Zustand sind, die Balkone sind teilweise durch Holzfachwerk gestützt, andererseits hochmoderne Neubauten für Einkaufszentren, Behörden und den polnischen Teil der Europa-Universität. Die Universität ist sicher ein wichtiger Aspekt für die Stadt, da sie den demografischen Problemen entgegenwirkt, und weil sie Gebäude nutzt, die sonst keiner brauchen würde.
Nach gut drei Stunden fahren wir weiter nach Cottbus. Der Empfang ist mies: Der Bahnhofsausgang ist kompliziert über zwei Unterführungen und wir kommen auf der Stadt-abgewandten Seite heraus, mit Blick auf Einkaufscenter und Bürogebäude, der Nahverkehr fährt selten, die Hauptstraße in die Stadt ist eine einzige Baustelle, die baulichen Zustände an der Bahnhofstraße sind zunächst schlecht. Schon am ungewöhnlichen, wuchtigen Staatstheater in reinem Jugendstil, das mit viel Platz auf dem Schillerplatz steht, bessert sich die Optik, es ist von abwechslungsreichen Gründerzeithäusern in gutem Zustand umgeben. Im Bereich der Altstadt gefällt uns die Stadt immer besser, hier herrscht Leben, auf den Straßen und in den Cafés ist was los, besonders auf dem Altmarkt, der Restaurierungszustand ist gut, aber nicht unnatürlich. Wir sehen schöne Backsteinkirchen und -türme. Alle öffentlichen Gebäude sind zusätzlich sorbisch beschriftet. Die durchfließende Spree sorgt für einige Parks im Stadtgebiet, auf der nächsten Spreeinsel steht das Kunstmuseum im ehemaligen Dieselkraftwerk, einem hallenartigen, imposanten Backsteinbau, der mit moderner Museumsarchitektur konkurrieren kann. Gelesen habe ich vom Filmtheater Weltspiegel, einem Jugendstilbau, der auf dem Weg zum Bahnhof liegt. Wir steuern passend durch Nebenstraßen, und treffen auf ein beeindruckendes Gebäude mit gebogener Front, ganz frisch restauriert und wieder Kino, an dessen Bar wir den ersehnten Sekt bekommen. Im ersten Stock können wir alte Fotos sehen und die baulichen Zwischen- und Verfallsstufen sehen, heute ist die Fassade wieder sehr nahe am Original, und wir erfahren einiges über das Haus und die Cottbusser Kulturszene. Durch dieses unerwartete Highlight am Ende der Runde geht unsere Restzeit schnell um. In der Dämmerung fahren wir die restlichen Kilometer nach Lübbenau an den Südwestrand des Spreewaldes. Hier ist das Hotel komplett ausgebucht. Wir essen gut, es gibt viel zu tippen. Morgen ist der Spreewald dran, wir wissen nur noch nicht wie.

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2 Antworten auf 24. September: Über Frankfurt/Oder und Cottbus nach Lübbenau

  1. Gabriele Heck sagt:

    Das ist spannend, mal Fotos vom “anderen” Frankfurt zu sehen, wo ich doch fast jeden Tag in das Frankfurt am Main fahre. Dort ist natürlich “mein” Frankfurt “das andere”.

    Nachtrag: So eine Ausgestaltung des Kirchengewölbes habe ich noch nicht gesehen. Das sieht sehr außergewöhnlich und toll aus!

  2. I.-Yvette sagt:

    Hallo Ihr Zwei,

    In Gedanken bin ich oft bei Euch – das ist natürlich nicht so viel. Ich muss gestehen, ich habe es oft nicht geschafft, Eurer Reise zu folgen. Irgendwie ist es schwierig, meine Aktivitäten, die Beziehung etc. unter einen Hut zu bringen. Eigentlich schade, denn anfangs war ich Euch immer auf den Spuren… Ich stelle gerade fest, dass ich mails von Mitte August nicht beantwortet habe – peinlich!
    Nun ich wollte Euch erzählen, dass ich letzte Woche mit Martin in Gera und Jena war und auf dem Rückweg sah ich die Ausfahrt “Marlishausen”. Da habe ich natürlich an Euch gedacht.
    Ich hoffe, Euch geht’s gut und Eure letzten Tage als Reisende sind schön und laufen ohne Probleme über die Gleise!
    Lieben Gruss und hoffentlich bis bald
    Yvette