19. August: über Bad Rothenfelde nach Lüdinghausen

Fahrt nach und Rundgang in Bad Rothenfelde (Ziel: Marlis), Fahrt nach Lüdinghausen

Beim abendlichen Lesen sind wir fürs Frühstück an das Traditionscafé Kleimann erinnert worden, das steuern wir an und essen gut, aber etwas kleiner als an den Frühstücksbüffets; leider ist es für die verlockenden Torten noch zu früh. Der Morgen in Dortmund startet trübe, so bleibt es auch auf der Fahrt mit ICE nach Bielefeld und mit dem NWB-Triebwagen nach Bad Rothenfelde. Diese kleine Strecke, der “Haller Willem”, führt immer am Teutoburger Wald entlang, eine ungewöhnliche Landschaft mit dem geraden, langen Höhenrücken, der sich unmittelbar aus der Ebene erhebt. Wir erkennen viel von unserer Autodurchquerung mit Wanderung von Borgholzhausen nach Hilter im vorigen August, wo wir zwei Stationen auf dieser Strecke gefahren sind, und wo am Bahnhof Hilter das Foto mit dem blau-gelben Triebwagen auf unserer Projektkarte entstanden ist. Im Zug verkauft der örtliche Eisenbahnverein eine Festschrift zu 125 Jahren Bahnstrecke Osnabrück-Bielefeld; erst vor sechs Jahren ist die Strecke vom Landkreis Osnabrück wieder durchgängig in Betrieb genommen worden. Pünktlich vor Bad Rothenfelde fallen die letzten Regentropfen, im Westen wird es blauer. Den Tag über bleibt es heiter und gerade warm genug. Der alte Bahnhof wird vom gegenüberliegenden Fleischfabrikanten zum Kulturhaus umgebaut. Wir laufen die Strecke in den Ortskern, knapp zwei Kilometer. Unterwegs finden wir einen Supermarkt, bei dem wir unser Gepäck unterstellen können, ein Debut, für uns und das Marktpersonal, so können wir befreit weiterlaufen. Gleich am Beginn des Kurparks stoßen wir auf die neue Saline, einen geraden, einige hundert Meter langen Bau aus dem 19. Jahrhundert. In der Verlängerung vor dem Kurmittelhaus ist das alte Gradierwerk zu sehen. Bad Rothenfelde ist ein Ziel von Marlis, im Alter von fünf Jahren, Anfang der 50er, war sie hier für sechs Wochen in Kinderholung. Die Erinnerung ist natürlich schwach, Dokumente, Fotos oder Aufzeichnungen gibt es nicht. Die Salinen kommen ihr allerdings bekannt vor. In der Touristeninformation treffen wir auf eine Dame in Marlis’ Alter, Marlies Schlingmeyer, die das ehrenamtlich macht. Sie kann einiges zu “Kinderheime in den 50ern” erläutern; damals soll es 58 gegeben haben, heute kein einziges mehr. Also sind auch etliche Gebäude abgerissen oder umgebaut. Da sind die Chancen schlecht, irgendwas wiederzuerkennen, wir wissen weder Name noch Ortsgegend, nur Waldnähe. Sie nennt uns den ehemaligen Standort des Dortmunder Kinderheimes. Wir kommen zweimal dort vorbei, in der Gegend finden wir zwei Häuser, die es gewesen sein könnten, mittlerweile in ganz anderer Verwendung und total renoviert, teilweise sind in den Parks später noch andere Häuser entstanden. Zu eindeutigen Erinnerungen reichts nicht, auch nicht im Wald, wo wir in der Bismarckhütte einkehren. Es gibt sehr schön gelegene Reha-Kliniken für Haut und Orthopädie, wir schauen in drei rein, oft sind es alte Häuser mit großen Eingangshallen und neueren Erweiterungen in gepflegten Parks. Eine kleine evangelische Kirche sehen wir, das meiste ist aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der Kurbetrieb so richtig in Schwung kam. Richtige Erinnerungen kommen am Kurmittelhaus mit den langen Gängen und kleinen Zimmern auf, da waren die Sole-Wannenbäder drin, heute eher Solarien, Fango und weitere Spezialanwendungen. Wir gehen in den Demonstrationsgang in der neuen Saline, da riecht man intensiv das Salz und sieht die dicken Krusten, die sich auf dem Schwarzdornreisig gebildet haben. Entlang der Salinen stehen auf Masten dicke Kameras oder sowas ähnliches, wir wissen nicht, ob Brandschutz, Überwachung oder Beleuchtung. Die neue Saline hat obendrauf einen Aussichtsgang, und am Ende steht eine Windkunst, die schon auf alten Abbildungen zu sehen ist, ein Windmühlenrad auf einem Fuß. Unterhalb liegt ein schöner großer Rosengarten. Insgesamt ist Bad Rothenfelde ein hübscher, gepflegter Kurort mit einigen schönen Häusern und Parkanlagen. Es ist nicht mondän, es ist nicht verstaubt, es ist erfrischend normal und scheint gut zu funktionieren. Ob wir hier in Kur gehen würden, ist ein anderes Thema. Marlis ist mit dem Wiedergefundenen zufrieden, wir gehen durch langweilige Einfamilienhausgegenden zurück zum Supermarkt, sammeln unser Gepäck ein und ziehen weiter zum Bahnhof. Es folgen drei Stunden Reise für vielleicht 100 km Luftlinie: Umsteigen in Osnabrück, Münster und Dülmen, davon fast eineinhalb Stunden Aufenthalt: Zeit genug, um uns gründlich umzuschauen. Originell sind die Bahnhöfe Osnabrück und Dülmen, beides Schienenkreuzungen mit Bahnsteigen an beiden Achsen. Alles klappt, wir kommen wie geplant in Lüdinghausen an, dem Ausgangspunkt für unser morgiges Ziel bei Olfen. Der Weg zum Hotel ist länglich, wir kommen gerade so an, dass wir noch was zu essen bekommen. Ich bereite den Ausflug morgen nach Olfen vor, passend habe ich einen Wanderprospekt gefunden, der bei Bus-Auswahl und Wanderung hilft.

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Eine Antwort auf 19. August: über Bad Rothenfelde nach Lüdinghausen

  1. Gabriele Heck sagt:

    Hm, … ein Debut, das Gepäck bei einem Supermarkt unterzustellen?
    Eigentlich eine gute Idee! Wie oft tourt man durch (bekannte und fremde) Städte und schleppt sich zu Tode, weil man am Bahnhof – wenn die Stadt oder der Ort kleiner sind – keine Möglichkeit findet, das Gepäck oder seine Einkäufe aufzubewahren oder wenn der Bahnhof zu weit weg ist, als dass man diese Möglichkeit in Betracht zöge. Ist mir auch schon so gegangen.
    Vielleicht habt Ihr ja noch mehr solcher Einfälle?
    Wer so viel unterwegs ist wie Ihr, kann sicherlich eine ganze Fibel solcher Vorschläge formulieren.