20. August: Olfen, Lüdinghausen und nach Altena

Olfen: Campingplatz und Umgebung (Ziel: Marlis), kurzer Gang durch Lüdinghausen und Fahrt nach Altena(Westfalen)

Das Frühstück in der dunklen Gaststube ist nicht der Hit, das sehr große Zimmer mit Dachziegelblick aus dem Badfenster hat uns gut gefallen. Es gelingt uns, das Hotel Post direkt am Busbahnhof zu überreden, unser Gepäck zu nehmen. Mit dem Bus geht es nach Olfen, dort wollen wir Marlis’ Ziel, die Umgebung des Campingplatzes Füchtelner Mühle, erkunden, wo sie mit ihren Eltern und der Schwester bis 1965 an vielen Wochenenden war und auch Schwimmen gelernt hat. Dem Wanderprospekt habe ich den Rundweg von Olfen Friedhof am Nordrand des Ortes die Stever entlang entnommen, südlich hin, nördlich zurück. Diese fünf Kilometer passen schon mal bestens, das deckt den östlichen Aktionsradius von damals komplett ab. Heute ist dieses Gebiet komplett Naturschutzgebiet, die Wege gut markiert und ausgebaut, vorwiegend sind Fahrradfahrer unterwegs, wir haben Samstag und Top-Ausflugswetter, blauer Himmel bei 24 Grad. Unser erster Anlaufpunkt ist die Gaststätte “Zum Sternbusch”, altbekannt von damals. Wir trinken etwas und begegnen dem Chef, Herrn Grundmann, in meinem Alter, damals hatten seine Eltern das Lokal. Er kann uns einiges erzählen: er berichtet über den ambitionierten Rückbau der Stever-Auen, vom schon lange nicht mehr existierenden Tante-Emma-Laden gegenüber, der für die Campingplatzbewohner wichtig war, der Stromgewinnung im Wehr an der Füchtelner Mühle mit Wasserrädern, dass es seit einem Jahr das neue Naturbad, ein Freibad, in der Nähe gibt, und dass der Campingplatz bis Ende 2012 geräumt sein muss, und der Kiosk schon nicht mehr geöffnet ist. Als wir vor einem Jahr mit dem Auto dort vorbeifuhren, haben wir uns schon gewundert, dass keine Neuvermietungen mehr vorgenommen werden, der Platz kaum mehr gepflegt wird und viele Leerstellen und verlassene Wagen aufweist. Als wir den Platz heute begehen, sehen wir diese Tendenz noch verstärkt. Der Platz war schon immer schwierig, da er im Überflutungsbereich der Stever liegt und öfter alles nasse Füße bekommen hat; Marlis’ Eltern sind deswegen in den 60er Jahren auf einen anderen Platz umgezogen. Wir beginnen am Stever-Ufer am nördlichen Platzrand direkt unterhab des kleinen Wehrs, der Badestelle der Kinder. Im Ufergebüsch beobachten wir Libellen, gegenüber liegt etwas höher ein neuerer Campingplatz. Beim Rundgang finden wir nur noch einzelne benutzte Plätze, die alle richtig eingewachsen sind: Hecken, Vorbauten, Verkleidungen. Wir treffen das Ehepaar Meinert, das seit 45 Jahren hier die Sommerwochenenden verbringt, sie haben es immer genossen, jetzt geht für sie passend ein Lebensabschnitt zuende, nächstes Jahr werden sie nicht mehr kommen und sind froh, dass sie jemanden gefunden haben, der ihre Installationen kostenfrei entsorgt. Für uns sieht das Ganze hier sehr trostlos aus, dieser Eindruck verstärkt sich, als wir nach Überschreiten des maroden Holzbrückchens über einen Steverarm in den neueren, düsteren Teil des Platzes unter hohen Bäumen kommen: vielleicht noch drei benutzte Plätze inmitten von Wohnwagen- und Bretter-Ruinen. Von hier kommen wir auf einen beliebten Spazierweg von Marlis, wir folgen dem nach Westen in den nächsten Wald, machen Picknick auf einem Hochstand und weiten den Weg zu einer Runde über die nächste Stever-Brücke aus. Es gibt keine Punkte deutlicher Erinnerung; der Wald ist massiv gewachsen oder vielleicht auch verschwunden, Mais, in der Masse bestimmt für Biosprit, über den man nicht drüberschauen kann, bestimmt die Landschaft, den gab es damals nicht, und die Bauernhöfe haben höchstens im Kern noch Gebäudeteile von früher. Allerdings: Zurück an der Straße entdeckt sie den Bauernhof, wo sie Milch geholt haben. Gegenüber liegt der neuere Campingplatz, wir gehen kurz rein, sehr gepflegt, doch typisch eng, der Kiosk hat zu, etwas weiter haben sich alle zum Sommerfest versammelt und schleppen Kuchen an. Wir gesellen uns nicht dazu, das ist uns zu eng. Statt dessen gehen wir ins Gasthaus “Füchtelner Mühle”, das heute wie damals unstimmig vornehm wirkt, und trinken Kaffee. Auf dem Weg entlang der früheren Schwimmstrecke gehen wir zum Ausstieg, heute ausgebaut mit Brücke, Park- und Rastplatz und einer besonderen Konstruktion von Aussichtsplattform, verschraubt an gezüchteten Weidenruten, die die Stützfunktion übernehmen, und so den Eindruck vermitteln, als würde man aus einem geschützten Baumhaus in die Landschaft blicken. Auf Infotafeln wird von der Storchenansiedlung berichtet. Für die Rückfahrt haben wir den Rufbus bestellt; als die Haltestelle in Sicht kommt, hält er gerade, und da keine weitere Bestellung vorliegt, fährt uns die Fahrerin sofort und direkt nach Lüdinghausen, wo wir 20 Minuten früher sind. Auch das Buskürzel SV-RF im Online-Fahrplan kann sie erklären: Shuttleverkehr Rosenfest in einem Vorort, also Busse, die nur heute abend fahren. So bleibt noch Zeit für eine kurze Tour zu den Wasserschlössern Lüdinghausen und Vischering, die wir sonst nicht gesehen hätten.
Wir sammeln wie kalkuliert unser Gepäck ein und gehen zum Bahnhof; leider habe ich doch die Zeit unterschätzt und wir erreichen nur mit strammstem Walking-Schritt sekundengenau den pünktlichen Zug, was einen Rüffel gibt. In den Zügen ab Dortmund und Hagen treffen wir auf viele Fußballfans der Borussia, friedlich, laut, einige schwankend und leicht desorientiert, andere passen auf die auf. So kommen wir mit besonderer Unterhaltung nach Altena im Lennetal, einem weiteren Ort aus Marlis’ Kindheit, von dem sie ein Foto gefunden hat. In der Dämmerung wandern wir vom Bahnhof über die Lennebrücke durch die Fußgängerzone zum Gasthaus Mythos, wo wir ein Zimmer gefunden haben, wir sind gespannt. Die Lage des Ortes im schmalen, verschlungenen Lennetal ist bedrückend, die Häuser kleben förmlich an den steilen Hängen und haben abenteuerliche Treppen- und Gartenkonstruktionen. Viele Häuser und Geschäfte stehen leer, anderes wirkt verstaubt. Der hier besonders ausgepägte demografische Wandel – in den letzten 17 Jahren hat die Stadt 25% ihrer Bewohner verloren – ist unübersehbar, auch wenn man mit Fördermitteln versucht, dem entgegenzusteuern und die weltberühmte Burg und das Thema Draht weiter ausgebaut wird. Im Mythos werden wir herzlich empfangen und bekommen ein Zimmer unter dem Dach, erreichbar über enge steile Treppen. Dafür können wir uns hier voll ausbreiten und den Flur mit Tischen mitbenutzen. Da uns nichts besseres beim Gang durch die Fußgängerzone aufgefallen ist, kehren wir hier ein; der Lammbraten mit Weinblättern ist vorzüglich, und der Freund des Wirtes zeigt uns bei einem Ouzo noch Zaubertricks. Hier zwischen den Bergen wird es richtig kalt nachts, die Wärme des Tages ist schnell draußen, wir schlafen bald.

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Eine Antwort auf 20. August: Olfen, Lüdinghausen und nach Altena

  1. Peter Krauss sagt:

    Vom Lennetal hatte ich noch nie gehört oder gelesen. Da die Fotos noch nicht online sind, muss Google Bilder aushelfen ;-) Imposante Burg, Altena.