Waren: Suche nach der Getränkeproduktion (Ziel: von mir), Weiterfahrt nach Wismar
Schon früh ruft die Stadtarchivarin Frau Linne an und nennt die Ernst-Alban-Straße 9 als vermutlichen Standort der Getränkeabfüllung, die allerdings höchstens bis 1995 existiert hat. Unterlagen hat sie keine. Wir frühstücken gut mit vielen anderen Gästen zusammen, mit Blick in den Garten, den wir nach dem Auscheck besichtigen. Das Lebenshilfswerk Waren hat ab 2001 hinter dem Hotel eine Gärtnerei mit Baumschule und Pflanzenverkauf errichtet, in der Behinderte ausgebildet werden. Das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei wurde integriert, dadurch stand eine Halbinsel im Tiefwarensee zur Verfügung. Entstanden ist ein wunderschöner Garten mit einer geordneten barocken Abteilung, in die die Zitrusfrüchte integriert sind, ein englischer Gartenteil mit Hecken, Rosen und freigelegtem altem Baumbestand und langer Uferlinie, ein Heide- und ein Blumengarten. Dazu kommt ein kleines, jedoch sehr variantenreiches Kakteen-Schauhaus und Orchideen. Dieser Garten ist an sich schon einen Besuch wert. Vom Plateau der Feuertreppe genießen wir einen besseren Blick über den See. Mit nur wenig leichtem Regen schaffen wir die nächste Etappe: Am Bahnhof schließen wir unser Gepäck ein und gehen durch die Wohnsiedlungen von Waren-West ins Gewerbegebiet. Wir passieren die Westsiedlung, die der Berliner Architekt Günther Paulus 1936 bis 1941 um den Friedrich-Engels-Platz für die deutschen Werksangehörigen eines Rüstungsbetriebes erbaut hat. Es sind schöne Backsteinhäuser, deren Vorgärten und Bürgersteige heute noch akkurat gepflegt werden, was uns sogar live vorgeführt wird. Im Blockinneren gibt es Kleingärten mit Schuppen, dann folgen einige Straßen mit meist älteren, ebenfalls gut erhaltenen Einfamilienhäusern.
Jetzt gelangen wir in die Ernst-Alban-Straße. Es hat sich viel verändert, etliche Hallen sehen neuer aus, viele sind mindestens saniert und neu verkleidet, damit kaum wiedererkennbar. Vor allem ist das Umfeld aufgeräumter, die Außenflächen sind sauber oder begrünt, Straßen und Bürgersteige ausgebaut. Nur einzelne Hallen sind unverkennbar DDR-Hinterlassenschaft. Wir kommen an der Nr. 9 vorbei, wo heute die Warener Waschfee sitzt, die von der Stadtarchivarin Frau Linne als ehemaliger Standort der Getränkeproduktion genannt wurde. Hinten am Wendehammer, am nächsten an der Bahn gelegen, befindet sich auf einem Gelände ein Getränkemarkt mit zwei weiteren alten Hallen. Da ich mich an den Wendehammer erinnern kann, gehen wir hier erstmal stöbern. Die Inhaberin des Getränkemarktes denkt mit uns nach, kennt aber die Geschichte des Geländes nicht so genau und vermutet, dass es nicht in Frage kommt, weil die bis vor kurzem in anderen Hallen existierende Mosterei schon zu DDR-Zeiten produzierte, was uns andere später bestätigen. Dafür nehmen wir Original Mecklenburger Fassbrause der kleinen Vielanker Brauerei, eine typische DDR-Limo, zum Probieren mit. Wir laufen um die Hallen bis zum Bahndamm, als auf der eingleisigen Strecke ein kleiner Triebwagen der ODEG, die wir schon aus Joachimsthal kennen, vorbeifährt; das dürfte genau der Zug sein, den wir zwei Stunden später nehmen wollen. Der Hof besteht aus großen, nicht ganz ebenen Betonplatten, die Wege aus Betonfertigteilen, erkennbar an den versenkten Eisenhaken, alles noch DDR-Hinterlassenschaft. Gegenüber liegt die große Fischverarbeitung der Firma Friedrichs aus Hamburg, zu deren Büro werden wir weiterverwiesen. Die Damen lassen sich gerne bei der Mittagspause stören, tatsächlich kann sich eine Mitarbeiterin, die schon lange hier im Gewerbegebiet arbeitet, an die Getränkeproduktion im Gebäude der Waschfee erinnern. Zur benachbarten, etwas abgerupft und verlassen aussehenden Disko nebenan können die Damen berichten, dass das nur am Tag so aussieht; morgens begegnen sie manchmal noch den letzten Gästen. Wir ziehen weiter zur Waschfee. Vorbei an einem kleinen als privat gekennzeichneten Gebäude und nach Blicken in die Halle mit großen Mangelanlagen finden wir hinten im noch original betonierten Hof, in dem links ein Metallbaubetrieb werkelt, von hinten den Aufgang ins Büro über der Halle. So ganz klickt es bei mir noch nicht. Hier oben sind alle Räume für die Mitarbeiter. Wir werden in die Verwaltung verwiesen, dort wird gleich der Inhaber und Geschäftsführer Wolfgang Woiterski eingeschaltet, der von unseren Forschungen sehr angetan ist und viel berichten kann. Im Gespräch schließt sich die Geschichte: Er selbst