11. August: nach Waren (Müritz)

Waren (Müritz): Bahnfahrt über Berlin, Hotel am Tiefwarensee, Fischessen am Müritz-Hafen

Heute starten wir nach Waren (Müritz), ins Zentrum der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Idee stammt von mir. 1990, direkt nach der Wende, als ich noch mit eigener Firma Software entwickelt sowie ERP-Software eingerichtet und geschult habe, habe ich drei DDR-Getränkehersteller mit kompletten EDV-Lösungen ausgestattet, einer davon Zweigbetrieb des VEB Getränkekombinats Neubrandenburg mit Sitz in Waren. Das war eine verrückte Zeit, mit einem Lieferwagen voll mit Hardware fuhr ich los, schließlich durfte nichts fehlen, und alle nötigen Informationen mussten dabei sein, vor Ort konnte man nichts besorgen, und Telefonieren ging nur manchmal, mit Drehwählscheiben und Handvermittlung. In den ehemaligen VEBs, die sich am neuen Markt positionieren mussten, gab es neugierige Mitarbeiter und erbarmungswürdig desolate Technik. Ob diese Betriebe überleben würden, konnte ich nicht beurteilen; ohne geeignete EDV jedenfalls schon gar nicht. Im Internet konnte ich keine Spuren der Firma mehr finden, Unterlagen habe ich keine mehr. Ein Anruf beim Stadtarchiv in Waren auf der Fahrt liefert erste Anhaltspunkte, mal sehen, was ich wiederfinde.
Der Fahrplan liefert wie üblich in den Osten verschiedenste, fast gleichlange Verbindungen. Mich interessiert eine über Lüneburg und kleine Oststrecken, mit fünfmal Umsteigen. Kurz vor Göttingen, wo wir hätten umsteigen müssen, wird klar, dass die zehn Minuten Verspätung des zweiten Zuges zu Anschlussproblemen in Lüneburg führen würden, und damit auf den selten befahrenen Nebenstrecken zu deutlichen Verspätungen. Also entscheiden wir, die langweiligere und einfachere Variante über Berlin zu nehmen, mit der Bahncard 100 sind solche Wechsel kein Thema. Auch diese Verbindung dauert länger als üblich, weil im Sommer wegen Baustellen 40 Minuten Verzögerung in den Fahrplan eingebaut sind. Unterwegs nehme ich Kontakt mit dem Stadtarchiv auf und frage nach Spuren der Getränkeproduktion. Die Straße kann Frau Linne mir schon nennen, für Weiteres will sie morgen früh anrufen. Der Zug kommt dann zwar deutlich früher in Berlin an, es reicht aber nicht, um einen Zug früher im Takt zu erreichen. Wir machen eine Kaffeepause im Berliner Hauptbahnhof; den nächsten RE nehmen wir nicht, weil der kurzfristig etwas Verspätung ausweist, was das Umsteigen in Neustrelitz gefährdet. Kurz danach fährt ein ICE, mit dem kommen wir ohne Umsteigen und nur geringfügig später an. Wir haben ein schönes Hotel am Tiefwarensee, nah am Zentrum und doch ruhig, bestens renoviert in einer alten Villa mit Blick auf den See, zugehörig zu einer Lebenshilfe-Einrichtung.
Wir gehen Richtung Altstadt und zum Hafen an der Müritz. Hier wurde einiges Geld investiert, schöne Häuser, Renaissance-Rathaus, viel neues Kopfsteinpflaster, viele Lokale, und an Häusern in der Fußgängerzone auf die Fassade gemalte Läden, sowas haben wir noch nie gesehen. Am Hafen liegen jede Menge Yachten, es gibt viele gut besuchte Strandcafes, fast wie in Südfrankreich, nur dass es etwas kühler und feuchter ist. Wir finden ein empfohlenes Fischrestaurant, ich esse eine Maräne, ein Süßwasserhering, geschmackvoll, schön kross, gut zu demontieren. Danach sind alle Gäste wieder auf den Yachten verschwunden, es regnet etwas. Wir gehen zum Hotel zurück. Ich bin wach und tippe den ganzen Text von heute, das geht diesmal wohl, weil ich heute morgen länger ausschlafen konnte.

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Eine Antwort auf 11. August: nach Waren (Müritz)

  1. Gabriele Heck sagt:

    Hallo Joachim,

    leider kann ich mich auch nicht mehr an jene Kunden im Osten erinnern bzw. an eventuelle Erzählungen von Dir. Auch konnte ich leider keine Hinweise in meinen “historischen Unterlagen” (wie Kundenreferenzliste) finden, die ich aus Nostalgiegründen aufbewahrt und gleich – nach dem Lesen Deines Berichts – durchforstet habe. Statt dessen habe ich alte Telefonlisten der Kollegen gefunden und Flyer der damaligen Software, die wir benutzt haben. Rückblickend eine der besten Softwareumgebungen, die ich jemals verwenden durfte. Wenn ich die heute hätte, würde ich moderner arbeiten als jetzt! So schwelge auch ich (heute abend) etwas in der Vergangenheit.

    Gruß
    Gabi