30. Juli: nach Freiburg

nach Freiburg über Baden-Baden: Neo Rauch im Museum Frieder Burda

Ich wache früh auf, das liegt wohl an der Riesling-Säure von gestern. Ich nutze die Gelegenheit und sehe mich draußen um. Der kleine Ort hat eine Gemeindeverwaltung, eine Schule, eine Bäckerei und eine Bushaltestelle. Wir haben die Abfahrt von hier noch gar nicht organisiert, und gestern abend ist mir aufgefallen, dass meine Organisation via Smartphone oder Internet nicht sinnvoll funktioniert: Der Datenempfang per französischem Netz ist äußerst schlecht, und der Auslandstarif wäre zum Rumsuchen zu teuer. Das hätten wir besser zu Hause vorbereiten sollen. An der Bushaltestelle finde ich immerhin den Fahrplan, es gibt täglich außer Sonntags Busse nach Wissembourg, die am Samstag vormittag sind allerdings Rufbusse. Ich notiere die Nummer, und als Marlis aufgestanden ist, rufe ich an. Pech, hier muss man am Vortag bis 17 Uhr reservieren. Also fragen wir im Hotel nach einer Lösung: die Chefin spricht sofort mit dem Koch, der fährt uns, und nimmt nicht einmal ein Fahrgeld an, wir sind sehr angetan bei dieser Hilfsbereitschaft. Und es passt wunderbar: zehn Minuten später geht der nächste Zug, und mit viermal Umsteigen und einmal Schienenersatzverkehr kommen wir reibungslos mittags im Museum Frieder Burda in Baden-Baden an. Als wir gestern abend von der Besuchsabsicht erzählt haben, bot uns doch tatsächlich jemand zwei Eintrittsgutscheine an, so dass wir heute nur den Audioguide zahlen müssen, den wir für Neo Rauch auch brauchen. Wir haben schon Bilder von ihm gesehen, aber hier wird uns die Komplexität erst klar. Im Film erlebt man Rauch als einen sehr nachdenklichen Künstler, der aus seiner Leipziger Ausbildung in den letzten zehn DDR-Jahren einen ganz eigenen Stil entwickelt. Der Audioguide gibt einige Deutungen, öfters wir finden noch andere. Rauch selbst lässt die Interpretation offen, so wie wir es verstanden haben, lässt er sich ähnlich wie die Surrealisten inspirieren. Nach dieser interessanten, anstrengenden Ausstellung entspannen wir uns bei exquisitem Kuchen im Café König und sehen uns kurz im belebten Baden-Baden um, bevor wir nach Freiburg weiterfahren. Hier ist in den letzten Geschäftsstunden des Samstag ähnlich viel los, als wir quer durch die Innenstadt zu unserem Hotel gehen. Für Freiburg finden wir einige gastronomische Empfehlungen auf der Seite des Freiburger Slowfood-Conviviums, sogar welche, die für uns einfach erreichbar sind. Wir laufen ein Stück an der Dreisam entlang, die mit Randwegen und grünen Böschungen durch Freiburg fließt, gesäumt von den beiden Fahrtrichtungen der Bundesstraße 31 aus dem Schwarzwald zur Autobahn. Die Stadt fällt hier unten im Tal nur durch die vielen drüberführenden Brücken auf. Wir kehren am Ufer ein und kommen mit einer Familie am Nachbartisch in Kontakt, der kleine Sohn zeichnet doch tatsächlich ICEs, da bekommt er natürlich unsere Projekt-Postkarte, wir amüsieren uns alle bestens. Im voll besetzten Kartoffelhaus wird originell und günstig, aber mit hohem Anspruch an die Qualität der Produkte gekocht, wir sind sehr zufrieden. Der Rückweg führt über den Augustinerplatz, offensichtlich abendlicher Treffpunkt, und an der historischen Buchhandlung Wetzstein vorbei. Zurück im Hotel bin ich gleich müde, der übliche Textrückstand am Anfang eines Reiseabschnitts entsteht wieder, morgen beginnt das Aufholen.

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2 Antworten auf 30. Juli: nach Freiburg

  1. Gabriele Heck sagt:

    Juhu!
    Wir haben es doch tatsächlich geschafft: Wir sind gestern nach Baden-Baden gefahren und haben uns Neo Rauchs Bilder angeschaut!

    Ich hatte seine Bilder noch nie “live” gesehen und so konnte ich mir endlich selbst einen Eindruck davon verschaffen. Es hat uns sehr gut gefallen, es war für mich sehr inspirierend und wir haben ein neues Museum entdeckt, auf das wir aufpassen müssen, damit wir nichts verpassen (so wie die Baselitz-Bilder).
    Ich konnte natürlich nicht umhin, mir u.a. das Ausstellungsplakat zu kaufen. Auch das ein oder andere “Künstlerische” aus dem Museums-Shop wanderte in meine Einkaufstüte, damit ich mich zuhause weiter freuen kann.

    Den Ausflug haben wir darüber hinaus unter anderem dazu genutzt, nach Frankreich hinüber zu fahren und dort in einem der großen Supermärkte einzukaufen. So haben wir (nicht zuletzt auch auf unserer Autofahrt, auf der wir den phantastischen Wild-Wetter-Himmel über der grünen Landschaft mit der untergehenden Abendsonne hinter der grünen Landschaft bewundern konnten) doch allerlei erlebt.

  2. Gabriele Heck sagt:

    Wie beneide ich Euch, dass Ihr Neo Rauch gucken durftet!
    Sofort habe ich im Internet einige Seiten der Ausstellung recherchiert. Bis 18.09.2011 habe ja auch ich noch Gelegenheit dort hin zu kommen, wenn ich denn mal unterwegs wäre …
    Was mich interessieren würde: Haben Künstler – wie auch Neo Rauch – tatsächlich immer alles DAS im Kopf während sie malen, was Kunstkritiker/-begutachter hinterher in deren Werke hineinlegen? Nicht erst einmal habe ich den ein oder anderen Künstler erstaunt schmunzeln sehen, wenn der Galerist eines seiner Bilder vorstellte und von so allerlei berichtete, was man in jenem erkennen kann (oder könnte)?