31. Juli: Freiburg

Freiburg: Augustiner-Museum mit Schwarzwald-Ausstellung, Essen im Ochsen

Wir haben uns die Ausstellung “Unser Schwarzwald – Romantik und Wirklichkeit” im neuen Augustinermuseum vorgenommen. So kommen wir früh in die Gänge und sind um 10:30 im Museum gleich um die Ecke. Uns erwartet eine Führung. Viele Aspekte des Schwarzwaldes werden frisch und hintergründig dargestellt: das früher beschwerliche Leben, die Naturausbeutung durch Glasbläser und ihren Holzbedarf, Tourismus, neue Aktivsportarten, Trachten, Möbel, Uhren und Feinmechanik. Leider bin ich kein besonders guter Zuhörer und werde müde, was auch noch während den von Freiburger Studenten gedrehten kreativen, frischen und multikulturellen Kurzfilmen anhält, bis mich die im Film wild durch den Schwarzwald rasenden und springenden Mountainbiker nachhaltig wecken. Das Museum ist das architektonisch interessant umgebaute Augustinerkloster und beherbergt viele originale Glasfenster und Figuren vom Freiburger Münster, die dort zu stark angegriffen waren und durch Kopien ersetzt wurden. Hier sind sie im alten Kirchenschiff eingebaut und entfalten eine ganz besondere Wirkung, da sie aus ungewohnter Nähe und durch Wandlücken betrachtet werden können. Fenster im oberen Stock eröffnenden Blick auf den Münsterturm, später sehen wir den Blick von dort zurück. Auch eine Orgel und der Kirchenschatz des Münsters werden gezeigt; eine absolut sehenswerte Kollektion in einem sehenswerten Gebäude, das noch zulegen wird, wenn der letzte Bauabschnitt fertig ist. Mit Kolumba in Köln kann es allerdings vom Gesamteindruck nicht mithalten, es ist auch kein Kunstmuseum. Im Café mit Blick in den Hof des alten Kreuzgangs stärken wir uns. Im Naturmuseum gegenüber ist eine Fotoausstellung über Menschen in Usbekistan; der erste Teil umfasst absolut sehenswerte Fotos von Max Penson aus dem Zeitraum von 1925 bis 1935, der zweite Teil der Fotografin Gabriele Keller beschäftigt sich mit Frauen in Usbekistan von 1990 bis 2001. Diese sind überwiegend Bilder mit Trachten, deren Farbigkeit übertrieben herausgearbeitet wurde, was uns eine angemessene Wahrnehmung erschwert. Für den Abend finde ich ein Restaurant in Freiburg-Zähringen, das gut zu erreichen ist. Wir besuchen vorher das Münster mit seiner beeindruckend schlichten und klaren Halle. Diesmal gelingt uns – sozusagen als Ausgleich zum Leuchtturm auf Hiddensee – in letzter Minute die Turmbesteigung, damit löst sich auch das Rätsel, wer die Geranien in 40 Meter Höhe gießt: da oben werden die Eintrittskarten verkauft. Die Turmspitze ist in Restaurierung, wir kommen nur bis auf die Höhe der Glocken. Die älteste, die Hosanna, ist über drei Tonnen schwer und mehr als 750 Jahre alt und hat alle Kriege überstanden, nur 1989 war sie einmal zur Restaurierung ausgebaut. Nach einer Runde durch die Gassen setzen wir uns in die Straßenbahn – hier am Abend noch im 15-Minuten-Takt – und fahren zum “Ochsen”. Die Beschreibung bei Slowfood stimmt: “Das urige Traditionsgasthaus gehört mit zu den ältesten Gasthäusern Freiburgs und genießt ob seiner qualitativ und quantitativ hervorragenden Schweineschnitzel schon fast Kultstatus. Das Ambiente des Hauses kommt offensichtlich seit Jahrzehnten gänzlich ohne Erneuerungen aus und hat innen wie außen nostalgische Patina angesetzt.” Kurz: ohne die Beschreibung würde man das unauffällige und nicht einladend wirkende Gasthaus in dieser eher von Wohnblocks bestimmten Gegend nie betreten. Zu unserer Überraschung kommen wir in einen alten Gastraum mit lauter voll besetzten Tischen, unsere zwei reservierten Plätze sind da leicht auszumachen. Die Organisation ist übersichtlich: Eine Bedienung fürs Essen, eine für Getränke, der schwergewichtige Chef kocht. Eine Speisekarte gibt es nicht, die wenigen heute verfügbaren Angebote erfahren wir mündlich. Der Gutedel vom Fass ist gut und sehr günstig, das Rehgeschnetzelte mit Spätzle sehr zart und lecker, besonders auch die Soße. Marlis hat ein Cordon Bleu, zart und saftig. Die Bratkartoffeln hätten gut zum Essen in Frankreich vorgestern gepasst, der einfache Salat ist mit einer leckeren Sauce angemacht, deren Bestandteile ich nicht entschlüsseln kann. Zur Krönung gibt es hervorragendes Mousse au chocolat, alles zu moderaten Preisen: die Getränke sehr billig, das Essen angemessen. Komplett gesättigt, ich mit leichtem Völlegefühl ob der Reste, die ich vor lauter Appetit alle gegessen habe, treten wir die Heimfahrt an. Heute bin ich noch ausreichend wach und die Zeit reicht, um mit dem Tippen aufzuholen. Dieser Abschnitt hat sich zu einer “Slow-Travel”-Reise entwickelt: jeder Abend entstammte Slowfood-Empfehlungen.

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