3. Juli: Ausflug nach Nebel

Wanderung über den Strand nach Nebel, Museum, Ortsrundgang, Kirche

Letzter Tag auf Amrum, Wetter wie gestern: Bedeckt, kühl, windig, aber kein Regen. Wir gehen wieder zum Strand, biegen aber nach Süden ab. Hier wird der Strand immer breiter, es sind erste Primärdünen vorgelagert. Jetzt ist ansteigendes Wasser, der Sand am Wassersaum ist feucht und hart, gut zu gehen. Die Sandstrukturen sind abwechslungsreich, und wir finden interessante Teile: ein Tintenfischschulp und eine von Bohrwürmern zerlöcherte Austernschale. Das aufsteigende Wasser treibt einen Schaumsaum vor sich her. Als wir querab vom Quermarkenfeuer sind, beenden wir unseren letzten Strandgang ohne ein Bad, es war dazu außer am ersten Tag zu unfreundlich und zu windig. In den hier umfangreichen Primärdünen steht ein Strandgut-Bauwerk, von denen im Reiseführer die Rede war, arrangiert aus lauter Strandmüll vom Gummistiefel bis zum Fischernetz, alles schon halb vom Wind zugesandet. Nach einer weiten, braunen Sandfläche, die an einen Salzsee erinnert, umrunden wir ein abgesperrtes Brutgebiet der geschützten Zwergseeschwalbe und erreichen den Bohlenweg, der am Leuchtfeuer durch die Graudünen führt. Diese Bohlenwege sind wirklich gut gemacht und bestens gepflegt, mit Beschreibungen zu Fauna und Flora bestückt und mit Sitzbänken und Abfallkörben ergänzt. Das Feuer kann man umrunden, ein kurzes altes Stahltürmchen. Mitten in den Dünen landen wir in einer archäologischen Zone, erst Findlinge aus einem Gräberfeld der Jungsteinzeit, wo man an den gefundenen Gebeinen schon Schädeloperationen nachweisen konnte, dann Grundrisse einer 2000 Jahre alten Häuseransammlung. Am Übergang von Dünen zum Wald befindet sich eine Vogelkoje, um die ein Bohlenweg mit Erläuterungen führt. Diese quadratischen Teiche mit langen Reusenkäfigen in den Ecken wurden als eine Art Genossenschaft geführt und von ca. 1850 bis 1930 zum Anlocken und Fangen von Wildenten benutzt, deren Fleisch dann verwertet wurde. Es gibt noch etliche auf Föhr und dem Festland, allerdings nicht mehr in Betrieb. Auf schönen Wegen durch Wald und Heide erreichen wir die Ränder von Nebel mit vielen neu gebauten reetgedeckten Ferienhäusern als Zweitwohnsitz oder mit Ferienwohnungen. Die alte Windmühle am Ortsrand, die bis 1963 von einem Müller betrieben wurde, wird seitdem von einem Verein als nettes kleines Heimatmuseum geführt, das man gegen Spende besichtigen kann: Flora und Fauna auf der Insel, Mühlengeschichte und -ausstattung, Landwirtschaft, Dünenveränderungen, Leuchtturm und Seezeichen, Inselbahn. Es gibt auf der Insel einige Vereine, die aktiv die Geschichte bewahren und für schonenden Umgang mit der Umwelt sorgen, und dabei aktiv die Touristen ansprechen. Auch hier am Ortsausgang wird kräftig gebaut, alles im Backsteinstil mit Reetdach, richtig teuer. Die Immobilienpreise sind auf Amrum und Föhr gesalzen: auch bei älteren Objekten liegt alles um die 3000€ pro qm Wohnfläche mit ganz normalen Grundstücksgrößen. Wir schließen einen Rundgang durch den historischen Teil des Ortes an. Die nicht ganz geraden, nicht immer gepflasterten Wege sind gesäumt von sehr schönen Friesenhäusern, natürlich reetgedeckt, mit Vorgärten voll Blumen und Mäuerchen aus Natursteinen mit Steingartenpflanzen oder Heckenrosen. Die wirklich alten sind zu erkennen an den sehr niedrigen Geschosshöhen, und tatsächlich steht zentral auch ein Haus, das eben lange nicht gepflegt ist. Zwischendurch steht die kleine St.-Clemens-Kirche in Weiß inmitten des Kirchhofs mit über 250 Jahre alten Grabmalen voller Lebensgeschichten. Die Kirche hat eine linksseitige Holzempore, eine Orgel hinter dem Altar, auf der gerade für das Abendkonzert geprobt wird, und eine bemerkenswerte geschnitzte gotische Apostelreihe. Von der Aussichtsplattform am Watt über den Salzwiesen können wir auf Föhr und in der Ferne die Insel-Nordspitze blicken. Wir sind trotzdem froh, Norddorf ausgesucht zu haben: es ist dort unauffälliger, natürlicher und doch schön, die Infrastruktur ist sogar besser, Strand und Watt sind näher, der Verkehr hat dort sozusagen eine Sackgasse. Die Straßennamen stammen noch alle aus dem Dänischen, die meiste Zeit gehörte Amrum, wie auch Sylt und Föhr zu Dänemark, viele Ortsschilder sind zweisprachig. Zum Zurücklaufen haben wir bei dem trüben Wetter keine Lust und beeilen uns, um den nächsten Bus zu bekommen. Heute kehren wir im Hüttmanns zu Kaffee und Kuchen ein und machen einen kleinen Rundgang durch noch nicht begangene Straßen. Hier sind nur auf vereinzelten alten Häusern Reetdächer, auch ohne macht fast alles einen angenehmen Eindruck. Jetzt kommt noch ein Eisbecher dran, der ist in der italienischen Eisdiele unerwartet preiswert, die Inneneinrichtung ist dafür optisch anstrengend. Ein Abendessen brauchen wir nicht mehr, nach einer Pause im Hotel nehmen wir einen Cocktail als Absacker und lassen den letzten Abend ausklingen.

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2 Antworten auf 3. Juli: Ausflug nach Nebel

  1. Peter Gottschling sagt:

    Hallo aus Frankenthal,
    ich lese mich durch die Bahn-Zeit-Reise und mache so einen virtuellen Urlaub in Deutschland. Gerade die friesischen Inseln haben es mir angetan. Die Berichte sind sehr lesenswert, ganz abgesehen von den Fotos. Vielen Dank.

  2. Peter Krauss sagt:

    “optisch anstrengende” Inneneinrichtung – schmunzel – kann ich mir gut vorstellen, auch ohne Foto ;-)

    Schöne Beschreibungen und gute Fotos sowieso. Ein bisschen, als wär´ man dabei.