6. Mai: Hiddensee, nach Rostock

Hiddensee (Ziel: Ulrich+Christine Arendt, Horst+Ursula Schäfer):
schnelle Inselrundfahrt mit Tandem, Fahrt nach Rostock

Nach einem hervorragenden Frühstück, das auf einer so gemütlichen Insel auch noch später serviert wird, leihen wir uns ein Tandem. Es ließe sich auch gut wandern, für unsere kurze Zeit müssen wir es per Fahrrad etwas beschleunigen.
Zum Start begegnen wir einer Hochzeit. Hinter dem Deich verläuft der Weg aus etwas holprigen querliegenden Betonschwellen, auf denen vorzugsweise Fahrräder und Planwagen mit zwei stämmigen Kaltblüter-Pferden verkehren, daneben Sand, Heide, Wiesen, Schafe. Kloster liegt am Hang der nördlichen Steilküste. Die meist reetgedeckten kleinen Häuser stehen einzeln in großen Gärten unter großen Bäumen, der Ort fällt kaum auf. Wir besuchen das Heimatmuseum des “Söte Länneken”, wie Hiddensee auch liebevoll genannt wird. Das Museum präsentiert ganz modern Pflanzen der Insel, Bernstein und das karge Leben mit Fischerei und Landwirtschaft sowie die aufwendige Küstensicherung. Die Aufsicht des Hauses kann uns die restlichen Begriffe aus der Zielbeschreibung von Ulrich und Christine Arendt auflösen. Das Gebäude passt zum Stil der Insel: es ist der frühere Seenot-Rettungsschuppen, der 1954 umfunktioniert wurde. Der moderne Rettungskreuzer liegt heute im Hafen von Vitte. Sanddorn männlich und weiblich können wir hier in echt sehen – zum Sanddorn-”Melken” ist es noch zu früh. Die Kartoffelrose, die wegen ihrer dicken Früchte so heißt, zeigt sie uns im Buch, die “Sprosser” werden wir kaum in den Rosenbüschen hören, Vögel können sich in den gerade ausschlagenden Rosen noch nicht verstecken. Der Weg vor dem Haus wird jetzt akkurat mit Bürgersteig gepflastert, ob das zum Stil der Insel passt? Bisher ist die “Hauptstraße” ein unbefestigter Sandweg. Viele Künstler und Prominente haben im letzten Jahrhundert in Kloster Ferienhäuser gehabt; das Haus Gerhart Hauptmanns ist jetzt Museum. Vorbei an der einzigen Bäckerei der Insel und einigen Lokalen und kleinen Souvenirgeschäften – hier sind einige Tagestouristen unterwegs – finden wir im alten Küsterhaus die “Galerie am Torbogen”, der da wirklich aus Backstein steht. Wir treffen Hans-Jürgen und Michaela Driemel, schauen uns in ihre Bilder und ihre originellen, schlicht-schönen Kleidungsstücke aus Filz an und amüsieren uns bestens bei einem Prosecco. Wir parken das Tandem am Fuß des Steilhangs auf einem Fahrradparkplatz und steigen durch den Kiefern- und Birkenwald hinauf zum Klausner, einem alten Gasthaus an der Steilküste mit kleinen Ferienhäuschen und Ostseeblick, in denen schon 1920 Künstler gewohnt haben. Horst und Ursula Schäfer wollen wissen, ob das noch so urig ist: die Lage ja, der Service und die Preise nicht unbedingt. Innendrin ist es eher preiswert-modern ausgestattet und wie man sich vorstellt, dass Gäste es mögen – stimmt sicher auch für einzelne, für uns eher nicht. Von hier führt eine Treppe mit ca. 400 Stufen den Steilhang hinunter an den nördlichen Ostseestrand mit großen Kieseln. Die Treppe sortiert das Publikum: hier laufen nur noch einzelne Urlauber entlang, die es gern ruhiger haben. Ich greife einmal ins Wasser, dann steigen wir wieder auf. Weiter geht es zum Leuchtturm auf dem Dornbusch. Er liegt malerisch auf dem Hügel, seitlich öffnet sich die Sicht auf den Bodden. Vom Turmplateau gibt es eine gute Rundumsicht über Rügen und den Bodden, Hiddensee und die Ostsee. Auf den Turm können wir leider nicht, wir kommen direkt nach der Schließung. Wir laufen einen anderen, einsamen Sandweg durch die Heide zwischen Schafen zurück zum Fahrrad. Hinter dem Hafen geht es auf den Bodden-seitigen Deich. In Vitte sehen wir die Blaue Scheune, das Haus des mittlerweile verstorbenen Künstlers Werner Fink, eine der Inselsehenswürdigkeiten. In der Nähe liegt das “Karussell”, ein in den 20er Jahren vom Stummfilmstar Asta Nielsen bewohntes originelles rundes Haus des Architekten Max Taut, der für einige Prominente auf der Insel gebaut hat. Wir fahren einige Kilometer nach Süden Richtung Neuendorf durch die Heide und den Birkenwald bis zum allein liegenden Hotel Heiderose. In der Nähe soll auch die Familie Kliem ihr Haus haben. Das war der Schnelldurchgang durch die Insel, zu schnell. Wir müssen Abschied nehmen. Leider ist die einzige Verbindung am Samstag, mit der wir bis nach Mannheim kämen, schon mit dem Schiff um 7:45, was nicht in Frage kommt. Das hat den Aufenthalt verkürzt, wir legen einen Zwischenhalt in Rostock ein und fahren von dort am Samstag nachmittag.
Wir erreichen geradeso die Fähre um 17:30. Der Fahrplan ist mit seinen Anmerkungen etwas unübersichtlich, ich hatte mich auf 17:45 eingestellt. Am letzten Fahrradhalt habe ich nochmal nachgeschaut, den Plan hatte ich dabei, und daraufhin haben wir Gas gegeben. Etwas Ärger mit Marlis habe ich mir durch die Hektik natürlich eingehandelt. Die Überfahrt ist sonnig und ruhig, mit Blick zurück auf Hiddensee mit Leuchtturm in der Abendsonne. Der Bus wartet schon, in Bergen erreichen wir bequem unseren Zug nach Rostock. Der Bahnhof und die Umgebung sind für einen Großstadtbahnhof ungewöhnlich aufgeräumt, Büro-Neubauten und restaurierte Villen machen den Eindruck eines vornehmen Viertels. In der Großstadt darf es zum Abendessen ausnahmsweise ein Grieche sein, wir haben um die späte Uhrzeit einfach keine Lust mehr, ins Zentrum zu rennen. Das moderne Ambiente und das Essen im Genesis sind angenehm, die Bedienung zuvorkommend. Wir entspannen ausnahmsweise bei einem schnulzigen Fernsehfilm, der sinnigerweise auf Rügen spielt.
Hiddensee hat uns sehr gut gefallen, es hat etwas ruhiges, im Unterschied zu Spiekeroog ist es unperfekter, weniger reglementiert. Einen breiten Nordseestrand mit Watt, Ebbe und Flut gibt es nicht, dafür ist der Strand lang, es gibt Sand, Kies, Steilküste und eine abwechslungsreiche Landschaft. Auf den Hauptwegen in Vitte, Kloster und zum Leuchtturm gibt es viel Tagestourismus, in den Sommerferien dürfte das unangenehm werden, doch es bleiben viele wenig berührte Wege. Bestimmt kommen wir wieder, ab September, dann länger. Unser einer Tag war für den Charakter der Insel unpassend, auch wenn wir einiges im Schnelldurchgang entdeckt haben. Hätten wir nicht schon einen festen Termin für Sonntag, wir hätten einfach einen Tag drangehängt.

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Eine Antwort auf 6. Mai: Hiddensee, nach Rostock

  1. GERD REUTTER sagt:

    Nach der Wende hatten wir unter anderen Ostdeutsche Städte auch Hiddensee besucht.
    Für uns endlich Gelegenheit Deutschland ganz kennen zu lernen.
    Seit einem Jahr habe ich mich von meinem Auto verabschiedet und fahre viel mit der Bahn. Natürlich nicht solche Reisen wie Sie. Wir bewundern Sie beide und wünschen Ihnen weiterhin viel Freude und Erfolg
    Ihr Gerd+Marianne reutter