30. Januar: Obersuhl

Obersuhl Ortsrundgang, Naturschutzgebiet Rhäden, Grenzweg, Wanderung zum Schlosspark Wildeck mit Obelisk und Inselsteich, Raßdorf

Das Frühstück findet im großen, gut ausgestatteten, ungeheiztem Saal statt. In dessen Mitte fühlen wir uns etwas verloren, bearbeiten hier aber noch wegen der guten WLAN-Verbindung alle Fotos von gestern.
Kurz vor zwölf starten wir zu unserem Ortsrundgang, da ist es noch etwas neblig. Zuerst besuchen wir das wirklich kleine Alte Gymnasium, eine ehemalige Privatschule, die heute ein Spielzeuggeschäft und einen Installateur beherbergt. Gegenüber ist die erste von drei evangelischen Kirchengemeinden, die Methodisten. Wir gehen weiter zur Kirche der Lutheraner, die gerade nach dem Gottesdienst zugeschlossen wird. Diese beiden Kirchen sind richtig klein, eher Kapellen. Wir kommen zur größten und zentral gelegenen, der reformierten Kirche. In der Nähe steht das Stammhaus des Mohr’schen Hofs, wo Hermann früher dem Kartoffeldämpfen beigewohnt hat. Es ist ein komplett modernisiertes Fachwerkhaus mit einer Zahnarztpraxis. Der Rest des Hofes ist dem neuen Bürgerhaus gewichen. Gegenüber in der Ortsmitte liegt der Gasthof “Zum Adler” mit Metzgerei. Die Öffnungszeiten passen; den werden wir heute abend heimsuchen. Entlang dem Suhlbach geht es weiter durch den Ort. So langsam merken wir, dass es doch gewisse stilistische Gemeinsamkeiten im Ort gibt. Ausgehend von den locker stehenden Häusern wie sie ursprünglich gebaut wurden, wurde weiter renoviert, und man bezog sich dabei gerne auf die Ideen der Nachbarn. Am westlichen Ortsrand treffen wir auf das Gebiet mit der ganzen Infrastruktur: die alte, mittlerweile deutlich modernisierte Grundschule, dahinter die neuere Gesamtschule, ein großes Stadion, ein Freibad von 1960, das in diesem Jahrhundert modernisiert wurde, eine Sporthalle, eine Kleinschwimmhalle und eine Tennisanlage. Eine ganze Menge für einen Ort mit 3000 Einwohnern! Direkt dahinter liegt das große Naturschutzgebiet Rhäden mit vielen Teichen und einer sumpfigen Umgebung, direkt an der früheren Grenze gelegen. Hier zwischen dem vielen Schilf gibt es sehr viele Vögel; Schwäne fliegen und es gibt mehrere Beobachtungsposten und Bildtafeln von Naturschutz und Vogelschutz. Mit der Wanderkarte schaffen wir es, uns auf Wegen und Pfaden zwischen den Teichen durchzuschlagen. Die Umgebung von Obersuhl ist landschaftlich wirklich ein außergewöhnliches Erlebnis. Und diese Wege sind überhaupt nur zu begehen, weil heute der Boden gefroren ist und dadurch hart. Den Spuren ist anzusehen, wie matschig es hier eigentlich ist. Die Seen sind oberflächlich leicht angefroren und glitzern, wenn die Sonne versucht, durch den Nebel durchzublinzeln. Dazu kommen noch die leichten, völlig unberührten Schneereste, die überall in den Unebenheiten liegen. Auf dem Weg stoßen wir immer wieder an Stellen, wo die DDR-Grenze verlief. Am Weg stehen zwei bestimmt 30 Jahre alte Windräder. Hinter einem Schafstall treffen wir eine Herde von Schafen, die mit kompletter Wolle fast zugedeckt sind. Im Hintergrund erscheint langsam der 500 m hohe Kaliberg, der damit 250 m aus der Landschaft ragt und gegenüber der Landkarte schon um einiges gewachsen ist. Das Spiel von Nebel und Sonne ist wirklich spannend. Wir wünschen uns langsam die Sonne; es ist mit bestimmt -3° und etwas Wind schon ziemlich kalt. Wir müssen immer wieder die Finger bewegen, damit die Hände nicht zu kalt werden. Am Ende des Naturschutzgebiets kommen wir wieder an die alte Grenze. Wir können dort jetzt den wahrscheinlich früher auf DDR-Seite zur Beobachtung dienenden Weg benutzen, der früher bestimmt auf keiner Seite öffentlich nutzbar war.Wir sehen, welchen Überblick die Grenzsoldaten über das Gelände hatten; die Bäume und Sträucher sehen hier so aus, als wären sie erst nach der Wende in dieser Höhe gewachsen. Dieser Teil der Wanderung hat uns gezeigt, wie der Ort durch die Grenze förmlich eingekesselt war. Bis jetzt haben wir richtig Zeit gebraucht und es gibt jede Menge Fotomotive für Marlis. Es ist schon nach halb drei, und es wird langsam Zeit, in Richtung Schloss vorwärts zu kommen. Auf der Straße durch Raßdorf und asphaltiertem Weg erreichen wir relativ flott den Schlosspark der alten, bis 1540 bewohnten Burg Wildeck und des nachfolgenden Jagdschlosses Blumenstein, von dem es nur noch einzelne Ruinen gibt. Wir erreichen den “Frau-Holle-Weg” Richtung Inselsteich, einem unserer Ziele. Der Weg ist gesäumt von hohen, jetzt laubfreien Bäumen, die voll mit Misteln sind. Auf der Wiese steht der gesuchte, 22 m hohe Sandsteinobelisk, auch noch aus Zeiten der Landgrafen. Vor diesen Obelisk machen wir das Foto mit uns drauf, mit dem wir ein erreichtes Ziel dokumentieren. Es dauert also etwas, bis wir den Teich erreichen, in dem Hermann schwimmen gelernt hat. Auf der Insel in der Mitte steht tatsächlich ein leerer Sockel für ein Denkmal oder eine Statue. Hinüber führt mittlerweile ein Holzsteg, den es vielleicht früher nicht gegeben hat, wahrscheinlich auch nicht die Schilder “Angeln verboten”, “Baden verboten” und am Baum auf der Mitte der Insel “FKK”. Auch die große Schutzhütte, die im Sommer wohl für gastronomische Bewirtung verwendet wird, mit Fahrradständer und einer “Bild”-Werbung, dürfte neueren Datums sein. Jetzt beginnt die Sonne schon langsam unterzugehen. Auf der Karte sehen wir einen Eintrag “historischer Friedhof” in der Nähe direkt hinter einem großen Reiterhof. Wir können aber außer ein paar netten Gebäuden und einer großen Obstwiese nichts mehr entdecken. Auch von der Ruine Blumenstein sehen wir nur den Berg, auf dem sie liegt. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit ist eine Rückwanderung nach Obersuhl nicht mehr möglich. Bei Betrachtung der Karte fällt uns auf, dass die Bahn im nächsten Ort einen Haltepunkt hat. Ich befrage mein Handy zum Fahrplan. Der Zwei-Stunden-Takt passt gut in unseren, so zielen wir auf den Haltepunkt Bosserode um 17:18 Uhr. Flotten Schritts geht es wieder durch Raßdorf. Es gibt noch sehr schöne Blicke auf Fachwerkhäuser, den Kaliberg und gepflügte Felder im Abendlicht. Der Zug ist wirklich pünktlich und bringt in zwei Minuten die 3 km nach Obersuhl. Wir haben es immerhin über fünf Stunden am Stück bei diesen Minusgraden draußen ausgehalten. Deswegen ist jetzt sofortiges Aufwärmen nötig, und wir steuern sofort die Gastwirtschaft “Zum Adler” an. Hier ist gut Betrieb, der Nebenraum ist mit einer Versammlung besetzt und nach uns füllt sich auch die Gaststube komplett. Hier gibt es Fleisch aus eigener Schlachtung, so dass ein Steakteller und ein Grillteller fällig werden. Speziell die Bratwurst ist ganz vorzüglich. Danach begeben wir uns ins Hotelzimmer, um die fälligen Berichte zu schreiben.

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