6. November: SlowFisch Bremen

Vom Etap-Hotel Bremen-Süd zur Slow-Fisch-Messe, Übernachtung bei Freunden

Wir erwachen im Etap-Hotel, dass sich “Bremen-City-Süd” nennt. Vom Hauptbahnhof ist es immerhin elf Busstopps und einmal Umsteigen entfernt. Die “City-Süd” besteht aus Mc Donald, BMW, Conrad und Baumarkt. Wir werden immerhin durch den Anblick des kleinen Krimpelsees entschädigt.
Bei der Ankunft am Hauptbahnhof gibt es ergiebigen „Mairegen“ – so warm ist es. Wir haben schon Übung: richtige Gepäckfachgröße, passendes Kleingeld und ab geht es durch den Hauptbahnhof zum nahegelegenen Messegelände, das die SlowFisch-Messe beherbergt.
Wir wissen nicht, wieviel Fisch und anderes uns erwartet, wir sind neugierig auf unseren ersten Slow-Fisch-Besuch.
Uns begrüßt ein fotogener holländischer Wild-Wattenaustern-Verkäufer, ausgestattet mit passendem Handschuh, Werkzeug und Tätowierungen am Arm, das macht was her, läßt Seeluft atmen. Zwei junge Damen lassen sich von ihm umgarnen und finden Austern geil, obwohl sie eigentlich damit bisher keinen Kontakt hatten. Direkt daneben werden eingelegte italienische Sardinen ähnlich einer Torte in schwindelerregender Höhe säuberlich aufeinandergeschichtet, das imponiert den auf deutsche Ordnung gepolten Besucher, nicht mal eine ordentlich hohe Schwarzwälder Kirschtorte kann damit konkurrieren, und dieser silberne fischige Glanz fehlt eben. Gleich danach gibt es Artländer Bier aus dem Norden und direkt gegenüber präsentiert eine Jungwinzervereinigung mit Namen “Stilecht” Wein aus dem Süden, genauer der Pfalz, der genauso gut mundet wie das Bier von gegenüber – für Joachim den Wein, für mich das Bier. Und dann kommt der sehenswerteste Teil der Messe überhaupt: die heimischen Fische auf Eis gelegt im Original, ganz frisch gefangen, noch aussehend wie lebendig, in ihrer vollen natürlichen Größe, man sieht, wie platt die Scholle ist. Und die großen Seeteufel und langen Schwertfische – die Besucher stehen in einer Reihe Schlange und staunen so wie wir. Wie Fische gefangen werden und wie fischartenschonend-verträglich das ist, ist auch ein Thema der Messe, ebenso wie das Angeln von Fischen. Ansonsten werden noch verschiedene Räucherfische, Fischgerichte, Käse, Honig, Spirituosen und auch viel Wurst wie die Kasseler Ahle Worscht von Rohde angeboten.
Um 15 Uhr haben wir ein Geschmackserlebnis zur Geschmackssensorik von Fischen gebucht, das einzige der Verkostungsseminare, das ausgebucht ist. Anscheinend kennen die Menschen hier vor Ort ihren Fisch und wissen die Qualität zu würdigen. Wir probieren Seelachs, Rotbarsch, Hering, Pangasuis, Regenbogenforelle und Lachs zubereitet im Kochbeutel natur ohne weitere Zutaten und lernen vieles über Aussehen, Geruch, Textur.
Ines Lehmann vom Max-Rubner-Institut Hamburg führt amüsant und sehr kompetent durch die Veranstaltung.
Danach bleiben uns weniger als zwei Stunden Zeit für den Rest der Messe, die aber auch mehr als komplett ausreichend sind. Der Fisch verschwindet immer mehr zugunsten von Schokolade, Brot, Honig, Wein, Gewürzen, viel Senf, Marmelade, verschiedenenartigsten Ölen, Pfannen – zunehmend uninteressant. Ein originelles Erlebnis ist noch das Interview mit Gernot Riedl, Leiter des Slowfood-Conviviums Bremen, über die Esskultur im Norden. Die angeschlossenen Reise- und Caravan-Wohnmobilmessen, in die wir noch einen Blick werfen, sind für uns mehr als langweilig, weil sie nur den allgemeinen Massengeschmack bedienen.
Gleich danach treffen wir uns am Service-Point im Bahnhof mit meiner ehemaligen Schülerin Tina und ihrem Freund Lars. Wir erkennen uns gleich wieder, obwohl wir uns mehr als 15 Jahre nicht gesehen haben und wir beide inzwischen die Haarfarbe und -länge gewechselt haben – und das Alter. Wir fahren mit ihnen beiden auf ein Dorf bei Bremen, Scharmbeckstotel. Sie bewirten uns köstlich mit Lammfilet in Gemüse mit Reis und pfälzischem Rotwein. Der Abend zwischen Vergangenheit und unserer aller Zukunft ist so spannend, dass wir abbrechen müssen, um einigermaßen rechtzeitig ins Bett zu kommen und nicht allzu tief ins Glas zu gucken.

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