22. September: Fahrt nach Bad Freienwalde

Schiff, Bus und Zug von Hiddensee über Stralsund und Eberswalde nach Bad Freienwalde

Zum Frühstück besucht uns Michaela Driemel, nach unserem kurzen, angeregten Gespräch muss sie zurück zu ihrer Ausstellung. Wir haben noch Zeit zu einem kurzen Gang an den Strand. Wenige Spaziergänger sind unterwegs, dafür gibt es kräftige Wellen und Schaumstreifen, Windstärke sechs. Auf dem Schiff ist es ruhiger, im geschützten Bodden kann sich keine große Welle aufbauen, das Schiff rollt nur bei Wellen von der Seite etwas, die Schaumstreifen sind dafür um so deutlicher. Das Wetter ist trübe, aber noch trocken. Wir starten als einzige Fahrgäste mit dem Bus nach Bergen, so sitzen wir wieder vorne und unterhalten uns mit dem Fahrer über Tourismus und Winter auf Rügen. Vor Bergen beginnt es zu regnen, das bleibt bis nach Greifswald so. Wir haben es gut getroffen mit dem Wetter; nur die Fahrtage sind verregnet. Jetzt kaufen wir zum letzten Mal im Bioladen am Stralsunder Bahnhof ein und fahren zum letzten Mal auf der Strecke Prenzlau-Eberswalde. Wir haben uns einen guten Platz gesucht und können intensiv Fotos bearbeiten. Als Marlis unsere Jacken aufhängt, kommt ihr der Herr in der Reihe gegenüber bekannt vor, das beruht auf Gegenseitigkeit. Es ist Tilmann Homberg, der Sohn der Künstlerin Mechthilde Homberg, den wir am Montag beim Besuch bei ihr getroffen haben. So haben wir Gelegenheit, mehr über ihn und die Arbeit bei den Bayreuther Festspielen zu erfahren, und wir können ihm direkt ausgesuchte Bilder vom Besuch bei seiner Mutter zeigen. Es ist schon verblüffend, wieviele Zufallstreffen sich im Reisejahr ergeben.
In Eberswalde steigen wir aus; in der halben Stunde Aufenthalt schauen wir uns vor dem Bahnhof um, entdecken die O-Bus-Linien der Stadt und stellen fest, dass es sich um eine 40.000-Einwohner-Stadt und Kreisstadt handelt; in der Nähe liegt das Schiffshebewerk Niederfinow am Oder-Havel-Kanal mit einer Hubhöhe von 36 Metern. In der hier noch einigermaßen funktionierenden Bahnhofsgaststätte ist Happy Hour, so genehmigen wir uns ein Bierchen in echter Eisenbahner-Atmosphäre. Mit der ODEG geht es die letzten Minuten auf der Strecke nach Frankfurt/Oder bis nach Bad Freienwalde, hier wollen wir uns das(!) Oderbruch ansehen. Bei der Ankunft mutet der Bahnhof etwas seltsam an; es gibt ein zweites Gleis, der zweite Bahnsteig mit den Gleisen zwei und drei ist jedoch komplett zugewuchert. Als der Gegenzug kommt, klärt es sich auf: Unser Zug ist über die Weiche in den zweigleisigen Bereich gefahren und hält auf Gleis 1b; kurz danach kommt der Gegenzug vorbei über die Weiche in den eingleisigen Bereich aufs Gleis 1a, die Züge halten also hintereinander an derselben Bahnsteigkante, man braucht keine Unterführungen und keinen Bahnhof mehr, der steht entsprechend leer.
Wir sind jetzt nahe der Dämmerung, in diesen feuchten Gegenden tanzen und stechen die Mücken. Unser Hotel liegt am nördlichen Ortsrand im nach der Wende entstandenen Industriegebiet; es ist ein großzügiger, zumindest für diese Jahreszeit etwas überdimensionierter Neubau von 1997. Wir werden nett empfangen, bekommen alles Infomaterial und eine Wanderkarte geliehen, dazu alle Tipps gegen unsere Neugier. Nur das Wlan bekommen wir nicht in Gang, auch nicht mit Hilfe des Juniorchefs. Wir starten mit einigen Empfehlungen in die Innenstadt auf der anderen Seite des Bahnhofs. Alles ist sehr verschlafen, auf dem Weg zum Bahnhof haben praktisch alle Läden zugemacht, am belebtesten ist das Industriegebiet um das Hotel. Ab dem Bahnhof ist die Straße bis zur Kirche und dem Rathaus schön gepflastert, auch die weiterführende Königstraße. Hier ist es schon hügelig, die Stadt liegt am Fuß des ungefähr 150m hohen Barnimer Bergland. Vom Kurbetrieb merken wir nichts; laut Wegweiser sind es bis zum Kurviertel noch zwei Kilometer. Die Stadt ist ausgestorben, wie auch die vereinzelten Pizzerien und die drei einfachen Restaurants. Wir suchen uns das beste aus und essen immerhin nicht ganz allein, preiswert und ordentlich; besonders die Spirituosen sind billig, die ganze Liste unter zwei Euro. Wir laufen zurück und schlafen frühzeitig ein.

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Eine Antwort auf 22. September: Fahrt nach Bad Freienwalde

  1. Gabriele Heck sagt:

    Tja, Ihr schreibt vom “Zufallstreffen”.
    Ich habe mich schon immer gefragt, was ein “Zufall” überhaupt ist?
    Wenn ES passiert, dann ist ES möglich. Das ist doch klar.
    Egal, ob man damit gerechnet hat oder nicht.
    Ist ein Ereignis ein “Zufall”, nur weil es wenig wahrscheinlich ist?
    Heißt “Zufall” etwa, dass ein eintretendes Ereignis eine sehr niedrige Wahrscheinlichkeit (unter wieviel Prozent eigentlich) besitzt?
    Vor allem: Wer will diese Wahrscheinlichkeit letztendlich bestimmen können?
    Ich kenne mich damit nicht aus.
    Es lebe der “Zufall”!
    :-)