8. April: München und zurück

München: Lehel, Viktualienmarkt, Isarauen (Ziel: Margret Fuhrmann), Rückfahrt mit Railjet

Morgens ist es etwas bedeckt, und draußen wieder angenehm kühler (finde ich!). Mit unserer Haus-Tram 17 fahren wir zum Mariannenplatz in Lehel, direkt vor die Kirche St. Lukas. Es ist ein mächtiger, außen verwinkelter Bau des Historismus der wilhelminischen Zeit, 1896 als dritte evangelische Kirche in München vollendet, mit ungewöhnlich exponierter Position an der Isar gegenüber der Praterinsel. Die Predigtkirche hat keine Langform, sondern um einen von vier Säulen eingefassten Hauptraum ordnen sich allseits kleinere Seitengewölbe an, über denen sich außer im Altarbereich Emporen befinden. Die Ausführung ist absolut nicht unbescheiden, auch die beiden seitlichen Rosetten sind sehr groß. Man wollte wohl nicht so auffallen im katholischen München. Wir bemerken, dass es solche Kirchenformen des öfteren gibt, besonders als evangelische Kirchen des 19. Jahrhunderts, und denken an die Mannheimer Christuskirche, den Hamburger Michel, die Dresdner Frauenkirche. Nach einem Abstecher auf den Isar-Wehrsteg machen wir uns weiter auf die Spuren von Margret: in die Mannhardtstraße, eine kleine Verbindungsstraße mit 10 Hausnummern. Wir sind daher ziemlich sicher, ihr Appartmenthaus aus den 60er Jahren gefunden zu haben: Nr. 8. Gegenüber, Haus Nr. 5, könnte die erste Wohnung gewesen sein. Eine angenehme, ausgesprochen innenstadtnahe Wohngegend. Wir gehen weiter durch die Straßen Richtung Isartor und Viktualienmarkt. Hier sind zwar noch ältere Häuser dazwischen, prägend sind die vielen Neubauten, sowohl Wohn- als auch Geschäftshäuser, es gibt Kettenläden und alte Inhaber-geführte Geschäfte. Am Viktualienmarkt findet man alles, permanent und viel in Bio-Qualität zu reellen Preisen, auch manche Früchte, die wir nicht kennen. Am Südrand gibt es die Gaststätte “Zum Pschorr”, die die typischen Münchner Gerichte in Slowfood-Qualität und definierter Herkunft anbietet. Wir wählen diesmal das dahinter liegende Café Frischhut mit Schmalznudeln und Stritzeln. Lecker! Und wir sitzen in der Sonne. Tina und Stephan kommen kurz vorbei. Wir ziehen weiter Richtung Sendlinger Tor. Auch dort hat sich einiges verändert. Hinter dem Stadtmuseum steht die neue, architektonisch auffällige Synagoge und das jüdische Museum. Wir landen in der Sendlinger Straße, einer Einkaufsstraße, die vom Marienplatz zum Sendlinger Tor führt, und dort geradewegs vor der Asamkirche. Wir haben davon gehört, jetzt schauen wir natürlich rein. Nicht besonders groß, aber im Rokokostil von oben bis unten mit dreidimensionaler Ornamentik ausgestattet. Fenster mussten keine ausgespart werden, die Kirche ist ein “Reihenhaus” und hat seitlich Mauern. Licht kommt nur von der Decke. Außergewöhnlich! Die Isarauen sind ein Ziel, dem wir mit der U-Bahn näherkommen, und dann zum Flaucher auf einer Isar-Insel laufen. Der Biergarten ist in Betrieb und gut besucht mitten im Grünen, die Bewirtung geschieht aus Containern, das Gasthaus befindet sich ín Komplett-Sanierung. Wir ziehen zur Isar. Auf den Kiesufern und den Randwegen ist viel los, kein Wunder bei der herrlichen Sonne. Wir laufen durch immer grüner werdende Au-Wälder zwischen Joggern, Spaziergängern und Hundeführern, darunter ein junger Mann, der samt Hund über eine längere Distanz knietief durchs Wasser läuft. Per Bus kürzen wir die Strecke entlang der Isar bis zur Ludwigsbrücke ab und laufen über die Praterinsel. Die Kiesbänke um den Wehrsteg sind noch mehr bevölkert als am Mittag. Wir gehen zum Maximilianeum. Es steht majestätisch auf dem Hügel über der Isar, sieht von vorn schon nicht so einladend aus, von hinten sogar hässlich, so dass es nicht stört, dass Neubauten zur Landtagserweiterung einen Großteil der rückseitigen Altsubstanz verdecken. Über der Maximiliansaue ragt nach Norden die Figur des goldenen Friedensengels auf seiner Säule heraus, dort gehen wir nicht mehr hin, sondern nehmen die Tram 19 mitten durch die Stadt zum Hauptbahnhof. Auf dem Weg fällt uns ein, dass wir einem Stichwort von Margret nicht nachgegangen sind: die Baaderstraße, obwohl wir am Isartor mehrmals in unmittelbarer Nähe waren – vergessen! Vielleicht kommen wir noch mal nach München.
Abends entscheiden wir uns für die späteste Zug-Variante, von der die Verspätung nicht vorher einsehbar ist, da er aus dem Ausland kommt: Zugnummer RJ 66. Wir sind gespannt, was das für ein Zug ist. Marlis befürchtet das Schlimmste, aber immerhin ist die Fahrzeit wie ein ICE. Wir nutzen die zusätzliche Zeit zu einem Besuch im alten Augustiner-Keller mit Augustiner-Biergarten (das Bier gibt es seit 1328!) an der Arnulfstraße unter ganz alten Kastanien. Hier ist es mal kein Weißbier, der Augustiner Edelstoff in Form einer Mass muss sein, und ein ganz frisch gebratener Steckerlfisch kommt auch endlich dran. Wir holen unser Gepäck aus unserem wirklich empfehlenswerten kleinen Hotel Helvetia. Der Zug erweist sich als angenehmes Erlebnis: Es kommt ein Railjet, ein ganz neuer Schnellzug der ÖBB, mit hellem LED-Platzlicht. Sogar die Bundesliga-Ergebnisse werden angesagt. Der Verkauf am Platz ist sehr günstig: da nehmen wir natürlich einen Blauen Zweigelt und ein Ottakringer Helles, besonders bei der Bedienung: Eine junge Ungarin, die in der Schule Deutsch gelernt hat, mit Ausbildung in der Gastronomie, macht das als erste Stelle, äußerst bemüht und zuvorkommend, obwohl sie schon seit Mittags unterwegs ist. Gegenüber sitzt ein junger Mann. Als Marlis ihn fotografiert, kommen sie ins Gespräch: er ist ein junger russischer Flötist, der in Weimar studiert und gerade in München in einem Wettbewerb den zweiten Preis gewonnen hat. Er bekommt die Bilder auf seinen PC. So beschließen wir die München-Reise exakt um Mitternacht.

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Eine Antwort auf 8. April: München und zurück

  1. Margret Fuhrmann sagt:

    Ich habe mich riesig über den Bericht gefreut! Diese erste Zeit in München ist genau von den Bildern und Eindrücken geprägt, die Ihr gesucht und gefunden habt und die ich als Nicht-Großstädterin hatte, als ich mit 19 Jahren nach München zog.
    Und ich liebe diese Stadt immer noch! Ich habe immer ein ganz wunderbares Gefühl, wenn ich im Geist vor mir all das sehe, was Ihr jetzt auch gesehen habt. Offensichtlich hat es Euch auch gefallen – und Ihr konntet zum Glück auch die Annehmlichkeiten wie Biergarten genießen.
    Danke für die wirklich schönen Bilder und obwohl ich mich damals nie mit der Kirche St. Lukas befasst habe, war diese immer in meinen Gedanken für mein Lehel stehend. Übrigens: die Hausnummer Mannhardtstraße ist genau die richtige!! Ich bin platt. Na ja, Ihr seid ja schon richtig gute Detektive.
    Ich bin sehr gerührt und finde Eure Berichte ganz toll und die Idee sowieso!! Danke