7. April: München

München: Hirschgarten mit Biergarten(Ziel: Dr. Klaus Kufeld), Pinakotheken von außen, Englischer Garten

Wir starten nach einem sehr guten Hotelfrühstück mit einem weiteren Besuch im Outdoor-Laden und finden weitere Teile. Heute ist es richtig warm, schon die Jacke ist zu viel. Noch vor kurzem brauchten wir volle Winterkleidung, darauf waren wir eingestellt. Die Winter-Pack-Checkliste hat fast das halbe Reisejahr gepasst, jetzt sind komplett neue Zusammenstellungen nötig. Sonnenschutz ist nicht zu vergessen. Jedenfalls sind wir leicht verunsichert, einige Energie fließt in die Umstellung, wir lassen München langsam angehen. Aber: alle Jahreszeiten gehören dazu, jetzt gilt es, sich an den Sommer zu gewöhnen. Die Temperaturen werden Marlis sicher keine Probleme machen, die Sonnenkrisen sind eher mein Ding.
Heute sinds jedenfalls schon mal 25° bei vollem Sonnenschein zum Üben. Marlis entdeckt am Hauptbahnhof einen Philatelie- und Ansichtskartenladen. Während ich im Hotel auf Hochsommer umrüste, stöbert sie in dem Laden herum. Dort gibt es wändeweise Schachteln mit Ansichtskarten mindestens der letzten 100 Jahre, bestens geordnet. Und bei allen Orten, wo uns alte Karten interessieren, hat er welche! Zum Hirschgarten, wo wir jetzt hinwollen, gibts eine “Ehrenurkunde” von 1910 zum Selbstausfüllen beim Besuch. Von der Tram-Haltestelle gehts durch den Hirschgarten zum Biergarten. Im Park sind alle Altersschichten auf den Beinen, der Frühling wurde offensichtlich sehnlichst erwartet. Es gibt Kinderspielplätze, Freiluftschach und ein Wildgehege mit Hirschen, Rot- und Damwild. Der Biergarten besteht aus mehreren Bereichen um die Gaststätte: einem Bereich mit Stühlen, Tischdecken und Bedienung, drumrum dem großen typischen Biergartenbereich mit den entsprechenden Garnituren und seitlich, etwas versteckter, noch ein Areal. Alles zusammen sollen es 8000 Plätze sein, mindestens 6000 schätze ich auch. Wahrscheinlich weiß ich nicht, wie viele an eine Biertischgarnitur passen, bestimmt mehr als ich mir vorstellen kann. Der Garten ist schon am Nachmittag gut gefüllt, mindestens zu einem Drittel. Die Wirtschaft ist allerdings für ganz anderen Ansturm ausgelegt: Von fünf Schänken sind zwei offen, die keine Probleme haben, den Bedarf zu decken: werktags ab 16 Uhr und sonntags nur im Maßkrug. Und davon gibts genug: Jede Menge Holzverschläge voll damit, zur Selbstbedienung. Man schnappt sich einen und lässt ihn füllen. Wers braucht, kann sich den Krug noch an öffentlichen Freiluft-Großspülen selbst säubern. Getränke muss man hier kaufen, Futter kann man selbst mitbringen, das Angebot vor Ort ist jedoch groß und günstig: Radi, Obatzdn, Brezn (über 30 cm groß), dazu Haxn, halbe Hühner, Wurstsalat, Steckerlfische, Käse usw. Die Saison ist noch jung: An der Erweiterung des Holzbudenparks wird noch emsig gewerkelt. Personal mit Elektrokarren fährt herum und sammelt leere Gläser und Geschirr ein, direkt in die Maßkrug-Spülmaschine im Freien mit Schlauchanschluss. In der warmen Sonne herrscht eine angenehm gelassene, manchenorts auch ausgelassene Stimmung, besonders bei den Stammgästen, gut zu erkennen am eigenen Bierkrug mit Zinndeckel oder einem Holzdeckel für den Glaskrug. Marlis nimmt Kontakt mit zwei Stammrunden auf: da bekommt sie die Trinkkultur nebst Witzen genau erklärt, und das direkt ins Mikrofon; dabei die 90-jährige Mutter und einige integrierte “Geduldete”. Dieser Riesenbetrieb – voller muss es für uns nicht sein – ist ein Erlebnis, und das noch bei Frühlingsstart unter aufgehenden Kastanien. Aber Marlis hat gehört, die Stammkunden sitzen schon ab März bis tief in den Herbst hier, manche täglich und draußen!
Durch Wohnviertel gehen wir zum Romanplatz vor dem Nymphenburger Schloss. Dort fährt die Tram durch die Villen von Gern und Neuhausen nach Schwabing und nach Umsteigen zur Theresienstraße mit den Pinakotheken. Ausstellungen wollen wir uns bei diesem Wetter nicht ansehen, die Gebäude allerdings schon. Besonders beeindruckt sind wir von der Pinakothek der Moderne und der Sammlung Brandhorst. Die Moderne ist ein riesiger zweistöckiger Betonquader mit gebäudehohen Glasflächen, der durch eine große zentrale Rotunde und eine Diagonale so strukturiert ist, dass sie vier Sammlungen aufnimmt. An den Seiten entlang der Diagonalen markieren schlanke Betonsäulen die Eingänge. Das Brandhorst-Haus grenzt daran mit einer Ecke, es ist ein völlig anderer Quader: bis auf eine Glasecke ist er komplett luftig mit senkrechten bunten Keramikstäben in zwei Farbzusammenstellungen behängt, selbst Türen sind darin integriert. Und an einer Ecke ist der Block etwas spitz vergrößert.
Der weitere Weg führt über die breite Ludwigstraße mit ihren wuchtigen Verwaltungs- und Universitätsbauten Richtung Siegestor, vor dem wir in den Englischen Garten abbiegen. Überall grünt es, die Wiesen und Wege sind am Abend gut bevölkert, man sonnt sich, trifft sich und macht Musik. Vorbei am Monopteros-Aussichtsturm erreichen wir den Chinesischen Turm mit dem drumrumliegenden Biergarten, der uns kaum kleiner als im Hirschgarten vorkommt. Hier ist es viel voller, und das Publikum ist anders: jünger, studentischer, internationaler. Einzelne freie Tische sind noch zu finden. Die Organisation ist strikter: Maßkrüge mit Pfand und Pfandmarken, Fleischproduktion fast am Fließband. Man fühlt sich wohl; das Bier war im Hirschgarten besser. Mit aufkommender Dunkelheit wird es kühler und leert sich. Wir gehen zur nahen Tram auf der Ostseite, die uns direkt zum Hotel bringt, wieder unsere “Hauslinie” 17. In der Wartezeit werfen wir einen Blick von der nahen Brücke ins dunkle stille Isartal, ein Kontrast zur erleuchteten, verkehrsreichen Stadt drumherum.

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3 Antworten auf 7. April: München

  1. Erika Siegel sagt:

    Die Reise mit ihnen durch München hat mir sehr viel Spass gemacht!
    War auch schon 2 mal in München, es war schön zu sehen, dass noch alles beim Alten ist!!!!
    Liebe Grüße

    Ihre Hausmeisterin

  2. Gabriele Heck sagt:

    Euer Bericht weckt Erinnerungen an meine vergangenen Reisen nach München.
    Sei es beruflicher Art oder privater Natur.
    Du erinnerst Dich vielleicht an die “Systems”, Joachim, als wir uns erst den ganzen Tag die Füße platt gestanden und Kunden akquiriert haben. Abends waren wir anschließend noch mit unseren damaligen jugoslawischen Geschäftspartnern unterwegs!
    Auch war ich mehrmals alleine in München (zum Vorstellungsgespräch, zum Abteilungstreffen, bei Kunden).
    Auch erinnere ich mich gerne an Oktoberfestbesuche, Sight Seeing Touren, Museen, Shopping-Touren … und an alles was eben zu München gehört.
    Euer Bericht weckt die Sehnsucht, wieder einmal hin zu fahren!

  3. Klaus Kufeld sagt:

    Tja, der Chinesische Turm ist eben der touristischste Biergarten, so richtig Münchnerisch ist dort nur der Englische Garten selbst.
    Im Hirschgarten, wo im Hochsommer bis zu 8000 Menschen zusammen kommen, ist’s uriger, die Münchner-Quote höher. Er ist einladend und “Preiß’n” kriegen einen guten Eindruck vom unveränderlichen Münchner Barometer.
    Toll, dass ihr da wart, bei einem Stück Seele von mir, für die man erst nach einer Mass Edelstoff ein Gefühl entwickeln kann…
    Gute (Weiter-)Fahrt
    Klaus