24. Februar: nach Ründeroth und Wallefeld

Fahrt nach Ründeroth im Oberbergischen Land, Wanderung nach Wallefeld
(Ziel: Richard)

Die Fahrt nach Ründeroth klappt in der Summe gut und pünktlich, aber nicht ohne Überraschungen.
Der ICE in Mannheim ist pünktlich da und auch als kurzer Zug geplant, nur: der Bahnsteig ist rappelvoll. Als wir schon im Zug sind, wird uns klar, warum: wir hören und sehen von dem langen ICE von vor einer Stunde, der soeben auf dem gegenüberliegenden Gleis einfährt. Da wir in Köln etwas Luft haben, wechseln wir noch schnell den Zug, sonst hätten wir stehen dürfen. In Köln wird es auch etwas später, die Regionalbahn kommt erst hinter vier verspäteten S-Bahnen dran. Kurz vor Zwei die Durchsage: “Nächste Station Hoffnungsthal”. Am alten Bahnhofsgebäude sind die ebenso alten Buchstaben des Namens entfernt worden, ihr schmutziger Schatten an der Wand zeugt davon, dass ein Bahnhofsgebäude nicht mehr gebraucht wird. Am Ziel sind von den Verspätungen nur noch fünf Minuten übrig, dafür haben wir Erstattungsformulare, auf denen über eine Stunde bestätigt ist.
Auf der Strecke schneit es etwas, es sieht oft auch leicht weiß aus. Im Tal der Agger Richtung Gummersbach regnet es sanft. Die Orte sind etwas eingezwängt im Tal zwischen den zwar nicht hohen, aber recht steilen Hängen des Oberbergischen Landes. Eine ganze Reihe kleiner Swimmingpools in den Gärten geraten ins Blickfeld: ein Nachbar schaut es dem anderen ab, genauso wie die Solaranlagen auf den Dächern an einem Stück und dann wieder überhaupt nicht mehr.
Durch den recht hübschen Ort Ründeroth gehen wir zu unserem Hotel am Hang mit Panoramablick. Der Tourismus ist hier schon lange vorbei, das Hotel kündet von früheren, besseren Zeiten, es ist zwar sehr gepflegt, aber in vielem doch recht altmodisch. Wir machen uns sofort auf den Weg zum Ziel unseres Ideengebers Richard, ins kleine Dörfchen Wallefeld. Im Ort haben wir schon alle Tafeln mit Ortsplänen und Wanderkarten fotografiert, im Hotel bekommen wir auch noch eine Karte. Weitere Tipps und Kontaktadressen hat Marlis bei der Vorbereitung von Uwe Kassel, einem waschechten Wallefelder, bei der Stadtverwaltung Engelskirchen erhalten. So gerüstet steigen wir den ersten Hang hoch zum Haldyturm, 1903 von Bürgern zu Ehren ihres Landrates erbaut, mit weiter, aber heute nebliger Aussicht auf den Ort und entlang des Aggertales. Hier, 100 m höher, liegt eine geschlossene, wenn auch sehr nasse Schneedecke. So sehen wir Wallefeld in leichtem Weiß, ähnlich wie auf dem alten Foto, das Richard uns mitgegeben hat. Das Haus, das damals die Pension Waldfrieden war, können wir nach den telefonischen Erkundungen am Ortseingang sogar von hinten identifizieren, auch wenn auf dem Keller mittlerweile ein neueres Gebäude steht. Wir gehen am Walbach entlang in die Ortsmitte und von dort die enge Straße zurück zum Haus. Schon beim Fotografieren werden wir vom Nebenhaus begrüßt, dort sind wir mit Heinz-Gerd Krüger, dem Sohn der damaligen Pensionsbetreiber, und seiner Frau verabredet. Richard war hier oft mit seinen Eltern als Kind in Ferien. Die Schwester von Herrn Krüger und auch er selbst haben mit ihm am Bach hinter dem Haus gespielt – sie haben Wassermühlen aus alten Kondensmilchdosen gebaut. Die Kinder gaben sich damals so kreative Kosenamen wie “Püppi” und “Serafim”. Wir schauen zusammen durch alte Fotoalben und -kisten. Auch eine Prospekt-Kopie des Biobades, sozusagen eine frühe Wellnessanlage mit einem kleinen Kurhaus mit Speisesaal, Wannen für Moorbäder im Freien und Gästehäusern im Wald taucht auf. In den 50er Jahren sind die Kölner hierher gefahren. Heute zeugt nur noch der Name “Biobadstraße” davon. Mittlerweile wird es dunkel, wir fahren mit dem nächsten Bus zurück. Auf dem Weg zur Haltestelle kommen wir an dem klassischen Freibad vorbei, gemauert, vom Dorfbach gespeist und von örtlichen Vereinen betrieben, bestimmt so kalt wie in den 60er Jahren. In Ründeroth gehen wir in den “Baumhof”, ein Traditionshaus am Ort, schon früher Gasthaus an Handelswegen, das 1908 durch den jetzigen sehr schönen “Neu”bau ersetzt wurde. Familien-Generationen haben es bis 1995 bewirtschaftet. Davon zeugt noch ein riesiger gusseiserner Herd von Küppersbusch, den es so nur noch auf Schloss Neuschwanstein geben soll, und der heute dekorativ im Eingangsbereich steht. Nach mehreren wenig erfolgreichen Betreibern hat der Baumhof seinen alten Namen wieder und wurde sehr zurückhaltend und geschmackvoll modernisiert. Die Speisekarte ist etwas gehoben, aber bezahlbar. Wir essen Gebratene Blutwurst auf Reibekuchen mit Honig, hausgemachte Wildschweinbratwürste mit Bratkartoffeln, ganz frischen Wolfsbarsch mit Spaghettini und Creme Bruleé mit Ingwer-Orange. Alles vorzüglich gekocht und präsentiert von dem jungen Inhaber und einer sehr aufmerksamen jungen Restaurantfachfrau, die gern auf dem Land lebt. Sie verrät uns die Abkürzungen der hier beliebten Speisen: Schnipo=Schnitzel mit Pommes und Katsu=Kartoffelsuppe und versorgt uns mit vielen Informationen, so einem Facsimile-Nachdruck eines Wanderführers, den der Baumhof anlässlich der Einweihung des Neubaus 1908 herausgegeben hat. “Seit Eröffnung der Aggertalbahn fahren keine Kutschen mehr, die Landstraße ist etwas verwaist. Mehr Leben könnte durch die neuen Automobile kommen.” Heute verläuft die Bundesstraße 55 durch die Orte und das enge Tal.

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