30. November: nach Rothenburg o.d.T.

nach Rothenburg: Winterstimmung mit Glühwein, professioneller Touristenbetrieb (Ziel: Stephan)

Alles weiß, es ist gestern über Tag Winter geworden, und der Schnee bleibt sogar in LU-Mitte liegen bis heute, bei minus 0,3 Grad wohl auch noch länger. Die Koffer sind leicht, wir haben alle warme Kleidung an. Der frische Schnee knistert unter den Fußsohlen. Beim Warten in Mannheim beobachten wir einen durchfahrenden Güterzug, von dessen Dächern Schnee wie Puderzucker herunterfällt, dazu scheint die Sonne.
In Mannheim starten wir wie viele andere Züge auch mit leichten Verspätungen, aber das macht uns nichts aus: wir nehmen einen anderen schon verspäteten Zug, andere Anschlüsse unterwegs warten, und am Ziel sind wir wieder pünktlich: Ideengeber Stephan schickt uns nach Rothenburg ob der Tauber. Nach Umsteigen in Frankfurt und Würzburg geht es vorbei an so unbekannten Haltestellen wie Winterhausen – passt sehr gut zum heutigem Wetter – Ochsenfurt, Marktbreit, Uffenheim bis zum Umsteigebahnhof Steinach. Bis zur Endhaltestelle Rothenburg gibt es noch zwei Bedarfshaltestellen, die extra angesagt und vom Fahrgast gedrückt werden müssen – das kennen wir doch schon aus anderen Regionen. Der ausgeliehene Reiseführer informiert uns, dass wir uns in Tauberfranken bewegen. Es gibt für die Regionen alle möglichen gröberen und feineren Einteilungen. Gleich nach Verlassen des Bahnhofsgebäudes in Rothenburg mache ich meine ersten Erfahrungen mit diesem Winter und falle nicht auf die Nase, sondern nach hinten auf der einzigen winzigen Glatteisstelle weit und breit, weil ich in Gedanken schon wieder beim nächsten Foto bin. Es geht nochmal gut, es stellen sich erstmal keine ernsthaften Beschwerden ein.
Ideengeber Stephan hat hier mit unserer Tochter Tina vor vielen Jahren – im Frühjahr 2002 – das halbjährige Kennenlernen gefeiert. Sie haben damals mit der regionalen Spezialität Schneeballen auf dem Stadtmauerrundgang den Ausblick genossen, wir genießen ihn zur Dämmerung mit Weihnachtsbeleuchtung und echtem Schnee – romantischer kann Rothenburg gar nicht mehr sein. Das scheinen auch die japanischen Touristen als Geheimtipp zu wissen, denn die Stadt ist keinesfalls touristenfrei, Gruppenführungen begegnen uns überall.
Das 175-jährige Bahnjubiläum wird im Puppen- & Spielzeug-Museum begangen mit einer großen Märklin-Eisenbahnanlage, Frau Haupt gibt uns ein Interview zur Eisenbahn-Ausstellung und zum Rothenburg-Tourismus. Wir gehen über den rund um das Rathaus angesiedelten Weihnachtsmarkt, aufgeräumt und niveauvoll, und heute nicht besonders voll. Das Gedränge finden wir im warmen Durchgang beim fränkischen weißen Glühwein, auf Wunsch mit Schuss und in der Nachfüllung billiger. Ein Ausweichen dieser vorweihnachtlichen Aktionen ist im Ortszentrum unmöglich, dazu gibt es Dauerweihnachtseinkauf bei Käthe Wohlfahrt, erleichtert durch dirndlbekleidete Verkäuferinnen. Der Konsumbetrieb ist hier perfekt, professionell, mit langer Erfahrung durchorganisiert, irgendwie selbstverständlich. Es ist zwar grundsätzlich alles etwas übertrieben, total touristisch und dennoch in sich stimmig und im Detail liebenswert. Überall gibt es die “Schneeballen”, die wir auf den ersten Blick gar nicht gesehen haben – da muss doch mal ein echter Schneeball her, Schnee ist ja da.
Was mich besonders erfreut: ungehemmtes Fotografieren ist in so einer Touristenstadt überall möglich, da zu jeder Zeit Fotoapparate, Digicams und Camcorder im Dauerbetrieb auf alles sich Bewegende, Beleuchtete oder einigermaßen historisch oder bedeutsam Aussehende gerichtet werden; so gelingen mir viele Fotos von genießenden Japanern und vielsprachigen Souvenirverkäufern.
Wir beschließen den Abend im Bioland-Restaurant “Zum Bären” bei Steak vom Hohenloher Weiderind, und Joachim ernährt sich erfrischend vegetarisch – alles vorzüglich. Der Inhaber erklärt uns seine überzeugenden Ansichten, die eine konsequente und doch undogmatische Mischung von Bio- und Slowfood-Grundsätzen mit regional-handwerklichen Ansätzen sind.

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3 Antworten auf 30. November: nach Rothenburg o.d.T.

  1. Marianne Schäfer sagt:

    Liebe Marlis, lieber Joachim
    erst heue habe ich mir einmal die Zeit genommen, und die Kommentare gelesen. Welche Freude, wenn man dann unerwartet auf Namen von alten Bekannten stößt…
    Herzliche Grüße Marianne – “Marie”

  2. Ottokar Charly Braun sagt:

    Liebe Marlis, lieber Joachim,
    irgendwie erinnert mich Eure “Bahn Zeit Reise” an den Liederzyklus von Franz Schubert “Die Winterreise”.
    Ich habe seit dem Film “Nanuk der Eskimo” nicht mehr so viel Schnee gesehen.
    Ich wünsche Euch, dass es bei der Bahnfahrerei in den Frühling wärmer wird.
    Bleibt gesund, und guten Rutsch ins neue Jahr, Ottokar Charly.

  3. Renate Klöppel sagt:

    Ja, da bleibt mir die Spucke weg (ist das berlinerisch?), und das alles bei diesen manchmal unangenehmen Kälte-und Schnee-Einbrüchen. Und auf oft sicher “zugigen” Bahnhöfen……
    Habt Ihr vorher ein Kälte-Wind-Abhärtungstraining absolviert?
    Bleibt gesund und weiterhin viel Erfolg!